Spanien weiter chaotisch: Keine Regierung in Sicht

Die spanischen Sozialisten haben den Konservativen eine Abfuhrt erteilt und werden sich nicht an einer Regierung beteiligen. Doch Premier Rajoy will sich den Realitäten nicht beugen. Zuletzt brauchte er ausgerechnet die Hilfe seines Parteifreunds Wolfgang Schäuble.

Spaniens Übergangs-Premier Mariano Rajoy.(Foto: dpa)

Spaniens Übergangs-Premier Mariano Rajoy.(Foto: dpa)

In Spanien zeichnet sich noch immer kein Ende der seit mittlerweile sieben Monaten andauernden politischen Hängepartie ab. Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) will dem amtierenden konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy keine zweite Amtsperiode ermöglichen: „Wir werden in einer Vertrauensabstimmung mit Nein stimmen“, betonte PSOE-Chef Pedro Sanchez am Donnerstag. Zuvor hatte sich der Chef der liberalen Bürgerplattform Ciudadanos, Albert Rivera, nach Sondierungsgesprächen beim König dafür ausgesprochen, eine Dreier-Koalition aus Konservativen, Sozialisten und seiner liberalen Bewegung zu schmieden. Notfalls solle Rajoy zurücktreten, um den Weg dafür frei zu machen, sagte Rivera vor Journalisten.

Ohne Hilfe der Sozialisten müsste Rajoy seine Hoffnung aber wohl begraben, eine Mehrheit im Parlament für eine zweite Amtsperiode zu zimmern. Die Sozialisten sind in einer Schlüsselposition: Sie könnten mit ihren 85 Abgeordneten im Parlament zum Königsmacher für Rajoy werden, dessen Volkspartei mit 137 Mandaten die stärkste Fraktion stellt. Rajoy wollte am späten Nachmittag bei König Felipe vorsprechen.

Die Zeit für eine Regierungsbildung drängt, denn die Frist zur Verabschiedung eines Haushalts für das Jahr 2017 läuft Ende September ab. Daher dürfte der Druck auf die Parteien und insbesondere auf die Sozialisten steigen, doch noch eine tragfähige Regierung zu ermöglichen. Die Neuwahl im Juni war notwendig geworden, weil sich die rivalisierenden politischen Lager nach dem vorherigen Urnengang im Dezember wegen ideologischer Gräben auf keine Koalition einigen konnten.

Spanien konnte in dieser Woche um Haaresbreite eine Strafe der EU für das zu hohe Defizit vermeiden. Ausschlaggebend für den Verzicht der EU-Kommission soll Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gewesen sein. Politico berichtet, Schäuble habe der Kommission signalisiert, keine Strafe zu verhängen – wohl, um die Lages seines Parteifreunds Rajoj nicht noch weiter zu verschärfen. EU-Präsident Jean-Claude Juncker soll die Intervention Schäubles mit den Worten zur Kenntnis genommen haben, man wolle nicht päpstlicher sein als der Papst.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 29.07.2016

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