Linker Tageszeitung „Neues Deutschland“ droht die Auflösung

Das Verlagsgebäude der Tageszeitung "Neues Deutschland" - ein langweiliger Stahlbeton-Bau im typischen DDR-Look. © NDR

Stand: 26.02.2021 16:05 Uhr

Das frühere Parteiorgan der SED soll eine Genossenschaft werden. Zieht sich die Linkspartei aus dem ND zurück?

von Daniel Bouhs

Gut drei Jahrzehnte nachdem die Wiedervereinigung die frühere DDR-Parteizeitung „Neues Deutschland“ (ND) in den kapitalistischen Wettbewerb zwang, soll das Unternehmen in seiner jetzigen Form offenbar bald aufgelöst werden. Wie die Gewerkschaft Verdi berichtet, hat die Geschäftsführung den hauseigenen Betriebsrat, den Redaktionsrat, die Chefredaktion und die Verlagsleitung über neue Pläne informiert: Die Linkspartei und Geschäftsführer Matthias Schindler als Gesellschafter wollten die Neues Deutschland Druckerei und Verlags GmbH demnach zum Jahresende auflösen. Die Belegschaft solle stattdessen eine Genossenschaft gründen und so das ND gewissermaßen nach dem Vorbild der „Taz“ weiterführen. Schindler wolle den Verlag als Geschäftsführer bis zum Jahresende verlassen.

Vergangenheit als Propaganda-Organ

Das ND erschien erstmals 1946 in der DDR. Bis Dezember 1989 war sie ein Propaganda-Organ des Zentralkomitees der SED. Mit der Wende ging die „sozialistische Tageszeitung“, wie sie sich seitdem selbst nennt, in den Besitz der heutigen Linkspartei über. Seit 2007 besitzt sie über ihre Vermögensgesellschaft FEVAC noch die Hälfte am Unternehmen, daneben eine weitere Beteiligungsgesellschaft, hinter der ND-Geschäftsführer Schindler steht.

Von einer Million auf 25.000 – die Leserzahlen sind seit der Wende bei der Zeitung „Neues Deutschland“ dramatisch eingebrochen. Kann sie gerettet werden?

Seit das ND im Kapitalismus angekommen ist, kämpft es um sein Überleben. Während in der DDR die Auflage als Parteizeitung in der Spitze bei etwa einer Million gelegen haben soll, verkaufte der Verlag zuletzt täglich noch etwa 20.000 Ausgaben. Das ND stand bereits mehrfach vor dem Aus. „Ist die Lage wirklich so ernst? Ja, sie ist so ernst“, sagte Chefredakteur Wolfgang Hübner etwa 2018, als ZAPP über die Lage berichtete.

Schwierige Lage für die Belegschaft

Trotz der Nähe zur Linkspartei verdienen die Mitarbeitenden des ND deutlich unter Tarif – so wie auch Mitarbeitende der Taz, die zwar auch links, aber von Parteien unabhängig ist. In der Corona-Zeit beobachtete die Redaktion zudem, dass das Bundesgesundheitsministerium in der Zeitungslandschaft zwar großflächige Kampagnen schaltete, das wirtschaftlich angeschlagenen ND dabei aber aussparte.

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Von einem Umbau mit allen Unsicherheiten wären gut 100 Mitarbeitende betroffen. „Die Belegschaft wehrt sich entschieden gegen Versuche der Gesellschafter, sich derart kurzfristig aus der Verantwortung zu stehlen“, heißt es bei Verdi. Auch wenn es in der Belegschaft schon früher den Wunsch gegeben habe, die Strukturen des ND zu verändern und eine Genossenschaft teils als Chance angesehen werde, die redaktionelle Unabhängigkeit der Zeitung zu stärken, dürfe eine Genossenschaft „nicht die ‚Billig-Lösung‘ sein“. Ein neues Unternehmen müsse „sich selbst tragen können und der Weg dahin muss solidarisch, sozial und kooperativ ablaufen“.

Linkspartei noch unentschieden, Verdi übt Kritik

Mit der Drohung, dass die etwa 100 Beschäftigten Ende des Jahres und damit noch in einer Pandemie auf die Straße gesetzt werden könnten, werde die Linke „ihrer sozialen Verantwortung nicht gerecht“, heißt es weiter. Und: „Gerade in diesen Zeiten ist linker Journalismus wichtiger denn je.“

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Die gegenwärtige ND-Geschäftsführung um Matthias Schindler hat sich gegenüber ZAPP zunächst nicht zu ihren Plänen oder den Sorgen der Belegschaft geäußert. Offen bleibt zudem, ob sich die Linkspartei auch an einer Genossenschaft beteiligen würde. Bundesschatzmeister Harald Wolf erklärte gegenüber ZAPP, die Umwandlung in eine Genossenschaft sei „eine Möglichkeit“, die gemeinsam mit der Belegschaft diskutiert werden müsse. Über die Beziehung der Partei zu Verlag und Zeitung werde wiederum der Parteivorstand „nach ausführlicher Debatte“ entscheiden. „Diese Debatte steht noch aus.“

Verdi-Gewerkschafter Gewerkschafter Jörg Reichel sieht in dieser Form durchaus eine Option. „Eine Tageszeitung als Genossenschaft ist ein erfolgreiches Modell, wie bei der ‚Jungen Welt‘ und der ‚Taz‘ – das kann klappen, wenn die Finanzen stimmen“, sagt er. Er kritisiert aber die „bis dato fehlende Kommunikation auf Seiten der Partei gegenüber den Arbeitnehmervertretungen“ und hofft darauf, dass es beim ND in diesen ohnehin schwierigen Zeiten nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.

Quelle: NDR vom 26.02.2021

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Annette
Annette
3 Jahre zuvor

…ARD und ZDF droht die Auflösung.

Der Grund:

Linke Propaganda!

Ulrike
Ulrike
3 Jahre zuvor

Annette das wird leider nicht geschehen weil das die Lieblingsarschkriecher von Merkel sind.

Waldtürenöffner
Waldtürenöffner
3 Jahre zuvor

Jammern gehört zu den Kommunisten Jesuitengesindel, die Brut jammert sich gegenseitig reich.