Die Stadt, der Müll und der Tod

staatslehre

Seltsame Dinge ereignen sich im Osten Deutschlands. Im Februar 1945, drei Monate vor dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau bekanntem Kriegsende-Termin, wird Dresden samt Einwohnern und Flüchtlingen bombardiert. Seitdem sinnieren die Dresdner darüber, ob der Luftangriff unbedingt hätte stattfinden müssen oder ob die Alliierten den Krieg auch ohne die Zerstörung Dresdens gewonnen hätten, um die Dresdner von den Nazis zu befreien, falls überhaupt.

Immerhin ist Coventry, die Stadt der Rache, Dresdens erste Partnerstadt. Für das dresdenhaft atombombenzerstörte Hiroshima hat es nicht gereicht. Die deutsche Partnerstadt Hiroshimas wird das klassenfeindliche Hannover in der BRD vor der Wiedervereinigung.

Die Dresdner, die alljährlich im Februar des großen Luftangriffes gedenken, sind sich noch heute nicht einig darüber, ob sie die damalige Zerstörung à la Coventry redlich verdient haben oder nicht. Zur guten DDR-Zeit spricht man über den imperialistischen Bombenterror (dieser Gedenkstein ist noch nicht entsorgt), da die Sowjetunion keine Angriffe auf Dresden geflogen hat.

Die historischen Ereignisse in Dresden vor drei Generationen sind somit nicht aufgearbeitet, rumoren noch. Jede Änderung des gefühlten Status quo wird argwöhnisch beäugt und bekämpft. Der Gedenkkampf ist kurz vor dem Ableben der letzten Zeitzeugen voll entbrannt.

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Die Weltgeschichte ist das Weltgericht. Es gibt Kriege, an die vor drei Generationen noch niemand gedacht hat. So der Krieg in Syrien mit wechselnden Akteuren, unter denen gewöhnlich die Zivilbevölkerung leidet. Das Weltgericht hat sich für die nordsyrische Stadt Aleppo als Symbol des Krieges entschieden. Zufällig oder nicht lebt ein Deutsch-Syrer in Dresden, der sich zum Künstler berufen hält. Er überzeugt die Dresdner Stadtoberen, zentral und öffentlich der Leiden von Teilen Aleppos und seiner Bewohner zu gedenken. Da das Unterfangen nicht den finanziellen Rahmen sprengt, ist die Stadt einverstanden: Man wird am Tag des imperialistischen Bombenterrors zusätzlich des postkommunistischen russischen, des Assad-irano-schiitischen, des demokratischen, des Rebellen- und des islamistischen Terrors gedenken. Jedem steht es frei, an den gemeinsamen Gedenkveranstaltungen teilzunehmen oder auch nicht und der Toten, Verwundeten, Überlebenden, Siegern und Helden zu gedenken, die ihm*r zusagen.

Das Foto der senkrecht stehenden Bussen hat der deutsch-syrische Künstler in einer englischen Zeitung gefunden, die für ihre alternativen Wahrheiten bekannt ist. Das ist nicht weiter schlimm, da in Dresden so gut wie niemand imstande ist, den Guardian richtig zu lesen. Der Guardian bringt einen Artikel über Aleppo. Das Foto auf der ersten Seite zeigt drei nebeneinander hochstehende Busse, die ihre Unterseite dem Betrachter präsentieren. Irgendwo im Text oder anderswo oder auch überhaupt nicht wird erläutert, dass die ausrangierten Busse dazu dienen, Scharfschützen an ihrer gefährlichen Arbeit zu hindern. Der Künstler, der die Gunst der Stunde ergreift, sich einen Namen in Deutschland, in Europa und in Syrien zu machen, erkennt sofort seine Chance! Die Busse dienen dem Schutz der Zivilbevölkerung! Die Bevölkerung kann sich ungestört hinter den Bussen bewegen, ohne erschossen zu werden. Zumindest können dort die lebenden Zivilisten flanieren, um sich durstig mit trockener Kehle und hungrig mit knurrendem Magen zu bewegen, auf dass sie nicht vor Kälte erfrieren.

Die Dresdner Stadtverwaltung ist entzückt und besorgt schnell drei Busse, die wegen neuer Stickoxidoberwerte nach dem VW-Skandal nicht mehr verkehrstauglich sein sollen. Dafür zahlt das Land einen fetten Bonus, an dem die Stadt gut verdient. Die drei Busse werden gemäß dem Zeitungsbild so aufgestellt, dass sie den Blick auf die neuerrichtete Frauenkirche versperren, Zusätzlich wird etwas Hausmüll vor den Bussen drapiert, um die Szene realistisch wirken zu lassen.

