Deutschland mitverantwortlich für das Blutvergießen in Syrien

Die Fotos suggerieren Solidarität mit Flüchtlingen - doch gerade Bundeskanzlerin Angela Merkel trägt Mitverantwortung für das Blutvergießen in Syrien.

Die Fotos suggerieren Solidarität mit Flüchtlingen – doch gerade Bundeskanzlerin Angela Merkel trägt Mitverantwortung für das Blutvergießen in Syrien.

Auch die Bundeswehr beteiligt sich aktiv am Krieg in Syrien. Wenn Angela Merkel heute das Leid der Zivilbevölkerung beklagt, sollte nicht außer Acht bleiben, welche Positionen die Kanzlerin seit Jahren in Bezug auf den Konflikt vertritt. Eine Chronik.

von Zlatko Percinic

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel fing die heutige Syrienkrise bereits im Sommer 2006 an, als es Israel nicht gelungen war, die Hizbollah im Libanon militärisch zu besiegen. Dabei hatte Merkel – neben George W. Bush, Tony Blair und Stephen Harper – alles auf diese Karte gesetzt. Dabei focht es sie nicht an, dass weiteres Blutvergießen im Libanon bereits nach der ersten Woche der Kämpfe hätte verhindert werden können, als die Hizbollah einen Waffenstillstand angeboten hatte.

Nun wird die deutsche Syrienpolitik aber auch von anderen Ereignissen beeinflusst, die allesamt in sehr komplexer Weise miteinander verwoben sind: Energiepolitik, US-Interessen in der Region, Israel, Libanon und Hizbollah, Iran, Russland und zuletzt auch die Türkei.

Angela Merkel wurde im September 2005 mit dem klaren Mandat zur Bundeskanzlerin gewählt, zumindest war es ihr ausgewiesenes Wahlversprechen, eine traditionell engere Beziehung zu den Vereinigten Staaten von Amerika wiederherzustellen. Natürlich freute man sich in Washington darüber, gleichzeitig zeigten diplomatische Depeschen, dass man alles andere als glücklich über die Situation im Berliner Außenministerium ist. Sowohl den mittlerweile verstorbenen Guido Westerwelle als auch den gegenwärtigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier betrachteten die USA eher als Hindernis auf dem Weg zu Merkels vollkommen harmonischer US-Beziehung.

Inhalte wie das Interview mit dem Iranexperten Johannes Reissner aus dem Jahr 2002, als in der FAZ noch Stimmen zugelassen wurden, die von der „Jetzt bringen wir die Region mal auf Vordermann“-Politik nichts hielten, sind seit Beginn der Kanzlerschaft Angela Merkels äußerst rar geworden. Kein Wunder, gehörte sie doch zu den entschiedensten Gegnern von Kanzler Schröders „Finger weg“-Politik.

Wenn Merkel also „anti-syrische Neigungen“ hegte, dann galt das ganz bestimmt auch für den Iran. Erst recht, nachdem ein millionenfach zitierter Übersetzungsfehler des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad für Furore in den höchsten Politkreisen zog und selbst heute, zehn Jahre später, nach wie vor seine Runden dreht. Die Antwort Ahmadinejads an die Bundeskanzlerin wird diese nicht großartig besänftigt haben. Die Iran-Verhandlungen in Paris, im Zuge derer Frankreich und Deutschland tatsächlich eine für alle Seiten befriedigende Lösung des iranischen Atomprogramms finden wollten, sorgten vor allem in Jerusalem für Unruhe. Iran legte damals ein einmaliges Angebot vor, welches Berlin und Paris auf Druck von Washington fallen ließen. Zusätzlich tourten Vertreter Israels ab Herbst 2005 und Anfang 2006 durch europäische Hauptstädte, Washington und Moskau, um die dortigen Regierungen davon zu überzeugen, dass das iranische Atomprogramm eine Gefahr für alle darstellte. Angela Merkel übernahm diese Rhetorik nur allzu bereitwillig.

