Covid-19: Die Empfehlungen der Leopoldina zur Lockerung der Corona-Beschränkungen

Die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, in Halle an der Saale.  (imago images / Reiner Zensen)
Die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, in Halle an der Saale. (imago images / Reiner Zensen)

Die Diskussion über eine mögliche Aufhebung der Kontaktsperre wegen des Coronavirus nimmt Fahrt auf. Wie lange kann die gegenwärtige Ausnahmesituation noch andauern? Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat jetzt Empfehlungen vorgelegt. Und Bund und Länder wollen in den kommenden Tagen entscheiden.

Als wichtiges Beratungsgremium für die Politik hat die Leopoldina genauer untersucht, ob und wie die Beschränkungen aufgehoben werden können und dazu konkrete Vorschläge unterbreitet. Demnach sollte die Politik die auferlegten Maßnahmen schrittweise lockern, sofern sich die Infektionen auf niedrigem Niveau stabilisierten und das Gesundheitssystem nicht überlastet werde. Der 26-köpfigen Arbeitsgruppe der Leopoldina gehörten unter anderem Präsident Gerald Haug, der Wirtschaftsweise Lars Feld und der Soziologe Armin Nassehi an. Priorität habe bei allen Überlegungen eine rasche Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie, heißt es in dem Papier der Wissenschaftler.

Schulen sollen schrittweise öffnen

Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien, sollten die Schulen nach Ansicht der Experten „so bald wie möglich“ wieder geöffnet werden. Dies solle schrittweise und nach Jahrgangsstufen differenziert geschehen. „Da die Jüngeren im Bildungssystem mehr auf persönliche Betreuung, Anleitung und Unterstützung angewiesen sind, sollten zuerst Grundschulen und die Sekundarstufe I wieder schrittweise geöffnet werden“, schreiben die Experten. Zur Begründung hieß es, die Möglichkeiten des Fernunterrichts könnten mit zunehmendem Alter besser genutzt werden.

Die Leopoldina setzt auf deutlich reduzierte Gruppengrößen, um das Abstandgebot besser einhalten zu können. Außerdem sollten Grundschulen einen Schwerpunkt auf Deutsch und Mathematik setzen. In den Grundschulen hätten die Abschlussklassen höchste Priorität, um den Übergang auf die weiterführenden Schulen sicherzustellen. In Kindertagesstätten hingegen sollte der Betrieb nur sehr eingeschränkt wieder aufgenommen werden, denn kleinere Kinder könnten sich nicht an Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten. Hier ist die Rede von einem Notbetrieb bis zu den Sommerferien.

Hoffnung für Einzelhandel und Gastgewerbe

Auch in vielen weiteren Bereichen des öffentlichen Lebens könnten Beschränkungen schrittweise gelockert werden, etwa im Einzelhandel, im Gastgewerbe und in Behörden. Voraussetzung sei unter anderem, dass die bekannten Hygienemaßnahmen eingehalten würden. Auch private und dienstliche Reisen sollten wieder stattfinden können. Für den öffentlichen Personenverkehr raten die Experten zur Einführung einer Maskenpflicht. „Nach und nach“ sollten auch Veranstaltungen wieder ermöglicht werden.

Eine Isolierung einzelner Bevölkerungsgruppen – etwa älterer Menschen – lehnt die Leopoldina ab. Dabei würde es sich um eine „paternatistische Bevormundung“ halten. Auch müssten Grundrechtseinschränkungen angesichts der Schwere der Maßnahmen ständig überprüft werden. Die Leitfrage sei dabei, ob nicht auch mildere Maßnahmen in Betracht gezogen werden könnten. Die Nutzung von freiwillig bereitgestellten GPS-Daten und Bewegungsdaten von Apps sei sinnvoll, um eine sicherere statistische Grundlage zu erhalten. So könne die Erhebung des Infektions- und Immunitätsstatus der Bevölkerung substanziell verbessert werden.

Verstaatlichungen nur im Notfall

Im Bereich Wirtschaft betonen die Experten, dass es Beteiligungen des Staates an Unternehmen nur im äußersten Notfall zur Stabilisierung der Firmen geben dürfe. Mittelfristig sind nach ihrer Ansicht weitere staatliche Impulse nötig, um die Konjunktur anzukurbeln. Dies könnten Steuererleichterungen, zum Beispiel eine schnellere Abschaffung des Solidaritätszuschlags, oder öffentliche Investitionen sein – etwa im Gesundheitswesen, in der digitalen Infrastuktur und beim Klimaschutz.

An der Schuldenbremse sollte grundsätzlich festgehalten werden. Zwar erlaube die Corona-Krise eine höhere Aufnahme neuer Schulen, doch sei bei der Rückkehr zur Normalität die Neuverschuldung wieder zurückzuführen.

Positive Reaktionen aus der Politik

Bundeskanzlerin Merkel hatte die Empfehlungen der Wissenschaftler als wichtige Grundlage für das weitere Vorgehen bezeichnet. Am Dienstag tagt erneut das sogenannte Corona-Kabinett. Am Mittwoch will die Bundesregierung mit den Ländern über eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen beraten.

Auch Bundesbildungsministerin Karliczek sieht die Empfehlungen der Leopoldina als gute Basis für die anstehenden Entscheidungen über eine mögliche Lockerung von Kontaktbeschränkungen. Man werde die Stellungnahme auswerten und die Vorschläge im Kabinett und im Gespräch mit den Ländern beraten, sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Sie betonte, es werde längere Zeit dauern, bis an den Schulen wieder normaler Unterricht stattfinden könne. Oberstes Ziel bleibe, die Ansteckungsgefahr zu reduzieren und Risikogruppen zu schützen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff erklärte in Magdeburg, mit den Empfehlungen würden klare Kriterien und konkrete Handlungsabläufe beschrieben. Zugleich warnte er davor, die Maßnahmen vorschnell wieder aufzuheben.

Thüringens Ministerpräsident Ramelow betonte, oberste Priorität bei allen Entscheidungen habe der Infektionsschutz. Er könne sich aber vorstellen, dass unter strengen Vorgaben der Einzelhandel schrittweise wieder öffne – etwa mit mehr Personal, mehr Abstand und Kontrollen, sagte der Linken-Politker der Deutschen Presse-Agentur.

Quelle: Deutschlandfunk vom 14.04.2020


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