Neuer Gasvertrag zwischen Russland und Ukraine macht USA Strich durch die Rechnung

Neuer Gasvertrag zwischen Russland und Ukraine macht USA Strich durch die Rechnung
30. Oktober 2014: Die Krise ist abgewendet. Die Chefs von Gazprom Alexei Miller (links) und Naftogas Andrei Kobolew kurz vor der Unterzeichnung der Einigung über die Gaslieferung im bevorstehenden Winter. Die Einigung kam damals durch aktive Vermittlung der EU-Kommission zustande.

Die Rahmenvereinbarung zwischen Russland und der Ukraine konnte die drohende Gaskrise abwenden. Das Protokoll wurde am Tag des Inkrafttretens der US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 unterzeichnet. Bei Gefährdung der neuen Seeroute garantiert sie die Gasversorgung Europas.

Von Wladislaw Sankin

Seit 2014 befinden sich die beiden Energieriesen Gazprom und Naftogas im Rechtsstreit. Es geht um Milliarden. Vor allem Naftogas überhäuft den russischen Partner mit immer neuen Forderungen.

Einer der Forderungen in Höhe von 2,8 Milliarden Euro hat das Stockholmer Schiedsgericht im Jahr 2017 stattgegeben, unter „Berücksichtigung der ukrainischen Wirtschaftslage“. Begründung: Russland habe der Ukraine weniger Gas zur Durchleitung bereitgestellt als vereinbart. Die andere Forderung geht auf die Klage des ukrainischen Antimonopolkommitees zurück und beläuft sich auf derzeit 7,4 Milliarden Dollar.

Gazprom wies alle Forderungen zurück und bestand auf dem Verzicht auf jene als Vorbedingung für das Zustandekommen eines neuen Gasvertrages; der gegenwärtige läuft am 31. Dezember aus. Doch am 20. Dezember hat das russische Staatsunternehmen den Beschluss des Stockholmer Gerichts anerkannt und sich bereit erklärt, die Forderung bis zum 29. Dezember zu begleichen.

Die Vergleichsvereinbarung sieht den Verzicht auf neue Ansprüche, die Rücknahme von Schieds- und Gerichtsverfahren – für die es keine endgültigen Schiedssprüche gibt –, sowie die Zahlung nach dem endgültigen Schiedsspruch des Stockholmer Schiedsgerichts vor. Sie ist bilanziert und berücksichtigt Interessen der beiden Seiten“, sagte Gazprom-Chef Alexei Miller.

Vor allem in der Ukraine haben viele in der Anerkennung des Stockholmer Urteils eine Niederlage der Russen gesehen – als Kapitulation angesichts der exterritorialen Sanktionen gegen die am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen. Diese sind am selben Tag von der US-Regierung beschlossen wurden. Das Schweizer Unternehmen Allseas, dessen Schiffe die letzte Strecke der Pipeline in dänischen Gewässern verlegt, hat schon angekündigt, die Arbeiten am Projekt einzustellen.

„Ohne die Sanktionen hätten die Russen der Umsetzung des Urteils nie zugestimmt“, sagt ein von der Bild nicht näher genannter „Insider“ bei den Verhandlungen, die im Wesentlichen von den Deutschen begleitet wurden. Diese „mit den Verhandlungen vertraute Person“ kritisiert die deutsche Beteiligung jedoch als voreilig und hofft anscheinend, dass die Ukraine in eine noch bessere Verhandlungsposition gegenüber den Russen kommt, denn der Vertrag wurde, wie das Boulevardmedium betont, noch nicht unterschrieben.

Doch ist es wirklich so, wie es scheint? Die geplante verbindliche Vereinbarung ist eine Kompromisslösung, denn sie beseitigt außer juristischen einige weitere ungeklärte und strittige Fragen auf einen Schlag – jene des Gaspreises, der beteiligten Transitunternehmen, der Fristen und der durchgeleiteten Kapazitäten.

Die Ukraine strebte einen Zehnjahresvertrag mit einer garantierten Menge an durchgeleitetem Gas von mindestens 90 Milliarden Kubikmetern an. Wenige Wochen vor der Einigung schlug EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič 40 Milliarden vor, Gazprom-Chef Miller bezeichnete 15 Milliarden als „kommerziell“ angemessen. Nun teilt er mit:

Der ukrainische Transitoperator wird für fünf Jahre Transportkapazitäten in Höhe von 225 Milliarden Kubikmetern buchen, davon 65 Milliarden Kubikmeter für 2020 und 40 Milliarden Kubikmeter für 2021 und die Folgejahre, vorausgesetzt, dass ein wettbewerbsfähiger Tarif festgelegt wird.

