GEHEIMDIENST MIT – Erdogans Agenten bedrohen Türken in Deutschland

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Ankara hat in Deutschland 6000 Informanten – ein größeres Agentenheer als einst die Stasi und setzt damit Deutschtürken unter Druck. Abgeordnete fordern eine Überprüfung der Geheimdienst-Kooperation.

Von Thorsten Jungholt,Martin Lutz,Uwe Müller,Daniel Friedrich Sturm

Die Praktiken des türkischen Geheimdienstes MIT in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen die deutsche Politik. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags fordert von der Regierung Auskunft darüber. Er werde das Thema unmittelbar nach Ende der Sommerpause auf die Tagesordnung setzen, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele der „Welt am Sonntag“.

Es gebe „unglaubliche geheime Aktivitäten“ des MIT. Verfassungsschutz, BND und Polizei müssten dringend ihre Kooperation mit der Türkei überprüfen. „Sonst laufen sie Gefahr, bei strafbaren Handlungen mitschuldig zu werden“, sagte Ströbele.

Auch der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Clemens Binninger (CDU), will die Kooperation mit dem MIT schnell auf die Agenda setzen: „Die jüngsten Ereignisse in der Türkei haben nicht nur Auswirkungen auf die Sicherheitslage, sondern möglicherweise auch auf die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste.“

Geheimdienstexperte: Größeres Agentenheer als die Stasi

Tatsächlich sind die Aktivitäten des MIT in Deutschland weit umfangreicher als bisher bekannt. Ein Sicherheitspolitiker sagte, der MIT verfüge neben einer großen Zahl hauptamtlicher Agenten bundesweit über ein Netz von 6000 Informanten. Somit käme ein Zuträger auf 500 türkischstämmige Bürger.


„Hier geht es längst nicht mehr um nachrichtendienstliche Aufklärung, sondern zunehmend um nachrichtendienstliche Repression“, sagte der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom. Die Überwachungsdichte sei enorm: „Selbst der Stasi ist es nicht gelungen, in der Bundesrepublik ein so großes Agentenheer aufzubauen.“

Streit gibt es in der Bundesregierung über die türkische Unterstützung für Islamisten in der Region. Der parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU) bekräftigte die Einschätzung des Bundesinnenministeriums, wonach die Türkei eine „zentrale Aktionsplattform“ für islamistische und terroristische Organisationen ist.


Hinweise auf türkische Hilfen für Terror-Gruppen

Nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ liegen der Regierung seit JahrenHinweise auf türkische Hilfen für terroristische Gruppierungen vor. Schröder verlangte Konsequenzen: „Das EU-Türkei-Abkommen ist nach wie vor richtig und notwendig, um den Flüchtlingszustrom zu begrenzen. Sich alleine auf die Türkei zu verlassen, wäre problematisch.“

Die SPD dagegen wirft dem Innenministerium vor, mit einer kritischen Haltung zur Türkei Wahlkampf zu betreiben. „Unter öffentlichem Applaus die Türkei zu kritisieren, ersetzt noch lange keine Außenpolitik“, sagte der SPD-Außenexperte Niels Annen. Außenminister Steinmeier (SPD) und Kanzlerin Merkel (CDU) müssten mit der Türkei reden, um Einfluss zu nehmen.

„Herr de Maizière hat dagegen den Luxus, sich auf öffentliches Kommentieren beschränken zu können.“ Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour kritisierte, die Koalition arbeitete in der Außenpolitik gegeneinander: „Herr de Maizière spricht Klartext, Herr Steinmeier schwurbelt, Frau Merkel schweigt, wie fast immer.“ Diese „parteipolitischen Spielchen“ seien gefährlich; es schwäche Deutschlands Einfluss, „wenn die Regierung nicht mit einer Stimme spricht“.

Quelle: Welt-online vom 21.08.2016

 

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