Klinikdirektor empört – Behörde lockt Flüchtling aus Krankenhaus – und schiebt ihn sofort ab

Universitätsklinikum Gießen
dpa/Arne DedertDas Universitätsklinikum Gießen
Donnerstag, 16.03.2017, 11:53

Die überraschende Abschiebung eines psychisch kranken Flüchtlings in den Kosovo beschäftigt die Politik in Hessen. Nach Angaben der Klinik und einer Sozialarbeiterin wurde der Mann unter falschem Vorwand in das Landratsamt gelockt und dort festgenommen. Ein Skandal, sagen Aktivisten.

Wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtet, war der 32-jährige Roma mit seiner Familie vor sechs Jahren nach Deutschland geflüchtet. Demnach hätten serbische Kämpfer ihn im Kosovokrieg der Neunziger Jahre gezwungen, erschossene albanische Zivilisten zu begraben. Viele der unfreiwilligen Helfer wurden später selbst ermordet. Deswegen habe der Mann um sein Leben und das seiner Familie gefürchtet.

Doch Deutschland wollte den traumatisierten Mann nicht haben: Nach seiner Frau und seinen vier Kindern sei nun auch er in den Kosovo abgeschoben worden. Die Art und Weise, wie das geschah, sorgte für Protest aus dem Universitätsklinikum Gießen, von Oppositionspolitikern und von Roma-Aktivisten. Unter dem Vorwand, die Übernahme seiner Klinikkosten zu klären, wurde der Mann demnach ins Landratsamt gelockt.

Schwere Vorwürfe gegen Behördenmitarbeiter

Er sei ganz freundlich empfangen worden, berichtete eine Klinik-Sozialarbeiterin, die den Patienten begleitete, gegenüber der „Frankfurter Rundschau“. Er werde gleich Bargeld bekommen, hätten die Mitarbeiter ihnen gesagt. Stattdessen erschienen zwei Polizisten und teilten dem Mann mit: „Sie sind verhaftet, wir bringen sie zum Flughafen nach München, von wo sie abgeschoben werden.“

Die Sozialarbeiterin erhob später schwere Vorwürfe gegen die Mitarbeiter. Den Amtsarzt habe sie darauf hingewiesen, dass sich der Flüchtling in psychiatrischer Behandlung befand, doch das habe diesen nicht interessiert. Ein Mitarbeiter der Kreisbehörde habe sogar damit geprahlt, nur die Anweisungen seines Chefs auszuführen und dafür „viel Geld“ zu bekommen. Die Behörde bestritt dies später.

Sammelabschiebung
dpa/Patrick SeegerAbgelehnte Asylbewerber steigen in ein Flugzeug.

„Hinterhältiger Umgang“ mit traumatisierten Personen

Bernd Gallhofer, Direktor der Psychiatrie am Universitätsklinikum Gießen, kann das Vorgehen gegen seinen Patienten nicht verstehen. Dieser sei wegen posttraumatischer Belastungsstörung in Behandlung gewesen. Ihn hätten Alpträume und Suizidgedanken gequält. Das spielte für die Behörden offenbar keine Rolle. „Die Klinik war bisher sakrosankt, sie hat Kirchenasylcharakter“, trauert Gallhofer.

„Der Fall aus Gießen verdeutlicht einmal mehr, wie gnadenlos die hessische Praxis in Wirklichkeit ist“, zitierte die „Frankfurter Rundschau“die Linksfraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler. „Wenn Behörden so hinterhältig mit Menschen umgehen, wird jedes Vertrauen zwischen Flüchtlingen und staatlichen Institutionen zerstört.“ Die schwarz-grüne Regierung prüft demnach den Vorgang.

Behörde pocht auf Ausreisepflicht

Auch der in Frankfurt ansässige Förderverein Roma erhebt laut „Frankfurter Rundschau“ schwere Vorwürfe: „Die perfide Ausweisung eines jungen Roma aus Gießen ins Kosovo, trotz ärztlich attestierter schwerer Traumatisierung, stellt die Spitze der Inhumanität und einen Akt der gezielten Diskriminierung gegenüber Roma dar.“ Es dominiere immer noch der alte Hass gegenüber Roma und Sinti.

Das Regierungspräsidium Darmstadt verteidigte sich: Der Mann sei ausreisepflichtig gewesen und einer Vorladung des Amts zur Prüfung seines Gesundheitszustandes nicht nachgekommen. Gallhofer kritisierte das: „Schwer traumatisierte Menschen bleiben, wenn sie keine ausreichende Sicherheit bekommen, auch im Ausland auf der Flucht und fürchten Behörden“, erklärte der Arzt. Offenbar zurecht.

Quelle: Focus-online vom 16.03.2017

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Warum sollen wir alle Psychos der ganzen Welt bei uns versorgen und aufnehmen?
Schiebt die Aktivisten gleich mit ab.