KALTER KRIEG – Vor Nato-Gipfel: Polen macht Stimmung gegen Russland

Polen macht vor dem Nato-Gipfel Stimmung gegen Russland, die Warschau als Aggressor sieht. Die Regierung handelt offenkundig in Abstimmung mit den USA. Washington baut Polen militärisch und wirtschaftlich auf. Die Taktik wird zum Problem für Deutschland.

Nato- und EU-Mitglieder in Europa. Polen soll als Vorhut und Pufferzone agieren. (Grafik: Stratfor)

Nato- und EU-Mitglieder in Europa. (Grafik: Stratfor)

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Am 8. Juli beginnt der Nato-Gipfel in Warschau. Für den polnischen Verteidigungsminister Antoni Macierewicz und seine nationalkonservativen Kabinettskollegen dagegen ist der Gipfel in der einstigen Wiege des Warschauer Pakts eine symbolträchtige Bestätigung der polnischen Zugehörigkeit zum westlichen Bündnis. Nicht nur die Polen, sondern auch ihre baltischen Nachbarn erwarten Gipfelbeschlüsse, die die gegenseitige Solidarität bekräftigen und die Ostflanke der Nato stärken.

In Warschau soll beschlossen werden, dass Einheiten aus Nato-Staaten im Rotationsrhytmus in Polen und den baltischen Staaten präsent sind. Wenn es nach Macierewicz und seinen Kollegen in Vilnius, Riga und Tallinn geht, lautet das Prinzip: Je mehr Soldaten, desto besser.

Der nationale Sicherheitsberater Polens, Pawel Soloch, sieht da durchaus Spielraum. „Das Volumen kann noch vergrößert werden, wenn sich die russische Haltung nicht ändert. Das ist eine offene Frage, und so muss man auf die Entscheidungen zur Verteilung von Bündnistruppen blicken.“

Seit Beginn des Konflikts in der Ukraine drängen vor allem Polen und die drei baltischen Staaten auf eine Stärkung der Ostflanke. Auch wenn die Kämpfe in der Ostukraine in den Medien von anderen aktuellen Ereignissen in den Hintergrund gedrängt wurden: Der Konflikt in der Nachbarschaft ist in Polen immer präsent. In der Warschauer Innenstadt wurde ein Hilfs- und Beratungszentrum für Ukrainer eingerichtet. Das polnische Außenministerium will vom 4. Juli bis zum 2. August die Grenze zu Kaliningrad und der Ukraine dicht machen, berichtet ABC News.

Warschau hatte Ende Mai angekündigt, in Zusammenarbeit mit den USA eine paramilitärische Truppe von 35.000 Mann zu gründen, um die Grenze zur Ukraine zu sichern.

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Die Zahl internationaler Militärübungen in der Region wurde verstärkt – zuletzt wurde im Rahmen des Manövers Anakonda zehn Tage lang die Abwehr einer Aggression geübt (Video am Anfang des Artikels). Dass es im Westen auch kritische Stimmen gab und etwa Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier von „lautem Säbelrasseln“ sprach, stieß in Warschau auf Unverständnis.

Die Regierung in Warschau hält Brüssel für schwach und will sich lieber an die USA und die Nato anhängen. In Washington wird die Entwicklung mit Wohlgefallen gesehen. Die polnische PiS-Regierung ist euroskeptisch und gegenüber Deutschland und Russland kritisch eingestellt.

Der polnische Präsident Andrzej Duda hat bereits vor Wochen gesagt, dass er sich weniger EU und mehr Nato wünsche. Die Regierung hat Russland in Unruhe versetzt, als sie laut darüber nachdachte, Atomraketen der Nato auf polnischem Territorium zu stationieren. Schon heute ist Polen der wichtigste Brückenkopf der Nato gegen Russland.

Die Interessen der PiS decken sich in dieser Hinsicht mit denen der US-Rüstungsindustrie und der Nato. Und sie folgen einer alten Idee, die bereits auf den legendären polnischen Führer Jozef Pilsudski aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurückgehen: Es handelt sich um das sogenannte „Intermarium“-Konzept, welches ursprünglich darauf abzielen sollte, ein Bündnis zwischen Deutschland und Russland zu verhindern, indem ein starker Bündnisgürtel durch Osteuropa gezogen wird. In diesem Fall gehören zum angedachten Gürtel Estland, Lettland, Litauen Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien.

Nach Informationen des privaten US-Geheimdiensts Stratfor ist Polen die Vorhut der USA und der Nato gegen Russland in Mittel- und Osteuropa. Doch auch aus energiepolitischer Sicht ist das Land wichtig. Die Regierung in Warschaus ist ein strikter Gegner der Pipeline Nord Stream II, die russisches Gas nach Deutschland transferieren soll.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 05.07.2016

 

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