Nicht alle Dresdner sind vom Arrangement begeistert. Sie drucksen und stottern, weil ihnen die Wahrheit nur stockend über die Lippen kommt. Sie sehen die narrative Einzigartigkeit der Zerstörung Dresdens gefährdet. Sie wollen nicht mit Aleppo verglichen werden. In ihrer Borniertheit bemerken sie nicht einmal, dass sie einem Hoax aufsitzen.

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Irgendjemand hat wider Erwarten den Guardian gelesen und verstanden und sich das Zeitungsfoto genau angesehen. Auf der Spitze der verbundenen und aufrecht stehenden Busse ist schwach aber eindeutig eine Fahne zu sehen, die einer Befreiungsbewegung zuzuordnen ist, die mit der Terrororganisation Al-Quaida liiert ist. Das Foto des Künstlers aus Dresden hat dieses irrelevante Detail versehentlich abgeschnitten. Sofort erhebt sich die Diskussion, ob die Busse die Zivilbevölkerung oder eher die scharf schießenden Terroristen der Al-Quaida schützen. Sollen etwa Kämpfer und Zivilisten, die sich vor den Bussen bewegen, gefahrlos eliminiert werden? Diese Fragen werden auf Wunsch von oben (Dresden) und ganz oben (Berlin) Trump-mäßig kupiert und aus den Journalen verbannt. Schließlich hat niemand in der gesamtdeutschen Republik ein Interesse an einem volkseigenen Aufstand außerhalb der Hauptstadt der Bewegung.



Trotz gelungenem Rede- und Denkverbot vor, hinter und um dem Terror-Mahnmal herum, sind die drei Öl verlierenden Busse vor der Frauenkirche für Menschen, die der der Reflexion mächtig sind, ein unangenehmes Erlebnis. Das Narrativ der Einzigartigkeit der Zerstörung Dresdens ist auf immer zerstört. Der öffentliche Raum im touristischen Zentrum der Stadt hat seine Unschuld verloren. Zukünftig können Links- bis Rechtsextremisten ihre Narrative und alternativen Fakten verbreiten, ohne mehr oder weniger lügen zu müssen als die Stadtoffiziellen. Die Stadt ist vor mehr als 70 Jahren von den Alliierten zerstört worden, weil die Alliierten dazu damals imstande gewesen sind. Zuvor haben die Nazideutschen Coventry in Schutt und Asche gelegt. Hätte Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen – was ein gütiger Gott verhindert hat – so wäre statt Dresden London wie Warschau, Lenin- oder Stalingrad pulverisiert worden.

Dresden verliert zudem seine Unschuld, ohne sie jemals besessen zu haben. Das neue Mahnmal vor der wiederaufgebauten Frauenkirche bestärkt die pazifistischen Deutschen in ihrem Irrsinn, dass Krieg für alle Beteiligten schlecht ist und dass man deshalb niemals Kriege führen soll. Lieber soll man ausweichen/auswandern, sich töten lassen, sich nicht wehren, Bedrängten und Schwachen nicht beistehen. Deshalb haben die Alliierten die Gleise zu den Menschenvernichtungslagern nicht bombardiert, obwohl sie genaue Kenntnisse über die Zustände in den Lagern gehabt haben. Sie unterlassen die vorzeitige Befreiung sicher nicht wegen ihrer Friedensliebe oder allein wegen Judenhass. Sie unterlassen die dringende Hilfe, weil sie kein Interesse an unschuldigen Opfern verspüren. Aus demselben Grund haben die Deutschen bereits im Ersten Weltkrieg beim Genozid an den Armeniern weggeschaut und schauen bis heute die demokratisch gewählten Politiker weiterhin weg, wenn ihnen ein Völkermord einen Deal zu verderben droht.

Das Aleppo-Denkmal wird bald entsorgt werden, jedoch nicht vergessen sein. Als Erste werden die Flüchtlinge aus Syrien und anderen sicheren Drittstaaten darunter zu leiden haben. Gleich ob Schulz oder das sozialdemokratische Original Kanzlerin wird, werden die hehren leeren Worte bei geleerten Kassen vergessen sein und die Flüchtlinge aus Syrien und anderen sicheren Drittstaaten werden freiwillig und unbeschwert ihre Heimreise antreten.

(Nachtrag: Zuletzt sei die Frage erlaubt, was gewesen wäre, wenn der deutsch-syrische Künstler nicht in Dresden, sondern nach der Flucht (?) aus Syrien in Köln gelandet wäre? Wären die Busse himmelhoch ragend und jauchzend auf der Platte vor dem Dom aufgestellt worden? Hätte der Kölner Kardinal Woelki einen billig verfügbaren, Öl verschmierten, subventionierten und ausrangierten Bus statt einem teuer importierten Flüchtlingsboot als Altar benutzt? Wie hätte sich der ständig auf der Domplatte präsente Judenhasser, der sich rechtzeitig vom Acker gemacht hat, damit auseinandergesetzt? Hätte die Stadt Köln zionistische Busse eingesetzt, um den Volkszorn in die richtigen Bahnen zu lenken?

