„Boden brennt unter den Füßen“: Warum flüchten US-Truppen aus besetzten Ländern?

АUSLAND

Von Nikolai Protopopow
 

Das Pentagon zieht einen Großteil seiner Truppen aus Afghanistan und Irak ab. Was zurückbleibt, sind zerstörte Städte, abertausende Todesopfer und ein kaum noch verhehlter Hass der Einheimischen auf die amerikanischen Besatzer. Ihre Ziele haben die USA in den Jahren der Besatzung in Nahost nicht erreicht – aber Chaos gesät.

Den Truppenabzug hatte Washington im Frühjahr schon beschlossen. Derzeit sind 8500 amerikanische Soldaten und Offiziere in Afghanistan stationiert; bis Mitte Oktober soll das Kontingent auf 4500 Militärs schrumpfen. Dies ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen der US-Regierung und den Taliban, mit der die USA sich verpflichten, fünf militärische Stützpunkte binnen 14 Monaten zu räumen. Die radikale islamische Miliz hat im Gegenzug zugesichert, das Land von Terroristen zu befreien.

Eigentlich war dies das erklärte Ziel der US-Invasion in Afghanistan nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001: den internationalen Terror zu bekämpfen und die Taliban zu vernichten. Daraus wurde der längste Krieg der Vereinigten Staaten in ihrer Geschichte. Das Truppenkontingent wurde fortwährend aufgestockt, auf zuletzt 110000 Mann. 2300 Militärangehörige wurden in den zwölf Kriegsjahren getötet, circa 20000 wurden verwundet.

Nicht weniger litt die Zivilbevölkerung. Hunderte Menschen sterben in Afghanistan jedes Jahr infolge von Luftangriffen. Dies hat auch das Pentagon eingeräumt – wobei: Offizielle Daten spiegeln die Wirklichkeit nicht wider, sagen Analysten. Die inoffizielle Zahl der toten Zivilisten sei viel höher. Es kam nämlich auch vor, dass amerikanische Drohnen mehrere Dörfer in einem Einsatz vernichteten, wie 2009 in der Provinz Farah. 150 Tote.

Es ist dabei nicht so, dass die USA zu diesem Preis deutliche Erfolge im Kampf gegen den Terror erreicht hätten. „Den vielen Beratern aus den USA ist es nicht gelungen, die afghanische Armee so auszubilden, dass sie den Terrorkampf führen könnte“, sagt Militärexperte Sergej Sudakow im Sputnik-Gespräch. „Milliarden Dollar wurden für Waffenlieferungen nach Afghanistan ausgegeben. Dutzende Ausbildungszentren wurden gebaut. Trotzdem haben die Afghanen das Kämpfen nicht gelernt. Die Verluste unter ihnen sind enorm. Mehr als 10000 Soldaten und Offiziere allein in den letzten fünf Jahren.“

Uncle Sams Nase in fremden Angelegenheiten

„Die Kriegsbilanz hatte Donald Trump 2016 gezogen, in seinem Wahlkampf. Nichtsnutzige Kriege seien das, die Unmengen an Steuergeldern erforderten. Trump sprach von sieben Billionen Dollar, Experten nannten die Zahl von fünfeinhalb Billionen Dollar, die die USA in Kriegen versenkt hätten, die sie verloren.“

Das Wichtigste ist letztlich nicht die Zahl der stationierten Truppen, sondern das Einsatzergebnis. Die Region zu stabilisieren und mit den vielen Terrorgruppen fertigzuwerden, ist den Amerikanern nicht gelungen.

