Europa: Petro der Große – Warum kein noch so großer Skandal den ukrainischen Präsidenten zu Fall bringt

 

Poroschenko während der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Alliirten-Landung in Normandie in Frankreich am 28.05.2016, zwei Tage nach seiner Wahl zum Präsidenten der Ukraine

Poroschenko während der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in Normandie in Frankreich, zwei Tage nach seiner Wahl zum Präsidenten der Ukraine

Trotz schlechter Umfragewerte und belastenden Materialien, die an die Öffentlichkeit gelangt sind, muss sich der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wenig Sorgen um seine politische Zukunft machen.

von Wladislaw Sankin

Es gibt Glückspilze, denen im Leben so wirklich alles zufällt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ist von dieser Sorte.

Der Sohn eines Fabrikdirektors, der als „Schlitzohr“ galt und Gerüchten zufolge bereits zu Sowjetzeiten durch Transaktionen innerhalb rechtlicher Grauzonen ein Vermögen gemacht haben soll, studierte nicht von ungefähr auf der Fakultät für Internationale Beziehungen in der Kiewer Taras-Schewtschenko-Universität das damals prestigeträchtigste Fach, Internationale Ökonomie.

Noch als Student heiratete er die attraktive Maryna, die standesgemäß aus einer Diplomatenfamilie stammt. Mit ihr hat er vier Kinder, das älteste von ihnen sitzt bereits als Abgeordneter im Parlament. Auch soll Poroschenko noch vor Abschluss seiner Studien in den späten Achtzigern als Kakaogroßhändler den Grundstein für ein sagenhaftes Vermögen in Höhe von derzeit geschätzt einer Milliarde Dollar gelegt haben. Gemessen daran, dass er noch während seiner Militärzeit 1984 bis 1986 nach einer Prügelei in die Weiten der kasachischen Steppe abkommandiert wurde, ein durchaus eindrucksvoller Aufstieg.

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Auch der Ruhm in der Wissenschaft ist nicht an ihm vorbeigegangen: 2002 promovierte er in Internationalem Recht. Heute ist er Präsident eines Landes mit 45 Millionen Einwohnern, das seit zweieinhalb Jahren nicht mehr aus den Schlagzeilen kommt.

Präsident Poroschenko mit Präsident Obama in Warschaw am 04.06.2014.
Präsident Poroschenko mit Präsident Obama in Warschaw am 04.06.2014.

Ehrgeiz und Geschäftstüchtigkeit allein reichen für einen solchen Aufstieg jedoch nicht aus, schon gar nicht in der Ukraine. Schauspieler muss man sein, die Fähigkeit besitzen, jeden gewünschten Tanz vor den noch Mächtigeren aufzuführen. Das war und ist es aber auch, was Petro Poroschenko in die Kreise der „Freunde des Westens“ beförderte. Und dieser Status macht ihn bis heute immun gegen die Widrigkeiten ungewisser politischer Entwicklungen in einem unstabilen Land.

Der so genannte Schoko-König, wie ihn seine Landsleute nennen, ist in der Tat die Krone eines komplizierten und sehr landesspezifischen Oligarchensystems, das sich in der Ukraine seit dem Zerfall der Sowjetunion entwickelt hatte. Seit dem Jahr 1998 ist Poroschenko politisch aktiv, er war einer der Mitbegründer ausgerechnet der Partei der Regionen, bekleidete seit dieser Zeit mehrere Ministerposten, unter anderem während der Präsidentschaft des vom Westen im Vorfeld des Maidan zur Inkarnation des Leibhaftigen persönlich gestempelten Viktor Janukowytsch.

Poroschenko wusste jedoch auch stets um die Wichtigkeit des vorpolitischen Raumes. In allen seinen politischen Funktionen war ihm seit 2003 sein eigener Fernsehkanal „Pyatyj Kanal“ behilflich. Dieser wurde auch zu einem der Hauptsprachrohre der „Orangenen Revolution“ und „Euromaidan“. Letzterer sollte ihm endgültig den Weg zur Macht ebnen.