Einen regelrechten Dämpfer verpassten der westlichen Anti-Iran-Rhetorik im Jahr 2007 ausgerechnet die US-Geheimdienste selbst. Aus ihrem jährlichen National Intelligence Estimate (NIE), einer eigentlich klassifizierten Einschätzung aller Geheimdienste für diverse Krisenherde der Welt, wurde jener Teil, in dem es um den Iran ging, an die Presse geleakt. Für die israelischen und amerikanischen Bemühungen, ein internationales Sanktionsregime gegen Teheran auf die Beine zu stellen, war die Einschätzung der Geheimdienste, Iran habe spätestens 2003 sein nukleares Waffenprogramm eingestellt, ein Desaster. Immerhin fußte ihre gesamte Rhetorik auf dieser Behauptung. Kein Wunder, dass Präsident George W. Bush diese Einschätzung als „eye-popping“, also „aufsehenerregend“ bezeichnete.

Den Nahen Osten, oder besser gesagt die Ordnung im Nahen Osten, betrachtet die deutsche Bundeskanzlerin durch israelische Linsen. Hier sind sich Berlin, London und Washington einig. Wenn es darum ging, infolge völkerrechtlich umstrittener Schritte diplomatischen Druck auf Israel auszubremsen, spielte Deutschland in den EU-Institutionen dieselbe Rolle wie die USA in den Vereinten Nationen. Es galt stets, Israels Handlungen vor jeglicher ernsthafter Konsequenz zu schützen. Wenn man in Berlin oder Washington also über Syrien, Irak oder Iran spricht, dann hört man als Zuhörer in allererster Linie die Stimme Israels und danach erst die nationalen Interessen. In Deutschland kommt noch, wie weiter oben beschrieben, eine zusätzliche Dimension hinzu. Während Merkel eher auf der US-Linie steht und keine Gespräche mit Syrien führen wollte, war Außenminister Steinmeier stets der Meinung, dass Probleme in der Region nur durch Gespräche mit allen involvierten Parteien gelöst werden können. Damit funkte der Außenminister in den Augen Washingtons in eine aus ihrer Sicht kohärente Politik hinein: Keine Gespräche mit Syrien, solange sich Syrien im Pakt mit dem Iran befindet.

Dann kam der ominöse „Arabische Frühling“ im kalten Winter Anfang des Jahres 2011, der das gesamte Machtgleichgewicht im Nahen Osten und in Nordafrika erschüttern sollte. Noch während die alten Freunde der deutschen Bundeskanzlerin in Ägypten und Tunesien, die man als jahrzehntelange diktatorische Herrscher ihrer Länder gekannt hatte, nacheinander infolge heftigster Proteste ihre Paläste räumen mussten, sprach man in Israel von einem Frieden mit Syrien. Nicht so in Berlin. Von Anfang der Proteste in Syrien an nahmen sowohl die deutsche Politik als auch die Medien eine äußerst feindselige Haltung gegenüber dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ein. Aus Mangel an Schlüsselereignissen, die eine Resolution des UN-Sicherheitsrates oder gar eine Reaktion der westlichen Koalition der Willigen unter der Doktrin des „Right to Protect“ (R2P) rechtfertigen würde, beschränkten sich die Maßnahmen bis Ende April/Anfang Mai 2011 noch auf mediale Verurteilungen.

Spätestens mit dem Auftauchen eines brutalen Videos, in welchem angeblich syrische Demonstranten von staatlichen Sicherheitsleuten mit Eisenstangen verprügelt wurden, und das vom ZDF richtiggehend ausgeschlachtet wurde, war das Schlüsselereignis da. Dass dieses aber nicht aus Syrien, sondern aus dem Irak stammte, interessierte niemanden. In einer koordinierten Absprache mit Paris, London und Washington forderten Merkel und ihre Kollegen Assad auf, zurückzutreten. Der Ruf „Assad must go!“ ist seitdem nie wieder verhallt.