Dabei basiert die Preisgestaltung auf Grundlage des deutschen virtuellen Handelspunkts NetConnect Germany (NCG). Außerdem wird Naftogas als Transitunternehmen fungieren und damit in der Übergangszeit die Risiken übernehmen.

Nun sind alle Seiten erleichtert, vor allem, weil Russland wieder als unbestritten zuverlässiger Gaslieferant fungieren kann und in Deutschland und der EU weder Haushalte noch Unternehmen auf lange Sicht Lieferengpässe befürchten müssen. Vor allem aber wichtig für den Friedensprozess im Ukraine-Konflikt: Russland und die Ukraine arbeiten wirtschaftlich wieder zusammen.

Es ist also offensichtlich eine Win-win-Situation. Russland akzeptiert angesichts eines ohnehin bereits verlorenen Gerichtsstreits die Forderungen von Naftogas und festigt gleichzeitig seine Position bis zur durch die Sanktionen erschwerten und verzögerten Fertigstellung von Nord Stream 2.

Der eigentliche Verlierer war bei den Verhandlungen nicht anwesend. Nimmt man die Argumentation der USA als Maßstab, mit der sie ihre Sanktionen gegen Nord Stream 2 begründen – nämlich, dass Europa sich damit von Russland „abhängig“ mache –, haben sie verloren. Russland bleibt auf dem europäischen Markt präsent.

Es wäre eine ideale Situation für die Amerikaner, wenn der Transit von russischem Gas durch die Ukraine ab dem 1. Januar 2020 unterbrochen würde, während Nord bzw. Turkish Stream nicht beendet werden. Und wenn in einer solchen Situation der Gastransit durch die Ukraine immer noch gestoppt würde, würde dies die Position Russlands auf dem europäischen Markt extrem schwächen. Die Lücke wäre dann schnell mit amerikanischem oder katarischem Gas gefüllt“, schreibt der Chefredakteur des angesehenen ukrainischen Internetmediums Strana.ua Andrei Guschwa.

Auch wenn es nun schwerer wird für Gazprom, die zweite Meeresleitung von Russland nach Deutschland zu Ende zu bauen, trägt Russland in diesem Streit trotz der Propaganda der US-freundlichen deutschen Medien keinen Imageschaden davon. Die US-Amerikaner hingegen schon, und gerade das Image ist in einer sich verändernden Welt wichtig. Insbesondere zu einer Zeit, zu der immer mehr Ländern darüber nachdenken, ihre Abhängigkeit von den USA zu reduzieren. Mit ihrem Druck auf die Europäer haben diese sich selbst unter Zugzwang gesetzt und konnten daher kaum anders, als im letzten Moment die seit Langem angekündigten, skandalösen exterritorialen Sanktionen in das Gesetz über das Militärbudget (!) einzufügen.

Die USA haben mit Sanktionen zu lange nur gedroht, nun mussten sie handeln, um, wie der russische Energieexperte Juri Juschkow es formuliert, „das Gesicht nicht zu verlieren“. Doch wessen Gesicht? Das des stärksten Gorillas im Dschungel? Das des korrupten „Weltpolizisten“, dessen Wirtschaftsinteressen allzu durchschaubar sind? Selbst wenn, wie Juschkow schätzt, US-Unternehmen durch die Sanktionen eine bessere Verhandlungsposition für den Absatz eigenen Flüssiggases erhalten: Der Fall hat gute Chancen, als jener Zeitpunkt in die Geschichte einzugehen, zu dem in der deutschen Politik Stimmen laut wurden, Sanktionen gegen die USA – „den Verbündeten“ – zu verhängen.

Quelle: Russia Today (RT) vom 26.12.2019 


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gerhard
gerhard
4 Jahre zuvor

Putin sollte diese Vereinbarung-so lange nicht uterschrieben-auf Herz u. Nieren prüfen.
Wie hoch sind denn die Schulden der Ukraine???

birgit
birgit
4 Jahre zuvor

Die Ukrainer sind falsch und hinterhältig. Suchen nur nach ihren Vorteilen und bescheißen Geschäftspartner sehr gerne.
Dieser Charakterzug ist in Weissrußland sehr unbeliebt !

Da sollte der Zarewitsch lieber 3 x prüfen !