Hochspannung vor Strache-Erklärung

HC Strache (FPÖ)
Reuters/Bernadett Szabo
Vor FPÖ-Tagung

 

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dürfte vor dem endgültigen Bruch mit seiner Partei stehen. Nachdem die innerparteilichen Rufe nach seinem Parteiausschluss immer lauter geworden waren, kündigte Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner am Montagabend zumindest die Suspendierung durch den FPÖ-Vorstand am Dienstag an. Strache selbst wird zuvor am Vormittag eine „persönliche Erklärung“ abgeben.

Eingeladen dazu hat sein Anwalt. Was verkündet werden soll, wurde nicht gesagt. Zu vermuten ist aber, dass Strache den blauen Parteigremien zuvorkommen will. „Es wird am Dienstag zu einer Suspendierung von Heinz-Christian Strache kommen“, hatte Haimbuchner am Montagabend via „Oberösterreichische Nachrichten“ Strache ausrichten lassen.

 

Am Abend wiederholte Haimbuchner bei einem „Runden Tisch“ in ORF2, dass eine Suspendierung Straches wichtig sei für einen Neubeginn der FPÖ. Er habe gleich nach Auftauchen des „Ibiza-Skandals“ gesagt, dass eine Rückkehr Straches in die Bundespolitik für ihn undenkbar sei. „Was einen Ausschluss betrifft, das werden wir morgen beraten“, so Haimbuchner. Dieser wäre möglich, er wolle einer Entscheidung in den Gremien aber nicht vorgreifen.

Ruf nach Parteiausschluss immer lauter

Zuvor waren bereits am Abend der Nationalratswahl vereinzelt Rufe nach einem Ausschluss Straches aus der Partei laut geworden, sollten die aufgetauchten Spesenvorwürfe stimmen. Am Montag reihten sich dann immer mehr prominente FPÖ-Stimmen in den Chor jener ein, die den Parteiausschluss des gefallenen Ex-Chefs forderten.

Philippa und Heinz-Christian Strache
GEPA/Walter Luger
Heinz-Christian Strache und Ehefrau Philippa: Die Rufe nach Konsequenzen für den Ex-Parteichef werden in der FPÖ lauter

Strache ist innerparteilich seit dem Abend der Nationalratswahl verstärkt unter Druck geraten. Das Wahldebakel mit einem Verlust von rund zehn Prozentpunkten wird in erster Linie dem zurückgetretenen Parteichef angelastet. Die Kritik entzündete sich nicht nur an dem bereits im Mai publik gewordenen „Ibiza-Video“, das die Neuwahl erst ausgelöst hatte.

Die Spesenvorwürfe gegen Strache

Besonders übel nehmen ihm die Parteifreunde jene Spesenvorwürfe, die ausgerechnet eine Woche vor der Nationalratswahl öffentlich wurden. Am Montag vor der Wahl wurde bekannt, dass die Wiener FPÖ wegen Spekulationen über angebliche Unregelmäßigkeiten bei Straches Spesenabrechnungen eine „Sonderprüfung“ vornahm. An die Öffentlichkeit kam auch, dass Strache nicht nur über ein großzügig dotiertes Spesenkonto (der Wiener Landespartei) in Höhe von 10.000 Euro monatlich verfügte, sondern von der Wiener FPÖ auch pro Monat 2.500 Euro „Mietzuschuss“ erhielt.

Beides wurde vom Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp später bestätigt, die Verwendung des Spesenkontos sei aber „zweckmäßig“ gewesen. Der Mietzuschuss wurde damit begründet, dass Strache in seinem Haus in Klosterneuburg auch Delegationen empfangen habe.

Nicht sauber abgerechnet?

Der eigentliche Vorwurf lautete aber, dass die Spesen nicht immer sauber abgerechnet worden seien. Gestützt wurde das von einer anonymen Anzeige und Aussagen eines Ex-Leibwächters Straches, der zwischenzeitlich sogar festgenommen worden war. Der Mann soll dabei vor den ermittelnden Behörden „ausgepackt“ haben. Neben dem Leibwächter wurde auch die frühere Büroleiterin Straches einvernommen.

Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Leibwächter, die ehemalige Büroleiterin, aber auch Strache des Vergehens der Untreue. Es bestehe der Verdacht, der Leibwächter und die Büroleiterin „hätten seit mehreren Jahren Privatausgaben von Heinz-Christian Strache im Wege von Scheinbelegen der Freiheitlichen Partei verrechnet“, erklärte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag vergangener Woche. Den Verdächtigen droht damit eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Strache wurde im Gegensatz zu den beiden anderen jedoch noch nicht einvernommen. Der Ex-Parteichef selbst sprach von „Verleumdungen gegen meine Person, meine Frau und Familie“, die nicht zu tolerieren seien.

Vilimsky fordert Neuaufstellung

Die Vorstandssitzung der FPÖ ist für den Nachmittag angesetzt. Generalsekretär Harald Vilimsky hatte im Vorfeld eine personelle sowie organisatorische Neuaufstellung seiner Partei gefordert. Neben der Frage des Umgangs mit Strache wird dort auch das Wahlergebnis erörtert werden. Bereits am Wahlabend hatte sich die Mehrheit der Freiheitlichen für den Gang in die Opposition ausgesprochen.

Fest im Sattel dürfte Parteichef Norbert Hofer sitzen. Dieser soll dem Vernehmen nach zusätzlich und abermals für das Amt des Dritten Nationalratspräsidenten nominiert werden, lautet ein Vorschlag aus der Parteiführung. Herbert Kickl soll geschäftsführender Klubchef bleiben. Dass er bei der Wien-Wahl antreten könnte, wie dies der „Kurier“ berichtete, hielt man in der Partei zumindest derzeit für unwahrscheinlich.

In den Ländern gärt es gegen Strache

„Es war ein unfassbar schwieriger Wahlkampf“, resümierte Hofer bei der Wahlparty der FPÖ in der Wiener Prater Alm. „Wir haben alle einen Rucksack zu tragen gehabt, und jeden Tag ist ein weiterer Stein in den Rucksack hineingelegt worden.“

„Hätte Strache nach Ibiza das Gleiche getan wie Gudenus, wäre uns das erspart geblieben“, sagte der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl. Gudenus war direkt nach dem „Ibiza-Skandal“ aus der Partei ausgetreten und hatte sich im Wahlkampf nicht zu Wort gemeldet. Der steirische Parteichef Mario Kunasek sprach sich als Erster offen für den Parteiausschluss Straches aus, sollten sich die Vorwürfe in der Spesenaffäre erhärten. „Wenn das stimmt, sehe ich keine andere Möglichkeit. So leid es mir tut.“

Der Spitzenkandidat der steirischen FPÖ, Hannes Amesbauer, erwartete, dass Strache nach dem Wahldebakel selbst Konsequenzen zieht: „Man muss schon fairerweise sagen, auch für H. C. Strache gilt die Unschuldsvermutung, und die Sachen gehören natürlich geprüft. Aber wenn sie mich nach meiner persönlichen Meinung fragen, wäre es das Beste, wenn H. C. Strache in sich geht und von sich aus die Mitgliedschaft bei der Freiheitlichen Partei zurücklegt, also austritt“ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Noch deutlichere Worte wählte Montagnachmittag Vorarlbergs FPÖ-Chef Christof Bitschi. Durch das inakzeptable Verhalten von Strache sei der FPÖ und dem Land großer Schaden zugefügt worden, erklärte Bitschi gegenüber dem ORF-Landesstudio Vorarlberg – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Rumoren auf Straches Facebook-Seite

Auch auf Straches privater Facebook-Seite rumorte es zuletzt auch lauter. Zahlreiche Wählerinnen und Wähler der FPÖ machten ihrem Unmut über den Wahlausgang Luft – und äußerten scharfe Kritik an Strache. „Gratuliere Sie und Gudenus haben die Partei fast zerstört und es ist wie immer die Gier nach Macht und noch mehr Macht und Geld“, postete eine offensichtlich enttäuschte Wählerin der Freiheitlichen. „Sei endlich mal ruhig für längere Zeit“, schrieb ein anderer Poster dem ehemaligen Parteiobmann. Ein weiterer riet Strache, zu „schauen, dass er sein Leben in den Griff bekommt“.

