Statt Taschengeld – Nur Bayern steigt auf Sachleistungen um

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28.10.15

Jetzt dürfen die Länder das Taschengeld für Flüchtlinge durch Sachleistungen ersetzen. Doch den meisten ist das zu aufwendig. Selbst der Freistaat stellt nur bei einer Gruppe von Asylbewerbern um.

Von Benno Müchler

 Hinweisschilder mit der Aufschrift "Kasse" in verschiedenen Sprachen zeigen den Weg für Flüchtlinge auf dem Gelände des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales


Foto: dpa Hinweisschilder mit der Aufschrift „Kasse“ in verschiedenen Sprachen zeigen den Weg für Flüchtlinge auf dem Gelände des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales

143 Euro bekommen Flüchtlinge laut Asylbewerberleistungsgesetz zur Deckung des täglichen Bedarfs im Monat. Es ist als Taschengeld gedacht für die Bedürfnisse neben Wohnung und Verpflegung: also alles wie Schokoriegel, Zeitungen, Bustickets und Telefonkarten.

Da das Taschengeld aus Sicht der Regierung aber womöglich unnötig viele Menschen vom Westbalkan anlockt, sah ihre breit diskutierte und nun schließlich verschärfte Asylgesetzgebung vor, das Taschengeld in Erstaufnahmestellen so weit wie möglich durch Sachleistungen zu ersetzen.

Auch wenn das Gesetz den Bundesländern die Möglichkeit überlässt, es also keine Pflicht ist, war der Impuls doch klar.


Tatsächlich setzt bislang aber allein Bayern auf Sachleistungen – und das nur in zwei Flüchtlingseinrichtungen für Balkanflüchtlinge. Der Rest der Bundesländer zögert. Vier lehnen Sachleistungen sogar ab und setzen weiterhin auf Bargeldzahlungen. Das ergab eine Länderumfrage des RBB am Mittwoch.

Kosten für Sachleistungen bei 200 Euro

Zu den ablehnenden Ländern gehören Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen. Für Niedersachsen sind es vor allem „verwaltungsökonomische Gründe“, weshalb man das Sachleistungsprinzip „kritisch“ sieht, erläutert Matthias Eichler vom Landesinnenministerium. Niedersachsen habe Sachleistungen daher auch schon im März abgeschafft.


Mit anderen Worten: Sie bedürfen eines zu hohen Personalaufwands, ihre Verteilung dauert zu lange, sie kosten schlicht zu viel. Es geht einfacher und schneller, 143 Euro auszuzahlen, anstatt jedem Einzelnen der für dieses Jahr erwarteten 75.000 Flüchtlinge Schokoriegel, Bustickets und Zigaretten im gleichen Wert auszuteilen.

Zumal durch den Bürokratie- und Personalaufwand die Sachleistungen am Ende vielleicht eher einem Wert von 200 Euro entsprechen.

Lockt Taschengeld wirklich Flüchtlinge an?

Und so sagt Ministeriumssprecher Eichler: „Vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Flüchtlingszahlen und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort in den Erstaufnahmeeinrichtungen soll der Verwaltungsaufwand möglichst gering gehalten werden, sodass in Niedersachsen zunächst weiterhin ein Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens in Form von Taschengeld ausgezahlt wird.“

In Bremen werden hingegen weder bürokratische noch finanzielle Gründe angeführt. „Grundsätzlich sehen wir die Auszahlung dieses Barbetrags als grundlegendes Menschenrecht an“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der Bremer Senatsverwaltung für Soziales und Integration.

Das von Rot-Grün regierte Bremen verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012. Die Karlsruher Richter hielten die Geldleistungen an Asylbewerber für unzureichend und stellten fest, dass es nicht gerechtfertigt sei, Leistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge aus „migrationspolitischen Erwägungen“ niedrig zu halten und unter ein Existenzminimum zu senken, „um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden“. Dabei hätten auch sie ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.


In Bremen glaubt man zudem auch nicht, dass eine Ausreichung von Sachleistungen weniger Flüchtlinge vom Westbalkan anlocken könnte. Schneider: „Wir gehen nicht davon aus, dass 140 Euro der Grund sind, zu Hause Haus und Hof zu verkaufen, um dann mit einer unsicheren Bleibeperspektive in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen.“

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Quelle: Welt-online vom 28.10.2015

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