Baden-Württemberg: Eklat vor der Kretschmann-Wahl

Veröffentlicht: 10.05.2016, 21:40 Uhr

Zwei Tage vor der Wahl Winfried Kretschmanns zum Ministerpräsidenten ist es zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen: Bei einer Probeabstimmung in der CDU-Fraktion weigerte sich jeder Dritte, für den Grünen zu stimmen.

10.05.2016, von RÜDIGER SOLDT, STUTTGART

© DPAWollen zusammen regieren: Thomas Strobl (l.), der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg, und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann

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In der CDU-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg ist es zwei Tage vor der Wahl Winfried Kretschmanns zum Ministerpräsidenten der ersten grün-schwarzen Koalition Deutschlands zu einem Eklat gekommen: Bei einer Probeabstimmung für die Kretschmann-Wahl weigerte sich ein Drittel der CDU-Abgeordneten, dem grünen Politiker ihre Stimme zu geben. Von 39 anwesenden Landtagsabgeordneten stimmten acht mit Nein, fünf enthielten sich.

Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl und künftige stellvertretende Ministerpräsident verließ nach Bekanntgabe des Ergebnisses mit hochrotem Kopf den Sitzungssaal der Fraktion. „Für solche Methoden stehe ich nicht zur Verfügung“, soll Strobl nach Darstellung von Landtagsabgeordneten gesagt haben. Es folgte eine zweite Probeabstimmung, bei der es dann allerdings nur drei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen gab. Strobl kehrte aber nicht in den Sitzungssaal zurück.

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Am Donnerstag soll die erste grün-schwarze Regierung Deutschlands vereidigt und Winfried Kretschmann mit den Stimmen der CDU zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Strobl hatte am Mittag seine Kabinettsliste vorgestellt: Von fünf künftigen Ministern gehören Strobl selbst und die Kultusministerin nicht der Fraktion an. Zwischen der Landtagsfraktion und den Mitgliedern der baden-württembergischen Landesgruppe im Bundestag herrscht seit Jahren ein sehr angespanntes Verhältnis. Strobl konnte bei der Zusammenstellung seiner Kabinettsliste ein präsentables Team nur zusammenstellen, indem er auf Politiker zurückgriff, die nicht Fraktionsmitglieder sind oder die aus Sicht der Fraktion normalerweise noch kein Anrecht auf ein Ministeramt gehabt hätten.

So will Strobl, dass die derzeitige Stuttgarter Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann Kultusministerin in der Landesregierung wird. Eisenmann ist aber nicht Mitglied der Landtagsfraktion. Außerdem entschied sich der CDU-Landesvorsitzende dafür, die neu ins Parlament gewählte Abgeordnete Nicole Hoffmeister-Kraut zur Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau zu machen.

Strobl ist seit 1998 Mitglied des Bundestages; die Landtagsfraktion hatte sich in der Urwahl 2014 zur Bestimmung des Spitzenkandidaten nahezu geschlossen für Guido Wolf ausgesprochen, der am 13. März die CDU mit 27 Prozent jedoch in eine historische Niederlage führte. Viele Landtagsabgeordnete hatten für Wolf innerparteilich Wahlkampf gemacht, weil sie einen Spitzenkandidaten Strobl unbedingt verhindern wollten.

Und noch ein Denkzettel

Wolf soll in der grün-schwarzen Landesregierung nun Minister für Justiz, Tourismus und Europa werden. Schon zu Beginn der Fraktionssitzung hatten die Abgeordneten Strobl einen kleinen Denkzettel gegeben: Sie wählten seinen alten Rivalen, den früheren Europaminister Wolfgang Reinhart, zum Fraktionsvorsitzenden. Strobl hatte keinen Wunsch geäußert, ihm wäre aber der frühere Finanzminister Willi Stächele als Vorsitzender der Fraktion lieber gewesen. Denn Stächele gehört eher zu den Vertrauten Strobls. Reinhart ist aber einige Jahre jünger als Stächele, und es ist Reinhart offenbar gelungen, vor allem von den elf Parlamentsneulingen einige für sich zu gewinnen.

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Der Eklat in der Landtagsfraktion wird im Landesverband offen kritisiert. „Wir haben uns mit der Probestimmung lächerlich gemacht“, heißt es in Teilen der CDU. Strobl sollte offenbar zur Kenntnis nehmen, dass er als stellvertretender Ministerpräsident auf die Fraktion künftig große Rücksicht nehmen muss. Reinhart sagte nach seiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden, er wolle in der „schwierigsten Situation in der Geschichte der CDU“ als Brückenbauer zwischen Regierung und Fraktion dienen.

Grüne und CDU verfügen im Landtag über 89 Stimmen, für eine Mehrheit sind 72 Stimmen notwendig. Das heißt: Es dürften bei der Wahl des Ministerpräsidenten maximal 17 Abgeordnete mit Nein stimmen.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10.05.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Ich frag mich jeden Tag wer die Grünen gewählt hat. Stuttgart muss verrückt sein.
Als Badenerin schäme ich mich für diese grünen Polithansel.

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