Bildungsmonitor – Hohe Abbrecherquoten ausländischer Schüler

 

Der Flüchtlingenstrom nach Deutschland hält an, doch das Bildungssystem schwächelt bei der Integration von Ausländern – besonders im Osten, der aus wirtschaftlicher Sicht besonders dringend auf Zuwanderung angewiesen wäre.

Berlin – Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) stärkt Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) den Rücken: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) solle die Milliarde, die er beim Betreuungsgeld einspart, „unbedingt im Familienetat lassen, um so mehr Finanzierung beispielsweise von mehr Ganztagsbetreuung und Sprachkursen zu ermöglichen“, forderte der Leiter der IW-Abteilung für Bildung und Zuwanderung, Axel Plünnecke. Der Kultusministerin riet er, in der nächsten Zeit strukturelle Reformen etwa beim G8 oder beim Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen zurückzustellen, und alle Kräfte auf die Integration der Flüchtlinge zu konzentrieren. Nur so könne es gelingen, die enorme Chance zu nutzen, die Neubürger gut zu qualifizieren und so die Demografie-Probleme besser zu meistern.

Der neue Bildungsmonitor des IW zeigt allerdings, dass diverse Bundesländer nicht gut aufgestellt sind, um die Integration von Ausländern zu bewältigen. In sechs Ländern ist die Schulabbrecherqote von Ausländern sogar gestiegen: Das gilt für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen sowie für Schleswig-Holstein und Bremen.

Konkret liegen speziell Sachsen und Thüringen insgesamt zwar an der Spitze des von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in Auftrag gegebenen Monitors – noch vor Bayern und Baden-Württemberg. Ihr Bildungssystem als Ganzes ist also führend.
Die Abbrecherquote der ausländischen Schüler beträgt dort jedoch rund 15 Prozent – im Bundesdurchschnitt sind es dagegen nur gut zehn Prozent, Plünnecke.

Dabei seien gerade die ostdeutschen Länder aus ökonomischen Gründen weit mehr als die meisten West-Länder auf das Potential der Zuwanderer angewiesen. Exemplarisch zeige sich das bei den Beschäftigten mit technischer oder naturwissenschaftlicher Ausbildung, die fürs Wirtschaftswachstum besonders wichtig sind. Hier gebe es im Osten weit mehr Ältere als etwa in Süddeutschland oder im Westen Niedersachsens – entsprechend dringlich sei das Nachwuchsproblem.

Rückschritten bei der Integration, Fortschritte bei der Kinderbetreuung

Verschärfend komme hinzu, dass nicht nur Zuwanderer aus der EU sondern auch Flüchtlinge tendenziell dorthin streben, wo sie schon Verwandte und Bekannte haben. So seien im Osten nur rund zwei Prozent der MINT-Beschäftigten Ausländer – „in Baden-Württemberg sind es schon heute elf Prozent“, sagte Plünnecke.

Neben den Rückschritten bei der Integration zeigt der Bildungsmonitor – der die Länder anhand von mehr als 90 Indikatoren schon seit 12 Jahren vergleicht – Fortschritte bei den Kindertagesstätten und ganztägigen Betreuungsangeboten.

Gegenüber dem Vorjahr konnten das Saarland und Bremen am deutlichsten zulegen. Verbesserungen auf deutlich höherem Niveau hat das IW aber auch in Bayern und Hamburg verbucht.
So hat das Saarland etwa das Angebot dualer Studiengänge erhöht, in Bremen ist der Anteil vorzeitig aufgelöster Ausbildungsverträge gesunken, in Bayern ist die Zahl der Ingenieurs-Absolventen stark gestiegen und in Hamburg der Anteil ganztags betreuter Grundschüler deutlich gewachsen.

Das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen schneidet relativ schlecht ab: Während die Spitzenreiter für ihr Bildungswesen mehr als 60 Punkte im Monitor bekommen, landet Nordrhein-Westfalen mit 44 Punkten auf Platz 14. Hier habe es lange an genügend Ganztagsangeboten gefehlt, außerdem sei die Bildungsarmut ähnlich hoch wie in den Stadtstaaten, so Plünnecke. Um das zu ändern seien vor allem mehr Lehrer nötig, was im Zusammenhang mit den Flüchtlingen eine enorme Herausforderung für die Landeskasse sei. Die Schlusslichter des Monitors bilden Brandenburg und Berlin.

Quelle: Handelsblatt-online vom 03.09.2015

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