Nur die Lebenden haben eine politische Vertretung

 

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Mehr als 10 Millionen, wahrscheinlich bis zu 12 Millionen Deutsche waren von der Vertreibung nach dem verlorenen letzten Weltkrieg betroffen. Das hätte sie sowohl im Westen als auch im Osten (BRD und DDR) zur größten Interessengemeinde gemacht, wenn man die Heimatvertriebenen als eigene Interessengruppe wahrnehmen und zusammenfassen will, was hier nur zum Zwecke der Veranschaulichung geschehen soll. Um den Titel «Nur die Lebenden haben eine politische Vertretung» zu verstehen, muss ich etwas ausholen.

Im Juli 1989 sprach Theo Waigel, Unionspolitiker (Videolink), vor den versammelten Überlebenden und Nachkommen der Schlesier auf dem sogenannten Schlesiertreffen über das deutsche Volk und die verlorenen Ostgebiete, wo er deutlich machte, dass seiner Ansicht nach das deutsche Reich nicht untergegangen sei. Damit implizierte er einen zumindest theoretischen Rechtsanspruch auf die nach dem Krieg verlorenen Gebiete. Nun bin ich kein Freund einer revisionistischen Politik, sondern möchte nur anhand dieser Aussagen von Waigel erklären, wie Politik manchmal leider funktioniert. Für mich ist die ganze Geschichte um das verlorene Reich unerheblich und ich will hier auch keine Diskussionen darüber mit irgendwelchen Leuten führen müssen. Es geht mir um schlicht etwas ganz anderes.

 

Blickt man in die Gesichter der versammelten Schlesier, die Waigel zuhören, sieht man damals schon, also vor gut und gerne 30 Jahren, fast nur noch Menschen älteren Jahrgangs. Denn mit wenigen Ausnahmen sind das die einzigen Menschen, die noch eine persönliche Beziehung zu ihrer alten Heimat in Schlesien, Pommern, Ostpreußen usw. haben. Die jüngeren Jahrgänge mögen zwar vertreten sein, sind aber nur eine Minderheit. Denn die allermeisten Heimatvertriebenen, die als Kinder dann nach Westen fliehen mussten, haben, sofern sie nicht schon zu alt waren, sich an ihre bundesrepublikanische oder deutschdemokratische Heimat gewöhnt. Schlesien und so weiter kennen sie nur aus Geschichten der Eltern und Großeltern. Es ist für sie nicht zwingend eine Herzensangelegenheit. Irgendwelche Leser, die jetzt für Schlesien brennen und jung sind, sollen sich jetzt hier nicht angesprochen fühlen und laut aufschreien. Ich habe schon verstanden, dass es hier und da einige wenige Leute gibt, die den Erinnerung ihrer Ahnen treu geblieben sind.

Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass schon Ende der 80er die meisten Anwesenden auf dieser Interessenverbindung der Heimatvertriebenen ziemlich alt waren und wohl bald danach gestorben sind. Ich sehe das an meiner eigenen Großmutter, die noch in Schlesien und Danzig ihre Kindheit verbracht hat, jetzt aber wahrscheinlich in den nächsten Jahren im sehr hohen Alter sterben wird. Und selbst sie hat die alte Heimat nur noch kurz erlebt, blieb ihr aber Zeit ihres Lebens sehr verbunden. Dennoch zeigt sich an ihr als Person ja schon die Tragik, die ich hier erklären will.

Keiner schert sich in der Politik und vor allem in der Demokratie um die Toten, weil diese kein politisches Gewicht bzw. keine Stimmen haben, die man fangen muss. Theo Waigel mag nicht einmal aus Überzeugung auf dem Schlesiertreffen jene umstrittene Worte über die Grenze oder andere Relikte der Vergangenheit geäußert haben. Er tat es es, so zumindest meine Theorie, nur aus Kalkül heraus. Denn sowohl SPD als auch CDU haben in den Jahrzehnten nach 1945 eine sehr große Gruppe der Wähler nicht ignorieren können – nämlich die Heimatvertriebenen, die eine Anerkennung der heutigen Grenzen von BRD und DDR nicht gerne hinnehmen wollten. Waigel äußerte sich also wie es diese Wählergruppe von ihm wünschte, weil er ihre Stimmen für die Union sichern wollte. Wirklich geglaubt hat er das wahrscheinlich selber nicht, wenn man ihn heute so reden hört.