Normalerweise steht das Wort „Oligarch“, das für die Verknüpfung zwischen wirtschaftlicher Macht und Politik steht, ein wenig im Verruf. Doch als Petro Poroschenko unter dem Beifall des Westens im Mai 2014 zum Präsidenten gewählt wurde – und damit immerhin einen ersten Schritt zur Legalisierung eines illegalen Machtwechsel vollendete -, sinnierte man in westlicher Presse, ob es denn nicht besser wäre, ihn als Unternehmer zu bezeichnen. Klang ja auch gleich besser. Wenn er aber als Oligarch bezeichnet werden sollte, dann doch als solcher, der kein Oligarch mehr sein wolle. Denn der „Kampf gegen Korruption“ hatte in seinem Programm einen ähnlich prominenten Rang eingenommen wie jener gegen die „russische Aggression“.

Kiewer Torte, das Produkt des Süßwarenherstellers "Roschen", der Poroschenko gehört.
Kiewer Torte, das Produkt des Süßwarenherstellers „Roschen“, der Poroschenko gehört.

Ersteres war vor allem ein Signal an potenzielle US-amerikanische Investoren, die nicht gerne die Katze im Sack kaufen wollten, Letzteres das ideale Lockmittel für kulturkämpferische Ideologen in Europa, die teilweise tatsächlich an ihre eigene Propaganda glauben, sich auf einem Kreuzzug für die „liberale Demokratie“ zu befinden.

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Unmittelbar nach seiner Wahl stieg Poroschenko in der Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt entsprechend auch zum Newsmaker Nummer eins auf. In regelmäßigen Abständen produzierte er Räuberpistolen über von ukrainischen Kriegern vernichtete russische Panzerkolonnen, die sich unmittelbar darauf in Luft aufgelöst hätten, bezichtigte Russland aller erdenklicher Verbrechen und schwadronierte über die Entschlossenheit aller Ukrainer, „mit dem Westen zu gehen“. Nachrichten dieser Art hatten innerhalb der westlichen Eliten Hochkonjunktur, zumal in den eigenen Ländern das Publikum an den allzu holzschnittartigen Heldensagen über den „Euromaidan“ zu zweifeln begann.

Vielen blieb daher auch sein Auftritt in Davos im Januar 2015 in Erinnerung, als Poroschenko den beschädigten Teil eines Busses als Beweis für die vermeintliche russische Bösartigkeit in der Hand hielt. Die Explosion, die zum Tod der 12 Businsassen im ostukrainischen Wolnowacha führte, wurde übrigens bis jetzt nicht aufgeklärt. Poroschenko erntete aber auch dafür Applaus, denn der Westen glaubt zu gerne an die Darstellungen, an die er auch tatsächlich glauben will.

Allerdings muss man das Talent des ukrainischen Präsidenten, ohne mit der Wimper zu zucken so schamlos lügen zu können, auch neidlos anerkennen. Und wenn keiner der Adressaten, der Mächtigen im Westen, nachfragt, warum auch nicht? Er spielt passgenau seine Rolle in der westlichen Geostrategie und das ist es, was ihm den universalen Freifahrtsschein sichert – selbst wenn die eigene Presse nachfragen sollte.

Selbst Peinlichkeiten wie die Veröffentlichungen der Panama-Papers am 9. Mai 2016, mittels derer die Aufmerksamkeit auf internationale Steuerhinterziehung im großen Ausmaß gelenkt werden sollte, konnten ihm nicht schaden. Mögen auch Poroschenkos Briefkastenfirmen wie die Prime Asset Partners Ltd. ans Licht gekommen sein, die nach seinem Ablegen des Präsidenteneids in Offshore-Zonen registriert wurden: Kein Vertreter der deutschen Presse nahm ihm das wirklich übel.

Villa von Poroschenko bei Kosin. Das Standbild aus dem Drohnenvideo, das der jetzige Generalstaatsanwalt Igor Lutzenko Oktober 2015 auf Youtube veröffentlichte.
Villa von Poroschenko bei Kosin. Das Standbild aus dem Drohnenvideo, das der jetzige Generalstaatsanwalt Igor Lutzenko Oktober 2015 auf Youtube veröffentlichte.

In anderen Ländern ist man jedoch aufseiten der Medien bisweilen anspruchsvoller. Seriöse Businessportale leiteten umfangreiche Recherchen ein. Am 29. August publizierte das kostenpflichtige Internetmagazin einen Longread-Artikel des Titels „Poroschenkos Imperium – Geschäfte machen als ukrainischer Präsident“. Darin wurde minuziös dargestellt, wie geschickt Poroschenko über mehrere Tarnunternehmen Geldströme am ukrainischen Budget vorbei leitet.

