Bern. Kein Einzelfall, aber erstmals gut dokumentiert: der Geschäftsführer der Schweizer Mediengruppe Ringier, Marc Walder, hat ausdrücklich erklärt, alle zu dem Unternehmen gehörigen Redaktionen beim Thema Corona auf die Regierungslinie vergattert zu haben. Und zwar nicht erst dieser Tage, sondern schon vor fast einem Jahr. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Mitschnitt einer nichtöffentlichen Online-Konferenz im Februar 2021 hervor.
Walder sagte bei dieser Gelegenheit: „Wir wollen die Regierung unterstützen, durch unsere mediale Berichterstattung, damit wir alle gut durch die Krise kommen.“ Er referierte außerdem, das zu Ringier gehörige Boulevardblatt „Blick“ habe anders als die deutsche „Bild“-Zeitung keine „wahnsinnig harte“ Kritik an den Maßnahmen der Regierung geäußert. So etwas nütze im Moment niemanden etwas. Vielmehr hätten Medien während der „Pandemie“ eine „zusätzliche Dimension an Verantwortung“ und dürften keinen Keil zwischen Staat und Gesellschaft treiben.
Von mehreren Schweizer Medien kommt jetzt geharnischte Kritik. So merkt der „Tagesanzeiger“ an, es gehe „nicht an, daß ein Manager eines Verlags die Berichterstattung über ein ganzes Themenfeld in eine bestimmte Richtung zu lenken versucht“.
Noch deutlicher wird die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ): „Was der CEO eines der größten Medienunternehmen der Schweiz da zum Ausdruck bringt, ist eine journalistische Bankrotterklärung.“
Besonders brisant: Walder argumentierte dem Mitschnitt zufolge auch mit durchsichtigen finanziellen Überlegungen. In der Schweiz, gab er zu bedenken, finde in wenigen Wochen eine Volksabstimmung über ein „Maßnahmenpaket zugunsten der Medien“ statt, womit Verlage rund 150 Millionen Euro jährlich an Subventionen erhalten würden. Ringier würde zu den Hauptprofiteuren des neuen Mediengesetzes gehören.
Ringier ist eines der größten Medienunternehmen der Schweiz und auch in zahlreichen weiteren Ländern aktiv. Über ein Joint Venture mit dem Axel-Springer-Verlag veröffentlicht Ringier auch Medien in Ungarn, Polen, Serbien und der Slowakei. (mü)
Quelle: zuerst.de vom 06.01.2022
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