Neue EU-Kommission: Das sind die 27 Kandidatinnen und Kandidaten

Das Berlaymont-Gebäude in Brüssel. (imago images / Zuma Press / Nicolas Economou)
Das Berlaymont-Gebäude in Brüssel ist Sitz der EU-Kommission (imago images / Zuma Press / Nicolas Economou)

13 Frauen und 14 Männer sollen in der neuen EU-Kommission sitzen. Jedes Mitgliedsland darf eine Person entsenden. Wer gilt als „Schwergewicht“, wer ist umstritten? Wir stellen einige Kandidatinnen und Kandidaten vor.

Die Regierungen der Mitgliedsländer hatten in den vergangenen Wochen ihre Personalvorschläge nach Brüssel gemeldet. Großbritannien nominierte angesichts des geplanten Brexits keinen Vertreter. Benannt werden mussten dieses Mal jeweils zwei Kandidaten – ein Mann und eine Frau. Denn von der Leyen will ihre Kommission paritätisch besetzen.

Die Liste mit sämtlichen Namen hat die EU-Kommission gestern veröffentlicht. Von der Leyen hat den Personen jeweils ein Fachressort zugewiesen, das sie heute Mittag in Brüssel bekanntgeben wird. Das letzte Wort hat allerdings das Europäische Parlament. Es hört die designierten Kommissare an und stimmt dann über das Personalpaket ab. Es sei durchaus möglich, dass einzelne Kandidaten durchfallen, meint unser Korrespondent Paul Vorreiter.

Die wichtigsten Ressorts

Die Dänin und liberale Politikerin Margrethe Vestager (51) soll als „exekutive Vizepräsidentin“ eine besondere Stellung erhalten. Sie war zunächst selbst als Kommissionspräsidentin gehandelt worden. Bisher arbeitete sie als EU-Wettbewerbskommissarin und war in dem Amt allgemein anerkannt. Sie verhängte Kartellstrafen unter anderem gegen Google, Facebook und Amazon. Vestager ist studierte Ökonomin und war in Dänemark Bildungs-, Wirtschafts- und Innenministerin.

Der Niederländer Frans Timmermans (58) wollte als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl eigentlich ebenfalls Kommissionschef werden. Er ist seit 2014 Erster Vizepräsident. Diese Funktion soll er behalten. Der frühere niederländische Außenminister war bisher unter anderem für Rechtsstaatlichkeit zuständig. Mehrere osteuropäische Staaten, die Timmermans in dieser Funktion kritisiert hatte, gingen deshalb auf Distanz zu ihm. Der Diplomat beherrscht sieben Sprachen.

Aus Spanien wird der neue EU-Außenbeauftragte kommen: der Sozialist Josep Borrell (72). Die EU-Staaten haben bereits entschieden, dass er in dem Amt Nachfolger der Italienerin Federica Mogherini wird. Damit wird Borrell auch Vizepräsident. Der Ökonom ist seit Juni 2018 spanischer Außenminister. Von 2004 bis 2007 war er Präsident des Europäischen Parlaments.

Weitere bekannte Gesichter

Für Frankreich soll die Liberale Sylvie Goulard (54) in die EU-Kommission einziehen. Sie war zuletzt Vizegouverneurin der französischen Zentralbank und zuvor Europaabgeordnete. 2017 wurde sie unter Staatschef Emmanuel Macron Verteidigungsministerin. Wegen Vorwürfen der Scheinbeschäftigung gegen die Partei Mouvement démocrate trat Goulard allerdings nach nur einem Monat zurück. Gegen sie wird noch ermittelt.

Der Christdemokrat Valdis Dombrovskis (48) aus Lettland ist seit 2014 einer der Kommissionsvizepräsidenten, zuständig für den Euro. Vorher war er von 2009 bis 2013 lettischer Regierungschef.

Maros Sefcovic (53) aus der Slowakei ist seit 2009 Mitglied der EU-Kommission und seit 2010 einer ihrer Vizepräsidenten. Zuletzt war er für die Energieunion zuständig. Der Jurist mit langjähriger diplomatischer Erfahrung ist formell parteilos, steht aber den Sozialdemokraten nahe. Diese nominierten ihn 2019 für die Wahl zum slowakischen Staatspräsidenten, bei der er aber unterlag.

Der Liberale Didier Reynders (61) war bereits 2014 als EU-Kommissar für Belgien im Gespräch. Doch dann erhielt die Christdemokratin Marianne Thyssen den Vorzug. Reynders ist seit 2011 belgischer Außenminister. Zuvor war er viele Jahre Finanzminister und Vize-Premier. Nach der Parlamentswahl im Mai sondierte er im Auftrag des belgischen Königs die Möglichkeiten für eine neue Regierung.