Facebook-Kommentare auf der Facebook-Seite von HC Strache
Screenshot facebook.com

Strache teilte am Wahlabend eine Videobotschaft des steirischen FPÖ-Chefs Kunasek. Dazu schrieb er: „Richtige Worte… Ein trauriger Tag… Aber es geht weiter… Danke für Eure Unterstützung und FPÖ-Stimme!“ An der Diskussion unter dem Posting beteiligte sich der Ex-Parteichef selbst. Dabei sprach er neuerlich von einem „kriminell jahrelang aufgebauten Angriff gegen meine Person und die FPÖ“.

Strache sieht „Anbiederung an ÖVP“ kritisch

Zudem übte er Kritik an seinem Nachfolger Hofer. Auf die Anmerkung eines Posters, „Sie haben die FPÖ groß gemacht und gleichzeitig zerstört und ein Norbert Hofer soll jetzt in kürzester Zeit alles wieder gut machen“, antwortete Strache: „Ob nicht die Anbiederung an die ÖVP und die fehlende Verteidigung bei den miesen Angriffen und Verleumdungen gegen meine Person vielen Bürgern missfallen hat!“

Anders als SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat die FPÖ im Wahlkampf nicht den Anspruch auf Platz eins gestellt. Stattdessen warb man offensiv für eine Fortsetzung der am „Ibiza-Skandal“ zerbrochenen Koalition mit der ÖVP.

Politologe: „Kein Mittelweg“ für FPÖ möglich

Im Umgang mit Strache sei es für die FPÖ nun notwendig, „einen klaren Strich zu ziehen oder eine Versöhnung herbeizuführen“, sagt der Wahlforscher Jakob-Moritz Eberl von der Uni Wien gegenüber ORF.at, „ein Mittelweg ist unmöglich.“ Nachsatz: „Es schaut nach einem blauen Strich aus.“ Die FPÖ werde nicht das Risiko eingehen, Strache zu halten. Und auch auf „persönlicher Ebene“ dürfte „einiges zu Bruch gegangen sein“ zwischen Strache, Hofer und FPÖ-Klubchef Herbert Kickl.

„Die Häufung der Skandale hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, so Eberl. Besonders die wenige Tage vor der Wahl publik gewordene Spesenaffäre um Strache und seine Ehefrau hätte viele Wählerinnen und Wähler der FPÖ verunsichert, so Eberl. Eine Viertelmillion von ihnen blieb am Sonntag zu Hause. „Die FPÖ hat den Mobilisierungskampf verloren“, sagt Eberl.

Politikberater Hofer über die Zukunft der FPÖ

Politikberater Thomas Hofer über einen möglichen Parteiausschluss Straches und wie es mit der FPÖ nach dem Wahldebakel weitergehen kann.

Der Politikwissenschafter Thomas Hofer analysierte am Montagabend im „Report Spezial“, die FPÖ müsse in Sache Strache „einen klaren Schnitt“ machen. „Ob eine Suspendierung ausreicht, wage ich zu bezweifeln“, so Hofer. So schleppe die Partei den „Unruheherd“ weiter. Eine Suspendierung Straches sei zudem – angesichts der neuen Durchgriffsrechte des neuen Parteichefs – „halbherzig“, auch auf die Gefahr hin, dass Strache in Hinblick auf die Wien-Wahl im kommenden Jahr eigene Pläne verfolgen könnte, so der Politologe.

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