Wie bereits im Libanon zehn Jahre zuvor setzte die Kanzlerin auch in Syrien von Anfang an alles auf diese Karte. Mit dem Unterschied aber, dass Deutschland offiziell keine direkt involvierte Partei im Krieg war und sich so relativ leicht aus der Affäre stehlen konnte. In Syrien sieht das Bild aber ganz anders aus. Schon seit dem Jahr 2005 unterstützt Berlin Kräfte in Syrien, die sich dem Sturz des Assad-Klans aus der Regierungsetage verpflichtet haben. Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der LINKEN stand die Bundesregierung „mit vielen Unterzeichnern“ der Damaszener Erklärung vom Oktober 2005 „in Kontakt.“ Diese Kontakte wurden auch „nach Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime“ weiter fortgesetzt, entweder am „jeweiligen Sitz der genannten Organisationen als auch bei Besuchen von deren Vertretern in Deutschland“.

Die Damaszener Erklärung war der erste Versuch der syrischen Opposition, innerhalb des Staates eine gemeinsame Basis zu finden, um den säkularen Charakter Syriens mit der wachsenden Islamisierung der Region in Einklang zu bringen. Als wichtigster Partner dieser Erklärung galt die Muslimbruderschaft, die allerdings seit ihrer Terrorkampagne gegen die Regierung Ende der 1970er Jahre, und der anschließenden völligen Zerstörung der Stadt Hama, wo die Muslimbrüder ihren Sitz hatten, in Syrien als Terrororganisation eingestuft war. Genauso gilt sie heute auch in Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten als Terrororganisation – wobei sich das von Riad aus bald ändern könnte.

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Das war auch der Grund, weshalb die Regierung von Baschar al-Assad – nach anfänglicher Duldung dieser Gruppe hinter der Damaszener Erklärung – mit den Anführern hart ins Gericht ging und viele der Mitunterzeichner einsperren ließ. Unterstützung einer Terrororganisation war nun mal ein Verbrechen, unabhängig davon, wie sehr oder wie gut den westlichen Regierungen die Vorstellung gefiel, beide Elemente innerhalb der Opposition vereint zu sehen. Dazu kam, dass der Geheimdienst kurze Zeit nach der Unterzeichnung der Erklärung einige Islamistenzellen in Damaskus sprengte, nachdem sich diese mit Waffen ausgestattet hatten.

Während also Deutschland noch Ende Dezember 2015 in einer Regierungsantwort über die Tatsache berichtet, dass die Muslimbrüder Teil der ursprünglichen Damaszener Erklärung waren, dafür aber verschweigt, dass diese bereits seit 2009 aufgrund von internen Machtkämpfen ihre Teilnahme an weiteren Projekten der Gruppe zurückgezogen hatten, sollte man sich über die Motive der Bundesregierung Gedanken machen. So wie es sich darstellt, arbeiteten Berlin, Paris, London und Washington Hand in Hand seit Jahren an einem Sturz der Regierung in Damaskus. Selbst als das 2005 begonnene Projekt mit der Zeit immer größere Risse bekam und sich die Opposition selbst zerfleischte, versuchte Berlin den Schein einer geeinten Opposition zu wahren. Durch Treffen mit verschiedenen Syrern im Exil, die über keinerlei Basis in Syrien selbst besaßen, oder Treffen mit Oppositionellen, die über eine gewisse Gefolgschaft verfügten, wurde auf eine nationale Erhebung gegen Assad geschlossen.

Das Jahr 2011 war in vielerlei Hinsicht eine historische Zeitenwende für Millionen von Menschen in einer Region, die sich immer noch nicht ihrer kolonialen Fesseln entledigen konnte. Die ersten Tage dieses Jahres waren geprägt von Massendemonstrationen in Tunesien und Ägypten, deren Schockwellen die jahrzehntelangen Diktaturen in kürzester Zeit davongeschwemmt haben. Alles, was mit diesen Diktaturen in Verbindung stand, deren Beziehung zu westlichen Regierungen, die diesen Unterdrückungsapparat mit Freude geduldet haben, die salafistische und wahhabitische Indoktrination durch Milliardenspenden und islamischen Zentren aus den Golfstaaten, all das wurde scheinbar über Nacht hinweggespült. Als Nutznießer dieser „Revolutionen“ entpuppten sich in beiden Ländern die Muslimbrüder. Ob man wollte oder nicht, die Regierungen mussten vorerst mit ihnen vorliebnehmen und formelle Beziehungen aufbauen. Deutschland nutzte dafür die nach Partei getrennten NGOs mit Büros in Ägypten, wie zum Beispiel die Friedrich-Naumann-Stiftung oder die Konrad-Adenauer-Stiftung. Immerhin stellten die Muslimbrüder eine Kette von Regierungen quer über das Rote und östliche Mittelmeer, von Tunesien und Ägypten bis hin nach Gaza, mit aktiver Unterstützung durch die Türkei und äußerst großzügiger Hilfe durch Katar.

