Flüchtlingsgipfel mit Türkei: EU-Granden sehen „Tage irregulärer Einwanderung“ gezählt

7. März 2016, 22:26

Der türkische Premier Ahmet Davutoglu (links) mit dem türkischen EU-Minister Volkan Bozkir und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Wie die EU gemeinsam mit der Türkei in der Flüchtlingskrise vorgehen will, darüber konnten sich die 28 EU Staats- und Regierungschefs erneut nicht einigen.
foto: apa/afp/pool/virginia mayo

Der türkische Premier Ahmet Davutoglu (links) mit dem türkischen EU-Minister Volkan Bozkir und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Wie die EU gemeinsam mit der Türkei in der Flüchtlingskrise vorgehen will, darüber konnten sich die 28 EU Staats- und Regierungschefs erneut nicht einigen.

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Türkei soll Flüchtlinge aus Griechenland zurücknehmen – gegen weitreichende Zugeständnisse. Die Balkanroute wird aber nicht offiziell geschlossen Brüssel – Mit dem Vorstoß der Türkei, gegen weitreichende Zugeständnisse alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen, will die EU die Migrationskrise überwinden. Wenn der Vorschlag wie am Montag vereinbart auf dem nächsten Gipfel in zehn Tagen beschlossen und dann umgesetzt werde, sei das „der Durchbruch“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zum Abschluss des EU-Türkei-Gipfels. „Die Tage irregulärer Einwanderung sind vorüber“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Nacht auf Dienstag nach Ende des Gipfels. In den Schlussfolgerungen wird der Vorschlag „herzlich begrüßt“; alle 28 EU-Staaten erklärten, dass sie die Eckpunkte mittragen. Tusk soll bis zum nächsten Gipfel die Feinheiten ausarbeiten.

„Ende des Durchwinkens“

Der EU-Gipfel hat nach Worten von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ein Ende des Durchwinkens auf der Balkanroute bekräftigt. Faymann sagte, der Gipfel habe zur Türkei „einiges vom Grundsatz her angenommen“. Der genaue Inhalt sei noch auszuverhandeln und soll beim nächsten Gipfel vorgelegt werden. Die einfachste Zeit sei jene des „Durchwinkens“ von Flüchtlingen gewesen. Aber „wir sind nicht dazu da, es jemanden leicht zu machen, sondern um Ordnung zu schaffen.“ Ohne den „klaren Aufschrei und den Weckruf Österreichs wäre es nicht zu dieser Dichte an Besprechungen gekommen, und auch nicht zu der klaren Entscheidung, dass das Ende des Durchwinkens ein Ende der (Balkan-)Route bedeutet“. Balkanroute nicht „geschlossen“

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In der Abschlusserklärung wurde die Formulierung gestrichen, dass die Westbalkanroute für Migranten geschlossen sei. EU-Diplomaten zufolge hatten sich Merkel und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gegen diesen Satz ausgesprochen.

Stattdessen wird nur festgestellt, dass der Migrationsstrom über die Westbalkanroute zum Erliegen gekommen ist. Mit seinem Vorstoß hatte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu den Gipfel völlig überrumpelt. Am Sonntagabend sei er „mit einem Zettel“ zu einem Treffen Merkels mit dem niederländischen Regierungschef und amtierenden Ratsvorsitzenden Mark Rutte in Brüssel gekommen, schilderte die deutsche Kanzlerin.

Darauf habe er seinen „qualitativ neuen“ Vorschlag zusammengefasst, weil er nicht mehr daran geglaubt habe, die illegale Migration mit den bisherigen Maßnahmen stoppen zu können. Das späte Eintreffen des Vorschlags habe die Dinge erschwert, sagte die Kanzlerin, aber „lieber jetzt als gar nicht“.

Türkei nimmt Flüchtlinge zurück

Der Plan sieht vor, dass die Türkei ab einem bestimmten Zeitpunkt alle neuen Flüchtlinge aus Griechenland zurücknimmt. Die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge darunter will sie dann weiter in ihre Herkunftsländer abschieben. Für jeden Syrer, den Ankara aus Griechenland zurücknimmt, soll die EU einen der 2,7 Millionen Syrer aufnehmen, die schon in der Türkei leben. Wenn sich die gefährliche Reise durch die Ägäis nicht mehr lohne, weil es nach der Ankunft in Griechenland gleich zurück in die Türkei gehe, könne dies mit den anderen getroffenen Maßnahmen „die Illegalität verschwinden lassen“, sagte Merkel. Es werde für Syrer „keine Anreize mehr geben, Schmuggler zu bezahlen“, sagte EU-Kommissionschef Juncker.

Für die Flüchtlingsrücknahme stellte Ankara weitreichende Forderungen: drei Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung für syrische Flüchtlinge für 2018; die frühestens für den Herbst vorgesehene Visa-Freiheit für türkische Bürger soll spätestens ab Juni kommen; und in den Beitrittsverhandlungen sollen umgehend fünf neue Kapitel eröffnet werden.

In der Abschlusserklärung des EU-Gipfels heißt es, die schon zugesagten drei Milliarden Euro für die Türkei zur besseren Versorgung von Flüchtlingen sollten zügig ausgezahlt werden. Zudem werden weitere Finanzmittel in Aussicht gestellt, eine konkrete Summe wird aber nicht genannt. (APA, 8.3.2016)

Quelle: Der Standard (Österreich) vom 08.03.2016

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Ulrike
Ulrike
8 Jahre zuvor

Die Türkei wird das Geld der doofen nehmen, aber besser wird dadurch nichts werden.
Das Geld braucht man für andere Sachen. So wirds kommen.