Hexenjagd in Indien: Mob prügelt fünf Frauen zu Tode

 

Polizeibeamte sprechen mit Dorfbewohnern von Kanjia: In der Nacht zum Samstag ermordete dort ein Mob fünf Frauen, denen "Hexerei" vorgeworfen wurde
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Polizeibeamte sprechen mit Dorfbewohnern von Kanjia: In der Nacht zum Samstag ermordete dort ein Mob fünf Frauen, denen „Hexerei“ vorgeworfen wurde

Ein Mob hat am Freitag im indischen Dorf Kinjia Jagd auf Frauen gemacht und sie zu Tode geprügelt – wegen angeblicher Hexerei. Die Zahl solcher Taten nimmt zu.

Bewohner des Dorfes Kinjia im Osten von Indien haben fünf Frauen wegen angeblicher Hexerei getötet. Die Ortschaft liegt circa 40 Kilometer von der Millionenstadt Ranchi entfernt. Laut Polizeisprecher im östlichen Bundesstaat Jharkhand trieb ein Mob die Frauen am Freitag gegen Mitternacht aus ihren Hütten und erschlug sie mit Stöcken und Eisenstangen.

Nach Erkenntnissen der Polizei machten die Dorfbewohner die fünf Frauen für mehrere Unfälle und Missgeschicke verantwortlich sowie für den Tod eines Kindes in der vergangenen Woche.

Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 24 Menschen im Zusammenhang mit den Morden fest. Die Regierung des Staates Jharkhand verurteilte das Verbrechen. In aufgeklärten Zeiten sei solch ein Vorfall traurig und die Gesellschaft müsse darüber nachdenken, hieß es in einer Erklärung.

An mehreren Stellen des Dorfes waren am Samstagmorgen noch die Blutspuren zu sehen
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An mehreren Stellen des Dorfes waren am Samstagmorgen noch die Blutspuren zu sehen

In manchen Teilen Indiens ist der Glaube an Hexen und okkulte Kräfte bis heute verbreitet. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Angriffen auf Frauen, denen schwarze Magie vorgeworfen wird. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl solcher Vorfälle sogar.

Erst Ende Juli war im indischen Bundesstaat Assam eine 65-jährige Frau als Hexe beschuldigt und ermordet worden. Ein Mob von geschätzt 200 Menschen hatte die Frau in der Nacht aus ihrem Haus gezerrt, entkleidet, misshandelt und am Ende geköpft. 16 Personen wurden verhaftet.

Ein prominentes Opfer wählten die selbsternannten Hexenjäger im Oktober 2014. Die erfolgreiche Speerwerferin Debjani Bora wurde ebenfalls in der Provinz Assam der Hexerei beschuldigt: Dorfbewohner zerrten sie aus ihrem Haus und in einen örtlichen Tempel. Die folgenden Misshandlungen überlebte Bora mit Glück – und schwer verletzt.

Zwischen 2000 und 2012 wurden laut indischer Kriminalstatistik mindestens 2100 Frauen wegen Hexerei-Vorwürfen ermordet. Die Dunkelziffer dürfte allerdings erheblich höher liegen. Darauf weist eine Studie aus dem Jahr 2013 hin, derzufolge zahlreiche Fälle nicht als Hexenmorde behandelt, sondern als andere Delikte verbucht werden. Allein in der Provinz Jharkhand, wo nun der aktuellste Fall stattfand, wurden im vergangenen Jahr 54 Frauen zu Opfern hexenjagender Mörder-Meuten.

Wie weit der Aberglaube geht, dokumentierte im Oktober 2013 ein Vorfall im Dorf Shivni. Nachdem dort eine Frau erkrankte, befand ein örtlicher Schamane, das sei auf Hexerei zurückzuführen. Er entschied, dass sich deshalb alle Frauen des Dorfes einer Hexen-Probe unterziehen müssten. Von den 30 Frauen, denen er ein Gebräu verabreichte, starben 25.

pat/AFP/AP

Quelle: Spiegel-online vom 08.08.2015

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