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Mit der Eruption von Protesten in Syrien, von denen selbst das US-Geheimdienstunternehmen STRATFOR sagt, dass sie weder so groß waren, wie es in unseren Medien dargestellt wurde, noch dass der Ausgangspunkt der Gewalt bei der syrischen Regierung lag – zumal es ebenso Zeichen von einer auswärtigen Steuerung gab -, lagen die westlichen Regierungen nicht ganz daneben mit ihrer Annahme, dass auch in Syrien ein Machtwechsel zugunsten der Muslimbruderschaft stattfinden könnte. Insbesondere die Türkei, Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika setzten nach kürzester Zeit auf dieses Pferd, das den Namen „Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“ erhielt. Hätte es Washington, Ankara und Doha nicht gegeben, wäre es sehr wahrscheinlich nie zu dieser Koalition gekommen. Die Amerikaner wollten aber endlich jemanden haben, der sich als Repräsentant des syrischen Volkes ausgeben kann; die Kataris spielten in Libyen und Syrien in jener Zeit „über ihrem Kampfgewicht“, wie es US-Diplomaten ausdrückten; und die Türkei sah sich selbst als „demokratisches Modell“ für die Region, allerdings mit der Ambition, die Führungsrolle in den von Muslimbrüdern dominierten Ländern zu übernehmen. Nicht zufällig wurde deshalb diese Koalition im September 2012 in Doha ins Leben gerufen.

Die AKP-Regierung von Recep Tayyip Erdogan ist zudem auch der Hauptsponsor des Syrischen Nationalrats (NCS), dem eigentlich mächtigsten Vehikel der Opposition, welches aus dem Projekt der Damaszener Erklärung entstanden ist. Mächtig deshalb, weil der NCS über Mitglieder wie Riad Seif, Louay Safi oder Kamal Labwani verfügte, die in den USA sowohl im Kongress als auch im Pentagon sehr einflussreiche Netzwerke aufgebaut hatten. Labwani verspielte seine Legitimität in den Augen der Syrer vollends, als er im Februar 2016 in Israel zu Besuch weilte und sich dort mit einem Knesset-Abgeordneten traf, um über einen Austausch von Frieden gegen die offizielle Abtretung der von Israel 1967 besetzten Golanhöhen zu beraten. Diese sollten seiner Auffassung nach endgültig an Israel fallen.

Der NCS hätte eigentlich ursprünglich die Rolle übernehmen sollen, die ein Jahr später die in Doha gegründete Koalition eingenommen hatte, weshalb der türkische Präsident Erdogan dem NCS auch die Errichtung seines Hauptsitzes in Istanbul gestattete. Auch wenn es die Oppositionsmitglieder des NCS mit ihrem politischen Programm durchauds ernst meinten, so wurden sie und ihre Organisation von der Türkei als politischer Deckmantel ausgenutzt, um Kämpfer und Waffen aus Libyen über die sogenannte „Freie Syrische Armee“ (FSA) nach Syrien zu schmuggeln. So legte beispielsweise am 6. September 2012 die Al Entisar (arabisch für „Der Sieg“), ein unter libyscher Flagge fahrendes Frachtschiff, mit 400 Tonnen Waffen aus libyschen Beständen im türkischen Hafen Iskenderun an. Währenddessen wurde die Koalition mit Sitz in Doha von Großbritannien und Frankreich als „einzige legitime Vertretung des syrischen Volkes“ anerkannt, obwohl Deutschland und die Europäische Union nicht ganz so weit gingen – was im Falle der EU erneut zeigt, dass sie keine politische Union ist. Allerdings wurde in Berlin mit Hilfe des Auswärtigen Amtes ein Verbindungsbüro der Koalition eingerichtet, das als „erste Anlaufstelle“ für syrische Flüchtlinge fungieren und in Deutschland als Plattform zur Förderung einer „Alternative zum Assad-Regime“ dienen soll.

