Frankreich wird zum Anwalt der Unabhängigkeit der EZB

 

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Im Streit um die negativen Auswirkungen der expansiven EZB-Geldpolitik tritt Frankreich gegenüber Deutschland als Verfechter einer unabhängigen Zentralbank auf. Vor zwei Jahren wollte die französische Regierung die EZB noch entmachten, um fortan selbst den Wechselkurs des Euro festzulegen. Die EZB solle politische Vorgaben umsetzen, hieß es damals aus Paris.

Der französische Präsident Hollande mit Bundeskanzlerin Merkel beim 18. deutsch-französischen Kabinettstreffen im April 2016. (Foto: dpa)

Der französische Präsident Hollande mit Bundeskanzlerin Merkel beim 18. deutsch-französischen Kabinettstreffen im April 2016. (Foto: dpa)

Im Streit um die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat Frankreich Deutschland aufgerufen, die Unabhängigkeit der Notenbank zu achten, wie AFP berichtet. „Unsere deutschen Freunde“ müssten sich daran erinnern, dass sie selbst in der Vergangenheit auf die Unabhängigkeit der EZB gepocht hätten, sagte Finanzminister Michel Sapin am Mittwoch in Paris. „Die Deutschen dürfen nicht ihre guten Angewohnheiten verlieren.“

Hintergrund des französischen Vorstoßes ist, dass bei CDU und CSU zuletzt verstärkt Kritik an der expansiven Geldpolitik der EZB laut geworden ist. Deren Niedrigzinspolitik führt unter anderem dazu, dass es auf Erspartes kaum mehr Zinsen gibt. Die Einführung von negativen Einlagezinsen hat den Druck auf Banken und Versicherungen noch erhöht. Diese werden mittelfristig gezwungen sein, die Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Langfristig seien so niedrige Zinsen „selbstverständlich“ nicht zu halten, sagte Sapin. „Aber im heutigen Kontext ist es höchst nützlich, es ist sogar unerlässlich, um die wirtschaftliche Aktivität wieder anzukurbeln.“

Die Vorhaltungen aus Paris wirken recht unglaubwürdig, weil die französische Regierung vor zwei Jahren noch selbst massiv in die Entscheidungsfreiheit der EZB eingreifen wollte. Nicht mehr das Direktorium der EZB, sondern die EU-Regierungschefs sollten nach Ansicht des damaligen Wirtschaftsministers Arnaud Montebourg den Wechselkurs des Euro bestimmen – was einer faktischen Entmachtung der Zentralbank gleichgekommen wäre.

„Die Wechselkurspolitik fällt in die Zuständigkeit des Europäischen Rates (der EU Staats- und Regierungschefs). Die EZB ist dann für die Umsetzung eines politischen Mandats zuständig“, sagte Montebourg damals. „Wir wollen rasch ein Treffen unserer europäischen Partner, um diese Frage zu erörtern“, so Montebourg weiter. „Wir müssen den Wechselkurs des Euro senken und uns in einer neuen Geldpolitik engagieren, die nicht mehr restriktiv ausgelegt ist, sondern sich vielmehr die amerikanische Fed zum Vorbild nimmt“, hieß es damals.

Interessant ist, dass der Wechselkurs des Euro zu jener Zeit bei 1,38 Dollar lag. EZB-Präsident Draghi beklagte, dass ein Eurokurs über 1,30 US-Dollar der Wettbewerbsfähigkeit südeuropäischer Exporteure deutlich schade. Als Zielkurs setzte er damals 1,10 Dollar für den Euro an, damit die europäischen Krisen-Länder wettbewerbsfähig auf dem Weltmarkt werden – einen Wert der heute mit 1,13 Dollar ziemlich genau erreicht wurde.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 17.04.2016

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