„Ja, in den Jahren der Präsidentschaft von Trump hat es keinen Terroranschlag in den USA gegeben“, sagt Sudakow. „Die Kosten dieser Sicherheit sind allerdings die ständigen und hohen Verluste der Armee.“

Komplett werden die Amerikaner Afghanistan nie verlassen: Amerikanische Söldnerfirmen bleiben im Land. „Sie übernehmen taktische Aufgaben. Das Land zu verlassen, hieße die Grenzen für die Terroristen zu öffnen und den Zugang zu nachrichtendienstlichen Informationen zu verlieren. Also alles zu durchkreuzen, was über Jahre aufgebaut wurde. Wie der Terror sich im postsowjetischen Raum oder in Europa ausbreitet, ist den USA herzlich egal. Die USA denken an den Schutz ihres eigenen Gebietes. Die privaten Firmen sollen in Afghanistan die Stellung halten“, so der Experte.

Kaum besser ist es in Irak, wo die USA 2003 unter dem Vorwand einmarschiert sind, Saddams chemische Kampfstoffe vernichten zu müssen. Innerhalb nur eines Monats zerschlug die westliche Koalition die irakische Armee. Chemische Kampfstoffe wurden nicht gefunden, die Jagd auf Saddam Hussein war aber eröffnet – und endete wenige Monate später mit der Ergreifung und Hinrichtung des irakischen Machthabers.

Man hatte denken wollen, das Ziel sei erreicht, doch in Wirklichkeit fing damit alles erst an. Das Land ist in einen blutigen Bürgerkrieg versunken: Aufgrund der Zerwürfnisse zwischen den Schiiten und Sunniten sind abertausende Zivilisten gestorben.

Die Amerikaner beobachteten das Geschehen von hocheingezäunten Stützpunkten aus und versuchten, die Situation durch noch mehr Truppen zu beherrschen. Doch in Reaktion auf die Verstärkung des Truppenkontingents sind lokale Aufständische aktiv geworden. Sie attackierten amerikanische Einrichtungen, beschossen Hubschrauber, verübten Terrorangriffe. Die Einwohner irakischer Städte starben zu Tausenden; auch die Verluste der US-Armee stiegen.

Derzeit sind an die 4500 US-Soldaten in Irak stationiert. Donald Trump hat versprochen, das Kontingent auf 3000 Mann zu reduzieren: Den amerikanischen Truppen brennt der Boden unter den Füßen.

„Für die USA ist die Lage in Irak besonders seit der Ermordung des iranischen Militärführers Soleimani in Bagdad sehr schwierig geworden“, sagt der Nahost-Experte Andrej Tschuprygin von der Moskauer Higher School of Economics im Sputnik-Gespräch. „Konvois werden dauernd angegriffen, amerikanische Stützpunkte werden mit Raketen beschossen. Der Wille der US-Soldaten, als Zielscheiben in Irak zu bleiben, schwindet von Tag zu Tag.“

Die Ziele, die die Amerikaner sich selbst 2003 gestellt hatten, haben sie nicht erreicht. Von Demokratie ist Irak weit entfernt, vom Liberalismus ebenso. Im Grunde ist das Land zu einem weiteren Krisenherd in der Region geworden: Je nach Schätzung starben in den Jahren der amerikanischen Besatzung in Irak bis zu 300000 Menschen.

Und die, die noch leben? „Überleben, etwas Essen und Kleidung auftreiben und ein Dach über dem Kopf – das sind die Alltagssorgen der meisten Iraker in dieser katastrophalen Situation, in der sie seit nunmehr 17 Jahren leben. Die Ablehnung der Amerikaner nimmt immer weiter zu, was nur verständlich ist: Das Bild schwerbewaffneter Männer, die tagtäglich vor einem herumlaufen, machen die allgemeine Stimmung nicht besser“, sagt der Nahostkenner.

Quelle: Sputnik vom 21.09.2020 


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Ulrike
Ulrike
3 Jahre zuvor

Recht so dass die selbsternannten Befreier auf die Nuss kriegen. Lasst diese Länder in Ruhe die gehen euch nichts an und geht heim. Es reicht wieviel Elend und Leid ihr angerichtet habt.

birgit
birgit
3 Jahre zuvor

Auf der ganzen Welt machen sich die Amerikaner immer unbeliebter ! Die sollten mal darüber nachdenken an was das wohl liegt ?