ISRAEL – Kriegsmüde: Die meisten Israelis wünschen sich Trump als US-Präsident

Überraschung aus Israel: Die meisten Israelis wünschen sich Donald Trump als neuen US-Präsidenten. Der Grund: Sie kennen Hillary Clinton und mögen sie nicht – was auch an Obama liegt: Seine herablassende Haltung zu Israel hat dazu geführt, dass man ein offenes Ohr für die Positionen von Trump hat, von dem man eine weniger arrogante Politik gegenüber anderen Nationen erwartet.

Donald Trump. (Foto: dpa)

Donald Trump. (Foto: dpa)

Israel ist wahrscheinlich das eine Land, das – abgesehen von den USA – sowohl emotional und intellektuell, als auch teilweise politisch, in die Präsidentschaftswahl der USA involviert ist. Die Israelis und nicht nur ihre Politiker ist es maßgeblich wichtig, wer der nächste Präsident wird. Grund dafür ist die Tatsache, dass das Land und seine Gesellschaft noch immer in hohem Maße von den USA abhängig sind. Zum einen in Bezug auf militärische Unterstützung, die sich im Jahr auf ca. 3,5 Milliarden Dollar beläuft, als auch für das ein oder andere ausschlaggebende Veto in der UN und eine wohlwollende Freundschaft innerhalb eines eher feindseligen politischen Klimas.

Die meisten Israelis wünschen sich Trump als nächsten Präsidenten der USA. Woher wir das wissen? Oder mehr noch – warum? Dafür gibt es mehr als eine Betrachtungsweise.

Der einfachste Ansatz, die Situation zu durchleuchten, ist sich genau anzusehen, wie enthusiastisch der amerikanische Casinomogul Sheldon Adelson den Präsidentschaftskandidaten unterstützt. Als Leser kann man jetzt zu Recht denken, dass das irrelevant ist. Er ist Amerikaner, hier geht es um Israel. Falsch! Adelson war nämlich jahrelanger Förderer des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu und ein vehement passionierter Unterstützer Israels. Seine Gleichung sieht also folgendermaßen aus: Netanjahu ist gut für Israel, Trump ist gut für Netanjahu, also ist Trump gut für Israel. Das hat er gerade auch so in einer Nachricht für die Republican Jewish Coalition ganz offen gesagt. „Trump wird ein prima Präsident, was Israel angeht,“ schreibt er. Mehr noch: Da für ihn Israel und Netanjahu ein und dasselbe sind, wäre Trump nach Adelsons Ansicht ein prima Präsident sein, was Bibi angeht.

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Netanjahu unterstützte in 2012 aktiv den Republikaner Mitt Romney – unter der Federführung von Adelson. Er war der Star in Romneys Fernsehkampagne, nur um sich dann noch für weitere vier Jahre mit dem nun noch nachtragenderen Obama als Präsidenten konfrontiert zu sehen. Gerade wegen dieser Erfahrung ist Netanjahu heute viel vorsichtiger. Die im November anstehende Präsidentschaftswahl ist für ihn trotzdem ein langersehnter Anlass zur Veränderung.

Die Identität des nächsten amerikanischen Präsidenten trägt für die Israelis immense Wichtigkeit, trotz des offensichtlichen Bestrebens ergänzende politische Spielfelder zu erschließen. Die Kluft zwischen den beiden Regierungen, im Speziellen auch die politische Linie der Amerikaner, was den öffentlichen Trotz der Iraner gegenüber Israel anbelangt, hat wieder gezeigt, dass es politisch gefährlich ist, alles auf eine Karte zu setzen. Dieser Gedanke steht auch hinter Netanjahus letztem Besuch in Afrika, um auf dem Kontinent Wiedergutmachung zu leisten, und auch seinem unmittelbaren Plan, Kasachstan und Aserbaidschan zu besuchen. Israel sucht verzweifelt nach neuen Verbündeten – und ist dabei trotzdem vollkommen abhängig von den USA.

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Diese Abhängigkeit hat ein Spektrum von häufig benötigten „Vetos“ bei Anti-Israel-Entscheidungen in der UNO bis hin zu finanzieller Militärunterstützung. Seit Ende letzten Jahren stecken die USA und Israel in starrnackigen Verhandlungen über die Erneuerung eines Abkommens, dass die mehrjährige Unterstützung für Israel im nächsten Jahrzehnt sichern soll. Die Verhandlungen sind noch nicht vorbei, doch die Militärhilfe beläuft sich momentan auf 3,5 Milliarden US-Dollar jährlich. Ein wohlgesinnter Präsident, der Israel als Bereicherung und nicht als Verhängnis betrachtet, ist hier ausschlaggebend. Jeder Versuch, den Präsidenten zu umgehen und sich direkt an den etwas geneigteren Kongress zu wenden, sowie es Netanjahu getan hat, ist eine kurzsichtige Strategie.

