20 Jahre später – Innenministerium bestätigt Undercover-Einsatz gegen italienische Mafia in Thüringen

Das Thüringer Innenministerium hat den Einsatz eines verdeckten Ermittlers in einem großen Mafia-Verfahren in Thüringen vor 20 Jahren bestätigt. Im Innenausschuss des Thüringer Landtags hatte die Landesregierung am Donnerstagabend einen Bericht über das Verfahren FIDO abgegeben. Hintergrund waren Berichte von MDR THÜRINGEN und der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Klar wurde in der Ausschusssitzung, dass offenbar noch einiges an Akten da ist, die jedoch bisher wohl noch nicht ausgewertet wurden.

Der Erfurter Domplatz aus der Vogelperspektive.
Erfurt ist ein Hotspot der kalabrischen Mafia-Organisation `Ndrangheta. Davon waren die Ermittler des Landeskriminalamtes bereits vor mehr als 20 Jahren überzeugt. Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Bis vor zwei Wochen war die Existenz des Operationsnamen FIDO nur einer Handvoll Ermittler beim Thüringer Landeskriminalamt, beim Bundeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft Gera und der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft bekannt. Doch nach den Berichten von MDR THÜRINGEN und der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) beschäftigen sich inzwischen zwei Landtagsausschüsse damit. Abgeordnete von Linken, SPD, Grünen und FDP hatten Aufklärung gefordert. Dabei ging es vor allem um die Umstände, unter denen das Verfahren FIDO vor gut 20 Jahren beendet wurde.

Im Zentrum steht dabei der Einsatz eines verdeckten Ermittlers. Dieser war damals durch das BKA in das Umfeld einer Zelle der kalabrischen Mafia `Ndrangheta in Thüringen eingeschleust worden. Er sollte Informationen über die Mitglieder beschaffen, die es möglich gemacht hatten, sie vor Gericht zustellen. Den acht Männern wurde damals Drogenhandel und Geldwäsche vorgeworfen.

Fragen zu Auslandseinsatz weiter ungeklärt

Doch im Frühjahr 2002 wurde der Einsatz plötzlich abgebrochen. Nach MDR THÜRINGEN-Informationen wurde dem Innenausschusses berichtet, dass das Bundeskriminalamt damals angeblich die Sicherheit des verdeckten Ermittlers gefährdet sah. Deswegen sei er abgezogen worden. Diese Anweisung sei aber nie von der Staatsanwaltschaft Gera oder der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft gekommen.

Durch die Landesregierung konnte jedoch nicht erklärt werden, ob zuvor aufgrund von Behördenstreitigkeiten und des Kompetenzgerangels mit der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ein Einsatz des Undercover-Beamten in Italien verhindert wurde. Nach Recherchen von MDR und FAZ soll unter anderem das der Grund gewesen sein, dass sich die Ermittler entschlossen hatten, den Einsatz des Beamten zu beenden. Ihre Sorge soll gewesen sein, das die Tarnung des Mannes nicht halten würde, wenn er nicht mit auf die Reise gehen würde, auf die er von seinen Mafia-Freunden eingeladen worden war.

Akten bisher nicht ausgewertet

Dass diese Frage nicht beantwortet werden konnte, liegt offenbar daran, dass in den letzten Tagen bisher kaum alte Akten gesichtet wurden. So soll Innenstaatssekretär Udo Götze (SPD) erklärt haben, dass man da noch am Anfang stehe. Er konnte auch nicht sagen, ob neben dem einen verdeckten Ermittler noch weitere im Einsatz gewesen waren. Nach Recherchen von MDR THÜRINGEN und FAZ gab es neben dem BKA-Undercover-Beamten noch weitere, die eingeschleust worden sind.

Hatten Politik und Justiz Kontakte zur Mafia?