Aber warum erzähl ich das alles? Vielleicht weil dem einem oder anderem Leser ebenfalls aufgefallen sein sollte, dass die Heimatvertriebenen und ihre Organisationen im Grunde seit gut zehn Jahren keine politische Rolle mehr spielen. Eigentlich sind sie seit der Jahrtausendwende nur noch Relikte einer vergangenen Ära. Denn ihre politische Macht hat durch simple Demographie nachgelassen. Die meisten Nachfahren der Heimatvertriebenen fühlen sich als Bürger der Bundesrepublik und haben wenig bis gar keine Verbindung zum Sudetenland oder zu Schlesien. Sie werden nicht von Sehnsüchten nach der alten Heimat, sondern höchstens von Fernweh geplagt. Ihre Sorgen sind andere und die Politik, ewig dem Zeitgeist verschrieben und auf die Gunst der Wähler angewiesen, muss sich den Problemen und Sorgen der jetzt Lebenden zuwenden. Die meisten Heimatvertriebenen, denen ihre alte Heimat noch ein Anliegen war, das sie in die Politik tragen konnten, sind um die Jahrtausendwende langsam und endgültig weggestorben. Wer 1945 etwa 20 oder 30 Jahre alt war, der wird es nur mit Glück bis ins Jahr 2000 geschafft haben. Sie spielen für die Union, SPD und auch für alle anderen Parteien (abgesehen von den Hobby-Fahnenschwenkern und Freizeitorks bei der NPD) keinerlei Rolle mehr.  Das mag für den einen oder anderen jetzt schwer verkraftbar sein, wenn er sich an seine Preußenfahne im Vorgarten klammert. Aber es ist nunmal die Realität.

Der einzige Grund, warum die Politik Abstand von den Heimatvertriebenen und ihren Anliegen genommen hat, ist ihr Bedeutungsverlust innerhalb der politischen Meinungsmasse. Gäbe es heute noch 10 Millionen Schlesier, Pommern und Ostpreußen, die mit gleicher Energie und Entschlossenheit eine Revision der Grenzen nach 1945 anstreben würden, dann können Sie sich sicher sein, dass sowohl linke als auch rechte Politiker diese Wählergruppe bespielen und ihre Interessen vertreten würden, ganz gleich wie absurd sie sein mögen.

Und in diesem Zusammenhang erinnern Sie sich vielleicht noch an meinen älteren Beitrag mit dem Titel «Die Deutschen sterben wie die Fliegen», der sich mit der demographischen Transformation Deutschlands in eine multiethnische und multikulturelle Nation befasst und aufschlüsselt, dass sich die deutschstämmige Mehrheitsbevölkerung gerade auf dem rasant absteigenden Ast befindet. Sie wird spätestens ab der Jahrhunderthälfte, wahrscheinlich viel früher, eine von vielen Minderheiten im eigenen Land sein. Damit ist dann auch die Brücke zum Schicksal der Heimatvertriebenen und ihrer politischen Vertretung in der Gesellschaft geschlagen. Die Deutschen, die heute leben, haben nur noch ein kleines Zeitfenster, wenn sie die Masseneinwanderung stoppen, verzögern oder umkehren wollen. Auch kulturelle Veränderungen, beispielsweise die durch Zuwanderung und innenpolitische bzw. demographische Faktoren beschleunigte Islamisierung, können nur noch innerhalb einiges wenige Jahre dauernden Zeitfensters bekämpft werden. Denn ab dem Zeitpunkt, wo mit der politischen Masse der Deutschen kein Gewinn mehr im politischen Kampf gemacht werden kann, wird man sie völlig fallen lassen. Im schlimmsten Szenario spielt es dann 2085 in einem bunten und multikulturellen Deutschland keine Rolle mehr was eine kleine Minderheit von 10 oder 15 Millionen Menschen will, die sich sowieso auf die ländlichen Regionen zurückgezogen hat, falls sie sich überhaupt dazu durchringen kann mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen.

Die Babylonisierung Deutschlands ist für die Deutschen kein Glück, sondern ein Spiel auf Zeit, wenn sie ihre Interessen als eigenständiges Volk überhaupt noch wahrnehmen möchten. Noch ist Spielraum da, um diese Entwicklung zu steuern und in bessere Bahnen zu lenken oder sogar die Richtung komplett zu ändern. Nur wird die Zeit eben knapp.

Demographie ist Schicksal.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf younggerman.com

Quelle: journalistenwatch.com vom 21.04.2019 


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