Das Autorenteam thematisierte auch illegale Waffengeschäfte der von Poroschenko kontrollierten Rüstungsfirmen. Zudem brachte man Licht in ein System, innerhalb dessen Anteilseigner aus seinem Klan wie Igor Kononenko oder Oleg Gladkowski die politischen Schaltstellen besetzen und für seine Holdings und Banken richtige Entscheidungen durchdrücken.

Dabei stützten sie sich u.a. auf die Recherchen des „Stars“ unter den ukrainischen Enthüllungsjournalisten, dem Rada-Abgeordneten des „Blocks Petro Poroschenko“, Sergiy Leschchenko, der sich über den Chef seiner Partei wenig schmeichelhaft äußerte:

Die Korruption in der Ukraine ist tief verwurzelt und endemisch. Aber statt zu versuchen, sie mit der Wurzel auszureißen, ließ sich Poroschenko selbst in dieses System tief integrieren und steuert es nun zu eigenen Gunsten.“

Was die Autoren nicht erwähnen konnten, ist, wie der investigative Saubermann Leschchenko im September selbst „Opfer“ einer Enthüllung wurde, wonach er eine Luxus-Wohnung in Kiews Zentrum mit Geld aus unklarer Herkunft kaufte. Aber das ist nur am Rande.

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Es ist aber sehr fraglich, dass diese Enthüllungen, die nun einem kleinen, aber einflussreichen Kreis von Lesern aus der westlichen Geschäftswelt bekannt sind, tatsächlich zu Ungunsten Poroschenkos umschlagen werden. Zu wichtig ist seine Rolle für die politische Klasse des Westens. Und sie ist noch bei weitem nicht zu Ende gespielt.

Präsident Poroschenko und Kanzlerin Merkel in Brussel am 30.08.2014.
Präsident Poroschenko und Kanzlerin Merkel in Brussel am 30.08.2014.

Aus der Sicht derjenigen, die ihm zur Macht verholfen haben, erfüllt er seine Funktion mehr als erfolgreich. Am 28.August wurde doch tatsächlich jene Version des MH-17-Abschusses im Abschlussbericht durchgedrückt, die er bereits wenige Minuten nach dem Absturz verlautbart hatte. Diese Version rechtfertigte damals die Sanktionen gegen Russland und wird womöglich auch noch weitere rechtfertigen.

Sein Land wird mit einem solchen Präsidenten mit allen legalen Mitteln an die NATO herangeführt, die Bevölkerung wird im Eiltempo mithilfe der allgegenwärtigen NGOs von den Rudimenten der „nicht fortschrittlichen“ russischen Mentalität gesäubert und das Land so auch noch für die letzte Privatisierungsrunde bezüglich der verbliebenen Aktiva des Landes fitgemacht.

Das Einzige, was dazu noch fehlt, ist, die noch vorhandene Konkurrenz aus den Reihen der ukrainischen Oligarchen zu beseitigen. Dieses Problem zu lösen, steht noch bevor. Aktuell ist Poroschenko mit seinen Schauspielkünsten das ideale Faktotum zur Umsetzung von Propaganda-Zielen, wenn in den Westmedien wieder einmal ein gewünschtes Bild der Ukraine produziert werden muss.

Dass sich der Lügenprofi Petro Poroschenko, der vor seiner Wahl zum Präsidenten dem Osten des Landes Frieden versprochen hatte, dort längst den wenig schmeichelhaften Beinamen „Petro der Blutige“ eingehandelt hat, will im Westen keiner wissen. Ebenso wenig, dass er aus Profitgier die Gesetze seines Landes verletzt.

Genauso irrelevant sind seine Umfragewerte und die damit verbundene Politikverdrossenheit der Ukrainer: Solange die Westmedien gut auf den Präsidenten und seine Entourage zu sprechen sind, dürfen diese sich sicher fühlen. Poroschenkos Schauspielkünste werden noch benötigt.

Die Frage ist nur, welcher Beiname sich für Poroschenko in der Geschichte durchsetzen wird: „der Große“ oder „der Blutige“?

Quelle: Russia Today (RT) vom 04.10.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Die ganze Welt weiss doch von wem der Schokokönig mit seinen Schmalzlocken unterstützt wird. Solange der macht was die Amis wollen passiert ihm nichts.
Der verrät lieber sein Volk. Ein ekelhafter Typ.