Relotius-Presse ohne Relotius: Wie der Spiegel für die Aufrüstung Deutschlands trommelt

 

Relotius-Presse ohne Relotius: Wie der Spiegel für die Aufrüstung Deutschlands trommelt

Immer die Guten: die NATO-Außenminister bei ihrem Treffen in Washington am Donnerstag

Der Spiegel trommelt für höhere deutsche Rüstungsausgaben. Argumente sind dabei nicht wirklich wichtig. Die NATO ist gut, die zwei Prozent notwendig, und wer dagegen ist, liegt daneben. Auch ohne Relotius-Prosa schafft der Spiegel so den ihm eigenen Spin.

von Andreas Richter

Das sogenannte Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat in einem schmissigen Artikel vehement für höhere deutsche Rüstungsausgaben geworben. Wohlgemerkt, der Artikel „Der Wortbruch“ stand im Deutschlandteil und war nicht als Meinungsbeitrag gekennzeichnet.

Die Argumentation des Artikels verläuft in etwa so: Die #NATO ist in Gefahr, Gefahr droht von einem unberechenbaren US-Präsidenten, vor allem aber von den wortbrüchigen Deutschen, die einfach nicht die versprochenen zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für Rüstung ausgeben wollen. Und schuld ist am Ende die #SPD.

Die Autoren skizzieren dabei eine übersichtliche Welt. Punkt eins, die NATO ist gut:

Sieben Jahrzehnte lang hat das westliche Bündnis in Europa für Frieden und Sicherheit gesorgt, 1990 ging es als Sieger aus der Systemkonfrontation des Kalten Krieges hervor. Mit ihrer Ausdehnung nach Osten hat die NATO dazu beigetragen, die jungen Demokratien in Osteuropa zu stabilisieren, gemeinsam haben die Verbündeten auf dem Balkan und am Hindukusch gekämpft …

Jede einzelne dieser Aussagen lässt sich hinterfragen, aber darum soll es hier nicht gehen. Punkt zwei, schuld sind die Deutschen, die mit ihrem „Geiz“ die USA zum Austritt aus der NATO bewegen und damit das Ende der Organisation herbeiführen könnten:

In Europas Mitte sind es die Deutschen, die leichtfertig die Zukunft der Allianz aufs Spiel setzen, die 70 Jahre lang ihre Freiheit und Sicherheit garantiert hat. Auf drei Gipfeln in Folge hat die Bundesregierung seit 2014 den Verbündeten zugesagt, die Verteidigungsausgaben in Richtung der versprochenen zwei Prozent zu erhöhen. Erst Anfang Februar meldete Berlin nach Brüssel, dass Deutschland bis 2024 zumindest 1,5 Prozent ausgeben werde. Es war immerhin das Signal, dass es in die richtige Richtung gehen könnte. Doch dann verabschiedete das Kabinett in der vergangenen Woche die Eckwerte zum Bundeshaushalt von Finanzminister Olaf Scholz, die dieses Ziel wieder infrage stellen.

Punkt drei, die zwei Prozent sind notwendig, notwendig und notwendig. Warum, wenn die NATO schon heute für den Löwenanteil der Rüstungsausgaben in der Welt verantwortlich ist? Diese Frage stellt sich nicht. Dennoch wird sie implizit beantwortet: Wegen Russland.

Wer verstehen will, wie die Esten auf das Bündnis blicken, sollte die Geschichte des Gebäudes kennen. Im Krieg regierte hier der Statthalter der Nazis, danach das Präsidium des Obersten Sowjets. Mit Besatzern haben die 1,3 Millionen Esten üble Erfahrungen gemacht, erst 1991 wurde die kleine baltische Sowjetrepublik unabhängig, 1994 zogen die letzten russischen Truppen ab. Zehn Jahre später trat Estland der EU und der NATO bei, seitdem ist es Frontstaat. In Narva, wo am gleichnamigen Fluss die Grenze zu Russland verläuft, haben mehr als 80 Prozent der Bevölkerung russische Wurzeln. Die meisten von ihnen sehen russisches Fernsehen und nutzen russische Onlineportale. (…) Für die deutsche Zwei-Prozent-Debatte gibt es in Tallinn kein Verständnis. „Ernsthaft?“, fragt die Präsidentin, als sie auf den Haushaltsbeschluss der Bundesregierung angesprochen wird. „Das scheint mir unfair, um ehrlich zu sein.“

