Vorsicht vor »politisch korrekten« Kollegen

screenshot-1856

30.12.2015
Andreas von Rétyi

Die Harvard-Universität hat Firmenmitarbeiter untersucht. Etwa jene, die von vornherein für eine vergiftete Arbeitsatmosphäre sorgen. Oder Kollegen, die nur vorgeblich alle Regeln strikt befolgen. Die Ergebnisse führen zu spannenden Schlussfolgerungen.


Es geht um »toxische Mitarbeiter«, also um »schädliche Kollegen«. Das sind Personen, deren Verhalten sich negativ auf das Arbeitsumfeld und möglicherweise auch aufs gesamte Unternehmen auswirkt. Die US-Wissenschaftler Michael Housman und Dylan Minor haben dazu die verfügbaren Daten von 50 000 Mitarbeitern bei elf amerikanischen Unternehmen ausgewertet. Und dann haben sie ein detailliertes Personenprofil von schädlichen Mitarbeitern erstellt.

Da war einmal jener Typus, der sich ganz allgemein als fortwährendes Ärgernis und eindeutiger Fehlgriff erwies.

In anderen Fällen ging es um Personen, die durch Belästigung und Mobbing anderer Mitarbeiter auffielen, durch Betrug und Diebstahl, teils sogar durch Gewalt am Arbeitsplatz.

Fast in jedem Arbeitsumfeld tritt zumindest ein Typus in Erscheinung, vom Lästerer und Störenfried über den notorischen Sexisten bis hin zum völlig unethischen Karrieristen, der gleichsam über Leichen geht, Regeln missachtet und zu hohe Risiken eingeht.

Ein komplexes Feld mit Spielraum für ausgeprägte individuelle Facetten, gerade wenn es um professionelle Effizienz geht. So sprechen auch Housman und Dylan von beinahe unendlich vielen personellen und situativen Faktoren, die toxische Mitarbeiter schaffen können. Die Studienergebnisse fördern allerdings auch Unerwartetes und scheinbar Paradoxes zutage. Einleitend zu ihrer Studie schreiben Housman und Minor, die Vertreter der unerfreulichen Kategorie müssten nicht notwendigerweise faul sein. Sie tendierten sogar dazu, durch krankhafte Produktivität aufzufallen, zumindest weit mehr als der Durchschnittsangestellte.

Daher seien sie auch in der Lage, trotz einer fragwürdigen ethischen und moralischen Haltung ihren jeweiligen Posten über lange Zeit hinweg zu behalten. »Sie sind korrupt, aber glänzen durch ihre Arbeitsleistung«, so Housman. Und das kompensiere natürlich manches.


Ein skrupelloser Händler, der einer Firma Millionen beschere, dürfe beispielsweise durchaus mit einiger Toleranz rechnen: Die Unternehmensführung sei hier schnell versucht wegzusehen, wenn ihr effektiver Mitarbeiter Grenzen überschreite.

Bereits eine früher durchgeführte Studie habe diesbezüglich ergeben, dass unethische Mitarbeiter im Durchschnitt tatsächlich länger bei Firmen beschäftigt seien als ihre ethisch einwandfrei arbeitenden Kollegen.

Durch gezielt ausgewählte Fragestellungen zur Studie bestätigten Housman und Minor zwei weitere grundlegende Zusammenhänge: Toxische Mitarbeiter schätzen sich und den von ihnen geleisteten Beitrag höher ein. Sie sind selbstbezogener und erkennen nicht, welche Nachteile ihr Verhalten anderen bringt. Außerdem überschätzen sie ihre eigenen Fähigkeiten und gehen daher auch größere Risiken ein.

Soweit scheint alles gut nachvollziehbar. Dann aber gelangen die Autoren doch noch zu einer eher unerwarteten Einsicht. Ihrer Analyse zufolge geben auch jene Personen ausreichend Grund zur Sorge, die die festgesetzten Regeln eisern befolgen.

Studienteilnehmer, die in den Fragebögen bestätigten, alle Regeln müssten ausnahmslos befolgt werden, hätten sich als die wahrscheinlichsten Kandidaten für eine Kündigung aufgrund entsprechender Verstöße erwiesen.

Wie erklärt sich das? Die amerikanischen Forscher vermuten, das scheinbare Paradox ließe sich vielleicht dadurch auflösen, »dass jene, die behaupten, Regeln sollten befolgt werden, eine eher machiavellische Natur besitzen und vorgeben, wie auch immer beschaffene Regeln, Charakteristika oder Glaubenssätze zu akzeptieren, die ihrer Ansicht nach am ehesten dazu dienen, ihren Job zu erhalten«. Housman und Minor stellen ergänzend fest: »Es gibt starke Indizien dafür, dass Machiavellismus zu abweichlerischem Verhalten führt.«

Somit existieren also die verschiedensten Typen von »toxischen Mitarbeitern«, die sich auch in den Reihen der vermeintlich am besten Angepassten finden. In letzter Konsequenz rechnen die Autoren vor, welche Kosten solche Angestellten verursachen, nur weil andere Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und ersetzt werden müssen, ausschließlich wegen des untragbaren Verhaltens der toxischen Kollegen.

Im Vergleich zum erzielten Gewinn durch einen »Superstar« laufe hier faktisch beinahe die doppelte Summe auf. Nachdem die Forscher die Charakteristika jener schädlichen Mitarbeiter analysiert haben, sprechen sie eine kategorische, sehr eindeutige und knappe Empfehlung aus, wenn es darum geht, mit toxischen Mitarbeitern umzugehen: »Vermeiden Sie sie!« Nur dürfte das in der Praxis oft gar nicht so leicht sein und manchmal erst dann geschehen, wenn es für andere schon zu spät ist.

___________________________
Der Stubentiger

T-Shirt-Shop idee09 –
Der Shop mit über 2000 Motiven

__________________________

Quelle: Kopp-online vom 30.12.2015

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell, Geschichte, Kultur, Nachrichten, Politik, Soziales, StaSeVe Aktuell, Völkerrecht, Wirtschaft, Wissenschaft abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
1 Kommentar
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
trackback

[…] Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen […]