Oberschenkelbrüche: Kliniken lassen Tausende Patienten auf OP warten

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Blick in einen OP-Saal: Wer an einem Freitag kommt, bekommt mitunter erst Montag einen OP-Termin

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Blick in einen OP-Saal: Wer an einem Freitag kommt, bekommt mitunter erst Montag einen OP-Termin

Die meisten Patienten werden in deutschen Krankenhäusern gut behandelt – aber es gibt auch Ausreißer nach unten. Ein aktueller Report kritisiert lange Wartezeiten und den Einsatz riskanter OP-Methoden.

Trotz Knochenbruch auf eine Operation warten zu müssen, das ist bei manchen Oberschenkel-Verletzungen leider Therapiealltag.

Im vergangenen Jahr passierte das an deutschen Kliniken rund 13.000 Patienten mit Brüchen des oberen Oberschenkelknochens, das entspricht mehr als zwölf Prozent der Betroffenen. Bis sie operiert wurden, verstrichen mehr als zwei Tage.

Die langen Wartezeiten sind ein Beispiel für Probleme an Krankenhäusern, die ein am Donnerstag in Berlin vorgestellter Report zur Klinikqualität aufzeigt. Für die umfassende Studie werteten Experten des Aqua-Instituts knapp 3,3 Millionen Datensätze von rund 1600 Kliniken aus, Auftraggeber war der Gemeinsame Bundesausschuss von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken.


„Wir haben eine gute Qualität der Versorgung, aber es gibt Verbesserungsbedarf in einzelnen Bereichen“, sagte Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des Aqua-Instituts. Zu den weiteren Kritikpunkten des Reports gehört eine steigende Zahl an Patienten, bei denen die Herzklappe zwischen Herzkammer und Hauptschlagader (Aortenklappe) mit einem Katheter behandelt wird.

Katheter: höheres Schlaganfallrisiko

Bei Eingriffen mit einem Katheter schieben Ärzte etwa eine neue Herzklappe mit einem biegsamen, schlauchförmigen Gerät meist über Blutgefäße bis ins Herz. Laut Report hat die Zahl dieser Eingriffe 2013 die Anzahl herkömmlicher Operationen überholt, bei denen der Brustkorb geöffnet wird. 2014 ist die Anzahl der Katheter-Eingriffe noch einmal um 27 Prozent gestiegen.

Das Problem daran: Laut Leitlinien sollten Ärzte nur einen Katheter einsetzen, wenn sich der Patient vom Standardverfahren, also der Operation mit einem offenen Brustkorb, wahrscheinlich nicht mehr erholen würde. Obwohl bei einem Katheter die Brust nicht geöffnet wird, ist der Standard-Eingriff für jüngere, fittere Erkrankte zurzeit die bessere Wahl – unter anderem, weil nach dem Katheter-Eingriff häufiger Schlaganfälle auftreten.

Die aktuellen Daten zeigten, dass Ärzte entgegen dieser Empfehlungen auch bei Patienten mit einem geringen oder mittleren Risiko zum Katheter greifen, kritisieren die Autoren des Reports. Jährlich werden Zehntausende wegen Problemen an den Klappen behandelt.

Auch der  Herzschrittmacher fällt unter die Negativ-Beispiele: Insgesamt funktioniert der Einsatz der elektrischen Taktgeber laut dem Report zwar gut. Bei rund drei Prozent der Patienten wird jedoch nach einer Implantation innerhalb eines Jahres ein neuer Eingriff nötig – „zu häufig“, wie die Experten feststellen.

Probleme sind eher Ausreißer

Probleme wie diese zogen zu selten Konsequenzen nach sich, kritisierten die Krankenkassen. „Das Manko ist, dass es keine Möglichkeit gibt, das Krankenhaus, das nicht rechtzeitig operiert, dazu zu verpflichten oder ihm den Versorgungsauftrag zu entziehen“, sagte Bernhard Egger, Medizinexperte des Krankenkassenverbands. Das sehe die Klinikreform der Koalition nun zwar vor. Umsetzen müssten das aber die Bundesländer.

Trotzdem ist das Fazit des aktuellen Berichts grundsätzlich positiv: Bei den kritisierten Fällen handelt es sich um wichtige Punkte, aber auch um Ausreißer. Laut den Daten läuft die überwiegende Zahl der Operationen, Krebsbehandlungen oder Transplantationen so ab, wie es aktuelle Empfehlungen vorsehen.

Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, betonte, die Kliniken hätten „in 99,9 Prozent“ der überprüften Leistungen gute Qualität abgeliefert. Insgesamt prüften die Experten 416 Merkmale für gute Qualität. Bei 65 dieser Indikatoren gab es gegenüber dem Vorjahr eine Verbesserung, bei 14 eine Verschlechterung.

irb/wbr/dpa

Quelle: Spiegel-online vom 01.10.2015

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