Die Bulgarin Marija Gabriel (40) ist seit Juli 2017 als jüngstes Mitglied der EU-Kommission für das Ressort Digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig. Zuvor war die Philologin von 2009 bis 2017 Europaabgeordnete. Gabriel gehört zur in Sofia regierenden bürgerlichen Partei GERB.

Der Jurist Margaritis Schinas (57) ist Kandidat für Griechenland. Er ist seit 1990 fast durchgängig als Beamter in der EU-Kommission tätig gewesen. Nur zwischen 2007 und 2009 saß er für die konservative Partei Nea Dimokratia als Abgeordneter im Europäischen Parlament. 2014 wurde er Chefsprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der Österreicher Johannes Hahn (61) ist bereits seit zehn Jahren EU-Kommissar. Zuletzt war er zuständig für Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik mit Blick auf den Westbalkan. Der Politiker der konservativen ÖVP war vor der Brüsseler Zeit Wissenschaftsminister. Spekuliert wird, ob er künftig für den EU-Haushalt zuständig sein wird.

Aus Italien kommt der Sozialdemokrat Paolo Gentiloni (64). Er war in seiner Heimat mehrfach Minister und schließlich von 2014 bis 2016 Regierungschef.
Nach dem Start der Populistenkoalition in Rom blieb der Politikwissenschaftler bis zum erneuten Regierungswechsel Abgeordneter der Partei PD.

Die Tschechin Vera Jourova war bisher EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung. Sie setzte sich unter anderem für strengere Regeln für Technologieriesen wie Facebook und Airbnb ein. Spekuliert wird, dass Jourova künftig mit den Rechtstaatsthemen betraut werden könnte. Sie ist in ihrer Heimat Mitbegründerin der populistischen Partei ANO von Ministerpräsidenten Andrej Babis gewesen, die zur liberalen Fraktion im EU-Parlament gehört.

Der Christdemokrat Phil Hogan (59) aus Irland ist seit 2014 EU-Agrarkommissar. Der Ökonom war zuvor Parlamentsabgeordneter und später unter anderem Umweltminister.

Umstrittene Kandidaten

Der Pole Janusz Wojciechowski von der rechtskonservativen Regierungspartei PiS könnte möglicherweise ein „Wackelkandidat“ sein. Gegen ihn ermittelt die europäische Anti-Betrugs-Behörde Olaf wegen womöglich falscher Reiseabrechnungen. Er war ursprünglich Richter und leitete lange den polnischen Rechnungshof, bevor er 2004 EU-Abgeordneter wurde.

Als umstritten im Europaparlament gilt auch Laszlo Trocsanyi aus Ungarn von der rechtspopulistischen Fidesz-Partei. Er trug die inzwischen gestoppten Justizreformen der ungarischen Regierung von Viktor Orban mit. Bis Juni war Trocsanyi Justizminister in Ungarn, seitdem ist er Europaabgeordneter. Zuvor war der Jura-Professor zeitweise Botschafter in Brüssel und Paris und Verfassungsrichter.

Die von Rumänien nominierte Rovana Plumb sieht sich dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs ausgesetzt. Sie ist Vizepräsidentin der in Rumänien regierenden Sozialdemokratischen Partei. Von 2009 bis 2012 war sie Europaabgeordnete und danach bis April 2019 in ihrer Heimat Ministerin in verschiedenen Ressorts. Im September 2017 erhob die Staatsanwaltschaft gegen sie den Vorwurf des Amtsmissbrauchs. Die Ermittlungen laufen.

Kommissionspräsidentin von der Leyen

Die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen (60) wurde Mitte Juli vom Europaparlament mit knapper Mehrheit zur Nachfolgerin des scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker gewählt worden. Sie war von den EU-Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen worden. Viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments waren verärgert, weil sich wieder keiner ihrer Spitzenkandidaten durchgesetzt hatte.

In Deutschland war von der Leyen zuletzt Verteidigungsministerium und davor für die Ressorts Familie und Soziales zuständig. Weil die Präsidentin aus Deutschland kommt, erhält die Bundesrepublik keinen weiteren Kommissarsposten.

Der frühere CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok sagte im Deutschlandfunk, ein Großteil der Kandidaten wecke die Hoffnung, dass es eine gute Kommission werde.

Quelle: Deutschlandfunk vom 10.09.2019 


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gerhard
gerhard
4 Jahre zuvor

die Liberale Sylvie Goulard …gegen sie wird noch ermittelt…wieso kommt sie dann auf die Liste der Kommissare ???

Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Was für eine gruselige Aufstellung der Kandidaten. v.d.Leyen ist mal wieder in die Hände geschissen. Oder ist das volle Absicht solche Nullen zu nehmen damit der Untergang der europäischen Völker noch schneller geht ?