Baum (FDP) zur Wahl Kemmerichs: „Er wusste genau, was er tut“

Björn Höcke (AfD) gratuliert dem neuen thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP). (imago images / STAR-MEDIA)
Björn Höcke (AfD) gratuliert dem neuen thüringischen Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP). (imago images / STAR-MEDIA)

Der frühere Bundesinnenminister Baum (FDP) hat im Deutschlandfunk den sofortigen Rücktritt von Thüringens neuem Minsterpräsidenten Thomas Kemmerich (ebenfalls FDP) gefordert. Dieser sei keinesfalls in eine Falle getappt, die Strategie der AfD sei klar gewesen. Der bisherige Amtsinhaber Bodo Ramelow reagiert mit einem Hitler-Zitat.

„Der Ministerpräsident muss sein Amt räumen“, sagte Baum im Deutschlandfunk (Audio-Link). „Und es müssen Neuwahlen stattfinden.“ Die FDP müsse in diesen Neuwahlen ohne Kemmerich antreten. „Der Mann hat mit dem Feuer gespielt und setzt einiges in Brand in dieser Republik.“ Ein Hauch von Weimar liege über Deutschland, so Baum. Der FDP-Politiker Kemmerich wurde mit den Stimmen von der AfD in das Amt gewählt, Amtsinhaber Bodo Ramelow von der Linke unterlag.

Baum: „Natürlich ist man verantwortlich, wenn man die Unterstützung in Kauf nimmt“

Dass CDU und FDP nun teilweise argumentierten, dass sie nicht verantwortlich für das Wahlverhalten anderer Parteien seien, ließ Baum nicht gelten. „Natürlich ist man verantwortlich, wenn man sehenden Auges die Unterstützung von Nazis und Faschisten in Kauf nimmt. Das ist eine beschönigende und verharmlosende Behauptung.“ CDU und FDP in Thüringen hätten gewusst, was auf sie zukommt. „Kemmerich ist in keine Falle gegangen. Er wusste ganz genau, was er macht.“ Baum kritisierte, dass sich Parteichef Christian Lindner nicht deutlich von dem Vorgang distanziert habe. Er erwarte von Lindner Äußerungen wie von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer oder CSU-Chef Markus Söder, die die Wahl von Kemmerich deutlich kritisierten.

FDP-Präsidiumsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach sich auf Twitter für den Rücktritt Kemmerichs aus. „Der Spuk in Thüringen muss sofort beendet werden, bevor er zum Albtraum wird“, twitterte die frühere Bundesjustizministerin. Das FDP-Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte ebenfalls im Deutschlandfunk, dass Kemmerich von seinem Amt zurücktrete.

Ramelow zitiert Hitler

Der bisherige thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow veröffentlichte im Zuge der Wahl Kemmerichs ein Zitat von Adolf Hitler. Mit Blick auf die umstrittene Wahl Kemmerichs schrieb er wörtlich: „Den größten Erfolg erzielten wir in Thüringen. Dort sind wir heute wirklich die ausschlaggebende Partei. Die Parteien in Thüringen, die bisher die Regierung bildeten, vermögen ohne unsere Mitwirkung keine Majorität aufzubringen“. Das Zitat von Hitler stammt aus dem Februar 1930.

Unter seinen Tweet stellte Ramelow zwei Fotos. Das obere zeigt einen Händedruck zwischen Hitler und dem ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Dieser hatte Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt. Auf dem zweiten Bild ist der zum Ministerpräsidenten gewählte FDP-Politiker Thomas Kemmerich beim Händedruck mit dem Fraktionsvorsitzenden der AfD, Björn Höcke, zu sehen. Höcke ist Gründer des rechtsnationalen „Flügels“, der vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus eingestuft wird.

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Druck auf Thüringens CDU steigt

Auch die Thüringer CDU gerät unter Druck. Parteichefin Kramp-Karrenbauer drohte den Parteifreunden in Erfurt mit Konsequenzen, falls sie mit dem neuen Regierungschef Thomas Kemmerich (FDP) zusammenarbeiten sollten. Eine Zusammenarbeit mit Kemmerich wäre ein Verstoß gegen die Parteilinie, die jede Kooperation mit der AfD ausschließe – „mit den entsprechenden Folgen“.

Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul forderte, dass die Wahl sofort und unwiederbringlich rückgängig gemacht werden müsse. „Das geht über einen Rücktritt von Herrn Kemmerich. Wenn er dazu nicht bereit ist, muss man Neuwahlen herbeiführen“, sagte Wadephul im Deutschlandfunk (Audio-Link). Die CDU-Abgeordneten hätten sich enthalten können. „Man kann nicht die Ausübung des Amtes von der Kreierung dieses Amtes trennen, das wäre künstlich“, sagte Wadephul. „Man hat sich abhängig gemacht, man hat gemeinsam mit Höcke politisch etwas gestaltet – und das hätte nicht geschehen dürfen.“ Es gebe in der CDU klare Beschlüsse gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD. „Jeder einzelne Abgeordnete muss sich fragen, ob er mit den Grundsätzen der CDU noch im Einklang steht. Das wird man klar machen müssen.“

Die Thüringer CDU erklärte sich am Mittwochabend trotzdem zu Gesprächen mit Kemmerich bereit. „Voraussetzung dafür ist aber, dass jede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen sein muss“, betonte CDU-Generalsekretär Raymond Walk nach einer Sitzung des Landesvorstandes. Die CDU-Bundesspitze fordert dagegen eine Neuwahl in Thüringen. „Und ich finde, es wäre richtig, wenn dieser Ministerpräsident zurücktreten würde“, sagte Kramp-Karrenbauer. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde am Mittwoch von dem Wahl-Eklat in Thüringen auf einer Reise nach Südafrika überrascht. Sie wollte die Vorgänge während des Fluges nicht kommentieren.

Belastung für Große Koalition

Die Entwicklung in Thüringen belastet auch die große Koalition in Berlin. Die SPD wertet die Wahl mit Stimmen der AfD als „Dammbruch“. Für Samstag wurde kurzfristig ein Treffen des Koalitionsausschusses angesetzt. Die Thüringer SPD forderte die Parteispitze auf, die große Koalition in Berlin aufzukündigen, „wenn keine unmissverständliche Klärung des Verhältnisses der Bundes-CDU zur AfD erfolgt und daraus Konsequenzen bei der CDU Thüringen erfolgen“.

Aus Protest gegen die Wahl gingen am Mittwochabend deutschlandweit mehrere tausend Menschen auf die Straße. In Berlin bekundeten Hunderte Demonstranten vor den Parteizentralen von FDP und CDU ihren Unmut.

AfD verhalf erstmals einem Ministerpräsidenten ins Amt

Kemmerich war am Mittwoch im Thüringer Landtag überraschend mit den Stimmen von Liberalen, CDU und AfD zum Regierungschef gewählt worden.
Der Kandidat der FDP, die im Herbst nur knapp den Sprung in den Landtag geschafft hatte, setzte sich gegen den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow von den Linken durch. Es war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsidenten ins Amt half. Das rief bei SPD, Grünen, Linken, aber auch bei CDU und CSU massive Empörung hervor. Kemmerich will nun eine Minderheitsregierung mit CDU, SPD und Grünen bilden. SPD und Grüne haben aber bereits abgesagt.

Quelle: Deutschlandfunk vom 06.02.2020


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ulrike
ulrike
4 Jahre zuvor

Ramelow mit Hitler Zitat – primitiver gehts wohl nicht mehr ?
Und die Dame die den Blumenstrauss wegwirft – blöd blöder am blödesten.

Das geschieht diesen Vollpfosten recht dass sie von der AfD ausgetrickst wurden. Man gönnt es ihnen.

birgit
birgit
4 Jahre zuvor

Oh ja, löst die „GROßE KOALITION“ in Berlin auf ! Zerfleischt EUCH !
In den Aufsichtsräten ist noch Platz für neue Sesselfurzer.