Hier wird also mit einem blumigen Exkurs in die Geschichte eine Bedrohung der baltischen NATO-Mitglieder durch #Russland herbeigeschrieben. Nicht erörtert wird, was Russland von einem Angriff auf diese Staaten haben sollte, keine Erwähnung findet, dass die russischen Rüstungsausgaben nur ein Bruchteil derer der NATO-Staaten betragen.

Punkt vier, es gibt einen Verantwortlichen für den deutschen Irrweg und den „Wortbruch“: Es ist die SPD, genauer gesagt der Abgeordnete Rolf Mützenich. Der Mann wird im Artikel mit einigen vernünftigen Aussagen zitiert:

Eine kritische Sichtweise auf Rüstungsexporte und Verteidigungsausgaben war immer ein Thema der SPD.

Das Zwei-Prozent-Ziel ist keine aussagekräftige Maßeinheit.

Wir erwarten von der NATO, dass sie sich nicht nur als militärische Vereinigung versteht.

Und: Die NATO werde ihre Berechtigung nicht behalten, wenn sie „sich allein auf Abschreckung gegen Russland konzentriert“.

Wie ordnet der Artikel diese Argumente ein? Richtig, getreu dem Motto „Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht?“ greift er den an, der sie äußert:

Rolf wer?

Früher wäre ein Mann wie Mützenich ein aufrechter, aber nicht besonders einflussreicher Hinterbänkler gewesen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute kann Mützenich mit seinen Ansichten die ganze Partei- und Fraktionsführung vor sich hertreiben und den sozialdemokratischen Außenminister gleich mit. Das hängt mit der Führungsschwäche der SPD zusammen. Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles hat Mühe, ihren eigenen Laden unter Kontrolle zu halten, Maas ist zu schwach, die Richtlinien der Außenpolitik zu bestimmen, und Vizekanzler Scholz versucht, seine prekäre Stellung in der SPD aufzuwerten, indem er sich bei den Linken anbiedert. Das ist in der Kurzfassung die Analyse des Koalitionspartners, der Union. So falsch ist sie nicht.

Solange Mützenich in der Koalition den Ton angibt, werden es die Deutschen schwer haben bei ihren Verbündeten.

So läuft es beim Spiegel, auch ohne Claas Relotius. Bevor die erste Zeile geschrieben ist, steht fest, wohin der Hase läuft. Entsprechend werden die Teile des Artikels angeordnet und die unterschiedlichen Stimmen gewichtet. In diesem Fall geht es zu keiner Zeit um eine objektive und faktenorientierte Darstellung der Debatte um die Höhe der Rüstungsausgaben, sondern um Meinungsmache für Aufrüstung.

Dafür werden dann Fakten und Behauptungen selektiv angeführt und verrührt und abweichende Meinungen ganz nach eigenem Gusto diskreditiert. Das angebliche Nachrichtenmagazin braucht keinen Relotius und keine fiktiven Geschichten, um das eigene Motto „Sagen, was ist“ ad absurdum zu führen. Aus dem früheren (angeblichen) „Sturmgeschütz der Demokratie“ wird auch so ein Sprachrohr der transatlantischen Aufrüstung.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Quelle: Russia Today (RT) vom 05.04.2019 


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Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Wer liest eigentlich noch dieses verlogene Revolverblatt ?

chatrolet
4 Jahre zuvor

Schoene Webseite, ich komme mal wieder vorbei.