Netanjahu und seine rechtsnationale Bewegung sind nicht die einzigen, die so über einen Wandel im Weißen Haus denken. Die meisten Israelis teilen ihre Ansicht. Nun ja, die meisten Israelis stehen auch irgendwo auf der rechten Seite der politischen Mitte. Sie verachten Obama, der nur von einigen Teilen der israelischen Linken geschätzt wird. Viele mochten ihn von Anfang an nicht und waren wegen seines zweiten Vornamens – Hussein – misstrauisch. Die respektlose und offen feindselige Art und Weise, mit der der amerikanische Präsident den israelischen Premier bedachte, hat das nur schlimmer gemacht. Hillary Clintons enger Umgang mit Obama hilft ihr in Israel nicht. Sie und ihre politischen Ansichten waren hier unbeliebt als sie noch Außenministerin war und sie werden jetzt noch unbeliebter, da Israel mehr und mehr nach rechts zieht.

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Ihre natürliche Zugehörigkeit zu Bill Clinton – einem wichtigen Alliierten im Abschluss des Osloer Friedensabkommens, das 1993 zwischen einem, von Premier Yitzakh Rabin und seiner linksorientierten Regierung geführten Israel und einem von Yasser Arafat repräsentierten Palästina unterzeichnet wurde – hilft ihr jetzt ebenfalls nicht. Genauso wenig wie der Bill Clinton Nahost Friedensplan, der von der Regierung, die nun in Israel an der Macht ist, komplett abgelehnt werden würde. Im neuen Israel hat der Name Clinton einen schlechten Klang.

Somit entscheidet sich Israel entgegen des gängigen „Von zwei Übeln, wählt man besser das, das man schon kennt“ und lässt das bekannte Übel Clinton für das unbekannte Übel Trump links liegen. Viel ist über seine tatsächlichen Ansichten zum Thema Israel nicht bekannt. Seine wiederholte Erwähnung der Tatsache, dass seine Tochter zum Judentum konvertiert ist, ist keine Grundsatzerklärung – jedenfalls nicht, solange man nicht so naiv ist, zu glauben, dass das automatisch seine Sympathie für den jüdischen Staat ausdrückt.

Sein Anti-Islam-Statement hat eine komplexe Wirkung in Israel entfaltet. Netanjahu kritisierte Trumps Plan, alle Muslime für eine temporäre Einreise in die USA auszuschließen öffentlich – ein dringend benötigter politischer Zug für Netanjahu. Auf der anderen Seite hat Trumps offene Feindseligkeit gegenüber Muslimen ihm Unterstützung aus Israels konservativen Kreisen beschert. Israel ist viel zu beschäftigt mit seinem eigenen Rassismus – und dem Kampf dagegen. Bei der Meinungsbildung über einen Präsidentschaftskandidaten spielt das aber kaum eine Rolle.

Was noch erschwerend hinzu kommt, ist die Tatsache, dass die amerikanischen Juden, die traditionell bei den Demokraten stehen, Trump verachten. Die neue Generation der amerikanischen Juden distanzieren sich von Israel, und der jüdische Staat hat kein großes Gewicht in ihrem Wahlverhalten.

Verwirrt? Zu recht. Um das Ganze jetzt noch etwas zu verkomplizieren, hat die ultra-orthodoxe Gemeinschaft in Israel ihren eigenen Favoriten: Bernie Sanders. Nicht weil sie alle zu Sozialisten geworden sind, sondern schlicht und ergreifend, weil er Jude ist.

Zum Schluss noch ein paar gute Nachrichten für Trump: auch wenn alle amerikanischen Medien (ausschließlich Fox) sich gegen ihn stellen sollten, kann er sich noch immer auf die Unterstützung der weithin gelesenen israelischen Tageszeitung Yisrael Hayom (Israel Today) verlassen. Die Zeitung, die kostenlos an Leser verteilt wird, gehört Sheldon Adelson. Sie wurde ursprünglich gegründet, um als Netanjahus politisches Sprachrohr zu dienen. Jetzt dient sie auch Trump. Hier treffen sich die Interessen dann sicherlich.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 19.07.2016

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