Leipziger „Linksterrorismus“? So reagieren Politiker auf Analyse des Verfassungsschutzes

Verfassungsschützer warnen in einem geheimen Papier vor Linksextremisten, die einer „gezielten Tötung“ politischer Gegner zugeneigt seien. Die CDU sieht sich bestätigt, Linke widersprechen.

Am 17. Juni 2020 haben ca. 350 Personen im Leipziger Stadtteil Connewitz gegen die Präsenz der Polizei in dem Viertel demonstriert.

Radikalisieren sich Linksextremisten immer mehr – gerade in Leipzig? Spielen einige hier gar mit dem Gedanken, politische Gegner zu ermorden, während die restliche Szene schweigt und stille Zustimmung bekundet? Was sich liest wie eine rechte Verschwörungstheorie, stammt tatsächlich aus einer Analyse des Bundesamts für Verfassungsschutz, die der LVZ vorliegt.

Wie denkt die sächsische Politik darüber? Und wie die Regierungspartei? Die Kennerin der linke Szene in Leipzig: Auf der einen Seite kann man bei der Leipziger Landtagsabgeordneten der Partei Die Linke, Juliane Nagel, anfangen, die in Connewitz ihr Abgeordnetenbüro hat – das linXXnet. Das Büro tauchte schon in einem Bericht des sächsischen Verfassungsschutzes auf.

Kaum jemand kennt Leipzigs linksradikale Szene so gut wie Nagel. Der LVZ sagt sie: „Ich finde es ziemlich verrückt: In Sachsen wird ein Prepper-Netzwerk aufgedeckt, in Hessen wird dem Lübcke-Mörder der Prozess gemacht, wir haben eine Rassismus- und eine Polizeidebatte – aber der Verfassungsschutz beschäftigt sich lieber mit Linksextremismus.“

Aber stimmt es nicht, dass die Gewalt auch von links zunimmt? Man denke an die Silvesternacht am Connewitzer Kreuz, die eine deutschlandweite Debatte über Linksextremismus auslöste. „Es gibt unter Linken einen großen Widerspruch gegen Gewalt“: Nagel sagt: „Ende letzten Jahres hatte ich auch den Eindruck, dass die Intensität linker Angriffe hochkocht.“

Dass man darüber Szene-intern schweige, wie es der Verfassungsschutz jetzt vermutet, stimme aber nicht. „Wer sich in Connewitzer Kneipen, vor Spätis oder einfach im Internet umhört, wird einen ganz großen Widerspruch gegen solche Gewalt erleben. Gerade wenn es gegen Personen geht“, sagt Nagel.

Man muss, um das zu überprüfen, nur auf der Facebook-Seite von Nagels eigenem Abgeordnetenbüro nachsehen. Als sich Ende 2019 in Leipzig ein Angriff auf die Mitarbeiterin einer Immobilienfirma ereignete, die teure Wohnprojekte in Connewitz plant, und man diesen Angriff dem linksextremen Spektrum zuordnete, hieß es auf Nagels Seite: solch ein Angriff sei „daneben“ und „nicht nachvollziehbar“. Wenn es stimmt, was Nagel sagt, dass also in linken Kreisen durchaus über Gewalt diskutiert werde, dann hätte der Verfassungsschutz in diesem Punkt unrecht.

Es bleibt der zweite Punkt, es würden sich in der linksextremen Szene „klandestine Kleingruppen“ herausbilden, die sich „aufgrund steigender Gewaltbereitschaft (…) vom Rest der Szene abspalten“, wie es in dem Papier heißt. Gruppen, die sogar den „Schritt zur gezielten Tötung eines politischen Gegners“ erwägen würden.

„Wer eine Gewaltdebatte führt, erklärt Gewalt für verhandelbar“: Man kann dafür auf der anderen Seite, bei der CDU, nachfragen. Was aber nicht so einfach ist. Der Leipziger Sebastian Gemkow beispielsweise, der sich während seiner Oberbürgermeister-Kandidatur viel über linke Gewalt ausließ, möchte sich nicht äußern. Als sächsischer Wissenschaftsminister sei er für das Thema nicht zuständig erklärt er der LVZ.

Dafür redet Rico Anton, der innenpolitische Sprecher der CDU Sachsen. „Die Analyse des Verfassungsschutzes deckt sich mit meinem Eindruck: Es wird in linken Kreisen nicht genügend widersprochen, wenn es um Gewalt geht “, so Anton. Und: „Allein die Tatsache, dass es unter Linken eine Gewaltdebatte gibt, zeigt, wie wunderbar verhandelbar die ganze Sache dort ist.“

Am Schluss noch ein Anruf bei Kerstin Köditz. Köditz ist, genau wie Nagel, eine Linke Leipziger Landtagsabgeordnete, allerdings schon 13 Jahre länger. „Es mag einige militante Anarchisten geben, die sich für links halten“, so Köditz. „Aber mir ist nicht bekannt, dass diese Gewalt in der linken Szene Leipzigs derartig verwurzelt sein soll.“ „Wer sagt eigentlich, dass es Linke waren?“: Und Köditz gibt noch etwas zu bedenken: Die linksextremen Taten, die der Verfassungsschutz in seiner Analyse nennt, seien alle noch Teil laufender Ermittlungen.

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„Wer sagt denn“, so Köditz, „dass die Mitarbeiterin der Immobilienfirma wirklich von Linken zu Hause angegriffen wurde – und nicht von zum Beispiel einem verärgerter Geschäftspartner?“ Es stimmt, dass der Anschlag auf zwei Baukräne im Oktober, und auch der Angriff auf die Prokuristin, beides ungeklärte Fälle sind. Der Verfassungsschutz führt sie schon als Belege – für „Linksterrorismus“.

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 23.06.2020 


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ulrike
ulrike
3 Jahre zuvor

Unsere Regierung kennt nur die bösen Rechten die an allem schuld sind.
Die linken Ratten lässt man gewähren. Ein Unding.