Im Zuge dieser „ersten Anlaufstelle“ gewährte das Bundesinnenministerium unter anderem dem Syrer Abdulkarim Hirawi problemlos Asyl und stellte ihm eine nette Wohnung in der hessischen Metropole Frankfurt am Main zur Verfügung – auf Grund eines „besonders gelagerten politischen Interesses„, wie es aus Berlin heißt. Zusammen mit seiner „Syrischen Menschenrechtsliga“ (Syrian Human Rights League) soll er in sozialen Netzwerken nach möglichen Kriegsverbrechern Ausschau halten, die für die Regierung in Damaskus gekämpft haben und zwischenzeitlich nach Deutschland geflohen sind. Doch laut BKA-Angaben habe sich noch kein einziger Fall ergeben, bei dem es einen „erhärteten Tatvorwurf“ gegeben hätte. Und während sämtliche deutsche Medien die von Hirawi betriebene „Syrische Menschenrechtsliga“ erwähnen, hat sich vermutlich niemand die Mühe gemacht, diese Organisation etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn hätte man es gemacht, wäre aufgefallen, dass diese „Menschenrechtsliga“ in Wahrheit eine One-Man-Show ist und über keinerlei Gefolgschaft oder Einfluss in Syrien verfügt.

Die deutsche Regierung von Kanzlerin Angela Merkel unterstützte aber nicht nur die obskure syrische Koalition, um eine „Alternative zum Assad-Regime“ zu fördern. Deutschland, zusammen mit Ländern wie Kanada, USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Türkei, Saudi Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Jordanien, bildeten vielmehr eine kriminelle Vereinigung, die sich euphemistisch „Freunde des syrischen Volkes“ nennt. Kriminell deshalb, weil diese Länder in aller Öffentlichkeit die Zerstörung eines souveränen Staates planen und ausführen – und dabei billigend tausende unschuldige Todesopfer in Kauf nehmen. Die Zerstörung des Staates und das dabei entstandene Blutbad werden wie bereits zuvor in Libyen – auch dort nannte man sich bereits „Freunde Libyens“ – der Staatsführung angelastet. Und das alles nur, um sich strategischen Einfluss und Milliardenumsätze aus dem Wiederaufbau zu sichern. Man könnte dieses Verbrechen auch als Neokolonialismus bezeichnen.

Im Rahmen dieser neokolonialistischen Vereinigung, die sich dazu noch „Freunde des syrischen Volkes“ nennt, haben die teilnehmenden Länder auch entsprechende Aufgaben übernommen, um am Ende das versprochene Stück vom Kuchen zu erhalten. Deutschland ist zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten für die „Arbeitsgruppe Wirtschaftlicher Wiederaufbau und Entwicklung“ zuständig, wo man seit Mai 2012 Workshops zu diesem Thema in Berlin und Abu Dhabi durchführt. Interessant ist vor allem, wer alles an diesen Workshops teilnimmt: Länder, die ansonsten nicht im Fokus der Medien stehen, wenn es um den gewaltsamen Sturz von Präsident Baschar al-Assad geht, wie zum Beispiel Zypern, Slowenien, Kroatien, Montenegro, Mazedonien, Ungarn, Südkorea, Thailand, Sambia, und noch viele mehr. Darunter auch solche Länder, deren Neutralität in der Verfassung verankert ist, wie Österreich und die Schweiz. Sie alle planen den „Wiederaufbau“ von Syrien in diesen Workshops, während in anderen „Arbeitsgruppen“ der „Freunde des syrischen Volkes“ die Zerstörung des Landes vorbereitet wird.

