Europa: Wegen Erdgaserkundungen vor Zypern: EU erwägt offenbar Sanktionen gegen die Türkei

Wegen Erdgaserkundungen vor Zypern: EU erwägt offenbar Sanktionen gegen die Türkei

Das türkische Bohrschiff Yavuz soll Probebohrungen nach Erdgas im Golf der zyprischen Hafenstadt Famagusta durchführen – ohne Genehmigung der Regierung in Nikosia.

Die Spannungen wegen der Suche nach Erdgasvorkommen rund um die Mittelmeerinsel Zypern steigen weiter. Mit einem dritten Schiff will die Türkei diese Woche ihre Suche nach Erdgas fortsetzen – und verärgert damit die EU. Brüssel soll Sanktionen vorbereiten.

Die EU bereitet wegen der türkischen Erdgas-Erkundungen vor Zypern Strafmaßnahmen vor. Die Botschafter der Mitgliedstaaten einigten sich am Mittwoch darauf, konkrete Planungen zu beginnen. So erwägt die EU etwa das Aussetzen der Verhandlungen über ein neues Luftverkehrsabkommen. Wie aus einem Entwurf für Botschafter-Beratungen hervorgeht, könnten zudem EU-Hilfen gekürzt und die Kreditvergabe durch die Europäische Investitionsbank eingeschränkt werden. Die Strafmaßnahmen gegen die Türkei sollen nach dem Willen Zyperns bereits am kommenden Montag bei einem EU-Außenministertreffen beschlossen werden.

Trotz der besten Absichten der EU, gute Beziehungen zur Türkei aufrechtzuerhalten, setze das Land die Eskalationen fort, kommentierte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Das werde unausweichlich zu einer Reaktion der EU führen.

Zypern hält die türkischen Aktivitäten für „illegal“

Die Türkei will in dieser Woche ihre Erdgassuche vor Zypern noch ausweiten. Am Montag war ein weiteres türkisches Bohrschiff, die Yavuz, vor der Ostküste der Insel angekommen. Es soll Probebohrungen im Golf der Hafenstadt Famagusta beginnen. Westlich der Insel macht das Bohrschiff Fatih schon seit Wochen Sondierungen. Das Forschungsschiff Barbaros Hayreddin ist für seismische Untersuchungen südlich der Insel unterwegs.

Die EU hat die Türkei schon mehrfach aufgefordert, sich zurückzuhalten. Zypern hält die türkischen Aktivitäten für „illegal“. Die Türkei steht aber auf dem Standpunkt, dass die Gewässer, in denen sie aktiv ist, zu ihrem sogenannten Festlandsockel gehören. Sie will außerdem die „Rechte der türkischen Zyprer schützen“, die von der griechisch-zyprischen Regierung in die Entscheidungen zur Ausbeute der Erdgasvorkommen in der Region nicht einbezogen würden.

Türkei: Die EU sollte nach Prinzipien handeln

Die Republik Zypern ist EU-Mitglied, der Norden von Zypern ist aber von türkischen Truppen besetzt. In den vergangenen Jahren hatten Erdgaskonzerne im Auftrag der Republik Zypern westlich der Insel reiche Erdgasvorkommen entdeckt. Die Suche geht südlich vor Zypern weiter. Ankara lehnt Aktivitäten ab, die ohne die Zustimmung der türkischen Zyprer vorgenommen werden – vor allem, solange der Konflikt um die geteilte Insel nicht gelöst ist.

Der Sprecher der Regierungspartei AKP, Ömer Çelik, sagte am Donnerstag, die Sanktionen gegen Ankara wären ein großer Fehler für die EU.

Die EU sollte nach Prinzipien handeln, anstatt die griechisch-zyprische Seite zu beziehen“, sagte Çelik vor Journalisten. „Es muss ein gemeinsamer Mechanismus geschaffen werden, bei dem die türkisch-zyprische Seite eine gleichberechtigte Partei ist, und die Gewinnteilung an einen funktionierenden Mechanismus gebunden ist. Auf diese Weise wäre die Krise überwunden.“

Kritik war in der Nacht zum Mittwoch auch aus den USA gekommen. In einer Stellungnahme aus Washington hieß es, man bitte die Türkei dringend, ihre Aktivitäten zu stoppen. „Diese provokativen Schritte erhöhen die Spannungen in der Region.“

Für die Wirtschaft und die Verbraucher sind die geplanten Strafmaßnahmen schlechte Neuigkeiten. Das mit der Türkei geplante Luftverkehrsabkommen soll nämlich eigentlich neue Flugverbindungen ermöglichen und für günstigere Tickets sorgen. Die EU-Kommission ging zuletzt davon aus, dass die Flugscheinpreise nach einer Marktöffnung um bis zu 50 Prozent sinken und bis zu 48.000 neue Arbeitsplätze entstehen.