Im Landeskriminalamt und auch bei der Staatsanwaltschaft Gera sollen aktuell die Akten zusammengestellt werden. Ein wichtiger Punkt ist vor allem die Frage, ob sich in den Akten Informationen über Kontakte von mutmaßlichen `Ndrangheta-Mitgliedern in Politik, Justiz und Verwaltung in Thüringen finden. Eine Vertreterin des Justizministerium erklärte am Donnerstagabend im Ausschuss, dass nach aktueller Kenntnis der Staatsanwaltschaft Gera und der Generalstaatsanwaltschaft solche Informationen damals nicht vorgelegen hätten. Allerdings sind nach MDR THÜRINGEN-Informationen die noch vorhandenen Akten zu dieser heiklen Frage seit den Berichten vor zwei Wochen noch gar nicht ausgewertet worden. MDR THÜRINGEN und FAZ hatten berichtet, dass Abhörprotokolle und Informationen vorliegen, die Kontakte zwischen Politik und Justiz zu mutmaßlichen `Ndrangheta-Mitgliedern nahelegen.

Angeblich fehlende Kooperation aus Italien

Dass das Verfahren am Ende eingestellt wurde, schieben die Thüringer Ermittler zum Teil auch den italienischen Behörden in die Schuhe. So wurde den Abgeordneten im Innenausschuss am Abend mitgeteilt, dass es bei verschiedenen Treffen mit der Staatsanwaltschaft aus der kalabrischen Reggio Calabria auch um die Frage eines parallelen Verfahrens gegangen sei. So seien im Juli 2003 Ermittlungserkenntnisse nach Italien gesandt worden. Doch erst 2005 habe es dann einen Treffen mit den Italienern gegeben. Anwesend war den Angaben zufolge auch der bekannte Anti-Mafia-Staatsanwalt Nicola Gratteri. Er soll damals zugesagt haben, dass innerhalb weniger Wochen eine Zuarbeit nach Gera geschickt werden solle. Doch das sei nicht passiert, deshalb sei das Verfahren dann 2006 eingestellt worden.

Tatsächlich hatte die Staatsanwaltschaft Reggio Calabria unter dem Aktenzeichen 1951/01 ein Verfahren zu FIDO seit mindestens 2001 geführt. MDR und FAZ liegen Unterlagen über den Datenaustausch im Rahmen des Verfahrens vor. Noch im Dezember 2001 hatten sich Gratteri und der Geraer Staatsanwalt Steffen Flieger, der FIDO in Thüringen leitete, in Rom getroffen. Bei diesem Treffen bat Gratteri über die Zusendung von Unterlagen aus Deutschland und kündigte ein paralleles Verfahren zu FIDO an. Das geht aus internen Protokollen der Sitzung hervor, die MDR THÜRINGEN und FAZ vorliegen.

Warum es dann bis zum Juli 2003 gedauert hat, bis das Material die kalabrischen Ermittler erreichte ist bisher unklar. Mit diesen dann übersandten Unterlagen setzten die Italiener unter dem Aktenzeichen 1393/05 die Ermittlungen zu FIDO fort. Warum diese Informationen die Staatsanwaltschaft Gera wiederum nicht mehr erreichten, wird ebenfalls noch zu klären sein. Am Freitag befasst sich der Justizausschuss mit dem FIDO-Verfahren und den mutmaßlichen Behördenpanne von damals.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Quelle: MDR vom 05.03.2021

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Ulrike
Ulrike
3 Jahre zuvor

20 Jahre brauchen diese Schlafmützen. Keiner Wunder wenn sich immer mehr Verbrecher in Deutschland einnisten bei solchen Nieten.

birgit
birgit
3 Jahre zuvor

Es gibt keine „Behördenpanne“.
Bermudadreieck Gera !

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
3 Jahre zuvor

Ich glaube kein Wort … Hier im Ort gab es ein Schulkind das wurde „DOFI“ ob seiner Intelligenz gerufen. Die Schulleitung hat es strengstens verboten. Dann wurde Er eben FIDO gerufen! Ich denke das Szenario gegen die Mafia ist für Dofis geschrieben worden. Kleine humoristische sadistische Einlage zum Wochenende von Schweinis!