Zudem hat Deutschland mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA im Jahr 2013 den „Wiederaufbaufonds“ Syria Recovery Trust Fund (SRTF) gegründet, welcher „Projekte zur Versorgung der Menschen in Syrien mit grundlegender Infrastruktur“ finanzieren soll. Hier verschleiert das Auswärtige Amt absichtlich das Zielgebiet, in welchem die vom SRTF finanzierten Projekte realisiert werden sollen. Während die Bezeichnung „Projekte zur Versorgung der Menschen in Syrien“ einen humanitären Ansatz suggerieren soll, bei welchem alle Menschen in Syrien von deutschen und anderen Steuergeldern Hilfe erwarten dürfen, gestaltet es sich in Wirklichkeit ganz anders.

Der SRTF unterstützt nämlich ausschließlich Projekte, die in Gebieten unter Kontrolle der zahlreichen syrischen Rebellengruppen stehen. Damit soll diesen Menschen ein zusätzlicher Anreiz geboten werden, sich für die „Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“ als alleinige Repräsentantin zu entscheiden. Der genaue Wortlaut der Bundesregierung dazu lautet:

Deutschland leistete zwischen 2013 und 2015 Hilfslieferungen an gemäßigte Kräfte der Opposition mit dem Ziel, den Aufbau von Strukturen zu unterstützen, die in den nicht vom Regime kontrollierten Gebieten Syriens für die Bevölkerung grundlegende öffentliche Dienstleistungen und Schutz anbieten.

Um dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, sitzt die „Interimsregierung der syrischen Nationalen Koalition“ als „Mitglied der Steuerungsgremien des SRTF“ fest im Sattel. Was aber noch weit schockierender ist, und was jegliche Aussagen über die vermeintliche Sorge der Europäischen Union gegenüber dem Leid der Menschen in Syrien Lügen straft, ist die Sanktionspolitik der EU.

Wie es bereits auf der eigenen Internetseite heißt, werden Sanktionen nicht etwa im eigentlichen Sinne des Wortes eingesetzt, sondern als Mittel „zur Erreichung der außenpolitischen Ziele der EU“. In der umfassenden Liste der Sanktionen der EU gegen Syrien wird den Mitgliedsstaaten sämtlicher Handel mit, von und für Syrien untersagt, solange am Ende eine staatliche Agentur betroffen ist. Sobald aber derselbe Geschäftsvorgang mit jemand anderem als einer offiziellen staatlichen Agentur vorgesehen ist, könnte dieser trotz Sanktionen durchgeführt werden. Einzige Voraussetzung: Die „Syrische Nationale Koalition“ wird vom entsprechenden EU-Mitgliedsstaat angefragt und erteilt deren Genehmigung. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass die EU dieser Koalition, die durch Saudi-Arabien, Katar und die Türkei dermaßen korrumpiert wurde – was auch der syrische Oppositionspolitiker Michel Kilo massiv kritisiert –, dass nach nur sieben Monaten im Amt der Präsident der Koalition, Moaz al-Khatib voller Abscheu zurückgetreten ist, ein Vetorecht innerhalb des Entscheidungsprozesses der Europäischen Union im Umgang mit Syrien gewährt hat.  In diesem Sinne hielt die EU mit einer Resolution vom 13. September 2012 also fest, dass Baschar al-Assad nicht mehr als Präsident des souveränen syrischen Staates zu betrachten sei und stattdessen der Weg des durch den deutschen Think Tank Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) erarbeiteten Projektes „The Day After“ gegangen werden soll.

Kein Wunder, dass Zeit Online im Juli 2012 erwartungsfroh titelte: „Das neue Syrien kommt aus Wilmersdorf„. Damit einhergehend war auch impliziert, dass das alte Syrien dem neuen zuerst weichen musste. Und das wiederum bedeutet, dass die Bundesrepublik Deutschland sehr viel tiefer und aktiver in das blutige Geschäft des Regimewechsels in Damaskus involviert ist, als es die meisten wahrhaben möchten.

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Das alles interessiert diese machtgeile Schnecke nicht.

Birgit
Birgit
7 Jahre zuvor

Aber Syriens Kollateral wird sie interessieren müssen.