(rt deutsch/dpa)

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Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Wenn da die Amis bohren würden würde kein Hahn aus Brüssel danach krähen.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
4 Jahre zuvor

Wir sind durch die EU voll mit dabei!
Auszug

#Zur Rechtslage Zyperns Grundlagen und Konfliktlinien von Dr. Christian Rumpf Rechtsanwalt in Stuttgart und Honorarprofessor an der Universität Bamberg I.

Vorbemerkung Zypern ist der wohl markanteste Schulfall für das Völkerrecht und das Staatsrecht1. Daran ändert auch der Beitritt Zyperns zur EU nichts. Im Gegenteil. Mit dem Beitritt (des griechischen Teils) Zyperns zur EU am 1. Mai 2004 bietet sich wieder eine neue Variante einer völker- und staatsrechtlichen Konstellation, die noch reichlich Anlass für die Befassung durch die Rechtswissenschaft und die zuständigen Gerichte – von nun an gehört der EuGH dazu – bieten wird. Dies gilt selbst dann, wenn es noch gelingen sollte, eine Verfassung für ganz Zypern in Kraft zu setzen, wie sie im Annan-Plan in seiner Fassung vom 31.3.2004 vorgesehen ist. Was den Zeitraum bis Ende April 2004 angeht, so wird er auch in Zukunft als Lehrstück für die völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Irrungen und Wirrungen gelten, die die Entwicklungen der Insel nach der Dekolonisierung im Jahre 1960 begleitet haben.#
Auszug Ende

Auszug
#“Der Yom Kippur-Krieg in Nahost vom Oktober 1973 verdeutlichte erneut die strategische Bedeutung Zyperns. Etwa zur gleichen Zeit rebellierten die Studenten des Athener Polytechnikums, Diktator Georgios Papadopoulos stürzte, und der Chef der Militärpolizei Dimitrios Ioannidis wurde neuer Diktator Griechenlands. Der Studentenaufstand hatte gezeigt, dass die Tage der Junta gezählt waren. Ioannidis brauchte also, um seine Position zu festigen, dringend einen Erfolg, und diesen glaubte er, ausgerechnet auf dem Feld der Zypernpolitik erringen zu können. Er beschloss, den Plan „Enosis per Putsch“ von 1964 durchzuführen.

Der Athener Geheimdienst erhielt von Ioannidis den Auftrag, einen Staatsstreich gegen Makarios vorzubereiten, und die noch von Grivas während der Diktatur ins Leben gerufene Terroristengruppe, die EOKA B, steigerte ihre Aktivität. Am 15. Juli 1974 begann der Staatsstreich mit einem Attentat auf Makarios, das fehlschlug. Damit war der Putsch eigentlich gescheitert, aber die Putschisten gaben nicht auf. Da sie keinen vorzeigbaren Kollaborateur fanden, ernannten sie den als „Türkenkiller“ berüchtigten Nikos Sampson zum Präsidenten. Dies musste die türkische Seite aufs Höchste „#
Auszug Ende

# Resümee
Der Zypernkonflikt entstand als ein von der Kolonialmacht Großbritannien provozierter Konflikt. Der Kalte Krieg und seine Hauptakteure, Sowjets und Amerikaner, verschärften ihn. Die irredentistischen Bestrebungen nationalistischer Politiker Athens heizten ihn an, und die expansionistischen Bestrebungen der Türkei und der griechischen Junta führten ihn zum negativen Höhepunkt. Extremistische Zyprioten in beiden Volksgruppen beteiligten sich und stürzten ihr Land in die Katastrophe. Internationale Organisationen erwiesen sich als zu schwach, um den Konflikt zu stoppen. Einseitige Schuldzuweisungen sind fehl am Platz. Die Ursachen des Desasters sind komplexer Natur. Seine Opfer waren die einfachen Leute beider Volksgruppen, die friedlich miteinander lebten.provozieren, aber die Aufregung über Sampson war bei näherer Betrachtung nur ein bequemer Vorwand – die türkische Invasion war schließlich seit 1964 von langer Hand vorbereitet worden.#