So viele Fragen! So wenige Antworten!)

Quelle: numeri249.wordpress.com vom 20.02.2017

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Egon Wahr
7 Jahre zuvor

„…Seitdem sinnieren die Dresdner darüber, ob der Luftangriff unbedingt hätte stattfinden müssen oder ob die Alliierten den Krieg auch ohne die Zerstörung Dresdens gewonnen hätten, um die Dresdner von den Nazis zu befreien, falls überhaupt…“

Was für ein Schwachsinn!

Heidi
Heidi
7 Jahre zuvor

Zitat Churchill – vor dem Angriff auf Dresden – zu den Piloten: “Mich interessieren nicht irgendwelche militärischen Ziele in der Umgebung von Dresden – mich interessiert, wie wir in Dresden die Flüchtlinge aus Breslau braten können.” Hier einige Zeitungsmeldungen:
•Kieler Nachrichten vom 12.02.1955 “…Aus den Unterlagen des amerikanischen Aussenamtes geht hervor das etwas 250.000 Menschen bei den Angriffen ums Leben gekommen sind…”
•Ruhr Nachrichten vom 13.02.1965 “…In diesen 40 Minuten und während der beiden folgenden Angriffe finden mindestens 200- 250. 000 Menschen den Tod…”
•Freie Presse (Bielefeld) vom 12.02.1955 “…Die Schätzungen schwanken zwischen 80.000 und 500.000 Toten…”
•Wiener Zeitung vom 13.02.1965 “…Angaben über Zahl der Toten schwanken zwischen 250.000 und 400.000…”
•Telegraf-West-Berlin vom 14.02.1965 “….135.000 Tote…”
•Volk im Bild vom 12.02.1955 (eine Beilage der KPD Zeitung “Volksstimme”-Köln) ”…Die Opfer werden auf über 350.000 geschätzt und übertrafen selbst die von Hiroshima…”
und das propagiert der „Künstler“ von Dresden auf seiner Homepage https://www.manaf-halbouni.com/work/what-if/
Noch Fragen?

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Blöder gehts wohl nimmer oder doch ???

Geronimo
Geronimo
7 Jahre zuvor

Ist denn dem sog. „Künstler“ und den Verantwortlichen in Leipzig völlig entgangen, dass zwischen der Bombardierung Dresdens und der Aleppos gravierende Unterschiede bestehen? Gab es etwa in Dresden auch konkurrierende Rebellengruppen, die die Bevölkerung in Geiselhaft genommen haben? Die Alliierten haben dagegen die deutsche Bevölkerung in Geiselhaft genommen, indem sie durch die Bombardierung von Großstädten Frauen, Kinder und alte Menschen dazu zwingen wollten, die Terrorherrschaft der Nazis zu bekämpfen und somit die Diktatur Hitlers zu stürzen. Was für eine perfide Idee! Das war jedenfalls die offizielle Begründung von air marshall Harries` für die Bombardierung deutscher Großstädte. Die Bekämpfung von Rüstungsbetrieben war ein völlig anderes Programm in der Strategie der airforce. So jedenfalls verlautete es nach dem Krieg aus England.

Birgit
Birgit
7 Jahre zuvor

Und um das Horchwerk in Zwickau sind die einen schönen Bogen geflogen,dafür gab es zivile Einschläge. Das Werk wurde gebraucht um es sich nach dem Krieg unter den Nagel zu reißen.
Die Amis mußten hier abrücken, ansonsten hätten die Russen den westlichen Teil von Berlin nicht raus gerückt.
Damit war das Horchwerk für die Kriegstreiber verloren.

Heidi
Heidi
7 Jahre zuvor

Schaut mal, unsere „Freunde“. Mit Freunden, wie denen, braucht man keine Feinde https://www.youtube.com/watch?v=M7DPoLw0m7Y
Theodore N. Kaufmann Anfang 1941, noch vor direktem Kriegseintritt der USA:
„Und es gibt nur eine, eine einzige derartige Strafe: das deutsche Volk muß für immer vollständig vernichtet, werden und das nicht nur theoretisch, sondern wirklich und wahrhaftig“.
Quelle: Should we kill the German (Deutsche Übersetzung) S. 44

Birgit
Birgit
7 Jahre zuvor
Reply to  Heidi

Die Bundesnazis haben sich die richtigen Freunde ausgesucht.