Debatte ohne Trump: Ein Sturm im Wasserglas – ANALYSE FRANK HERRMANN AUS WASHINGTON

29. Jänner 2016, 06:49

Donald Trump war gar nicht da, und trotzdem wird hauptsächlich über ihn gesprochen.
foto: apa / afp / getty

Donald Trump war gar nicht da, und trotzdem wird hauptsächlich über ihn gesprochen.

Hat sich Donald Trump ein Eigentor geschossen mit seinem Debattenboykott? Oder profitiert er von der Kontroverse? Spätestens jetzt weiß man, wie dünnhäutig er ist, der selbstverliebte Milliardär, der so gern austeilt, aber selber nicht einstecken kann. Trump hat wegen einer Petitesse darauf verzichtet, an der letzten Fernsehdiskussion vor dem Vorwahlauftakt teilzunehmen, nur weil ihm die kritische Art der Fox-Moderatorin Megyn Kelly nicht gefiel und der Haussender der Konservativen ihm nicht den Gefallen tat, Kelly von der Bühne zu verbannen.

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Gut möglich, dass ihm die Wähler Iowas seine Arroganz, sein autoritäres Gehabe übelnehmen. Es kann aber genauso gut sein, dass ihn seine Anhänger nun erst recht bewundern, weil er sich ja irgendwie treu geblieben ist. Bei jeder Gelegenheit verkündet der ruppige Bauunternehmer, dass mit ihm nicht zu spaßen sei, wenn er erst im Oval Office sitze, dass sich die Welt auf einen Präsidenten Trump einstellen möge, der mit harten Bandagen für amerikanische Interessen kämpft. Die Kraftprobe mit Fox sollte wohl signalisieren, dass er meint, was er sagt. Es ist nur ein Sturm im Wasserglas, noch dazu aus lächerlichem Anlass, aber eben auch einer, mit dem der Mann, der sich als politisch inkorrekter Ritter im Kampf gegen das politische Establishment versteht, sein Profil zu schärfen versucht. Alle gegen einen, alle gegen Trump, der derweil auf einer Gegenveranstaltung Kriegsinvaliden Mut zusprach – es passt durchaus in sein Konzept.

Mit welchem Ergebnis das Vabanquespiel endet, man wird es Montagabend, am Abend des Wahltags, erfahren.

Bush vermisst Trump

Ansonsten fällt auf, dass Jeb Bush, einst der Favorit der Republikaner, dann nach Monaten lustloser Auftritte fast schon abgeschrieben, zu neuem Leben erwacht. Er vermisse Trump schon sehr, ließ er voller Sarkasmus wissen, „er war für mich wie ein kleiner Teddybär, wir hatten solch eine liebevolle Beziehung zueinander bei diesen Debatten, und jeder andere schien sich ja im Zeugenschutzprogramm zu befinden, als ich ihm zusetzte“.

Entweder wittert Bush Morgenluft. Oder er wirkt so befreit, weil er ahnt, dass er sich die Tortur des Wahlkämpfens mangels echter Chancen nicht mehr lange antun muss. Noch so eine Frage, die niemand auch nur halbwegs seriös beantworten kann. Dann ist da noch Ted Cruz, in den Umfragen der Zweitplatzierte. Der erzkonservative Senator aus Texas hat sich wirklich ein Eigentor geschossen: Eigentlich wollte er, wortstark und reaktionsschnell, den stets souveränen Debattenkönig geben, aber nun drohte er urplötzlich mit einem improvisierten Boykott. „Wenn ihr noch eine so gemeine Frage stellt, muss ich das Podium wohl verlassen“, fuhr er das Moderatorentrio des Fox-Senders an.

Cruz ist nicht Trump, der Unberechenbare. Für ihn gelten in den Augen des Publikums andere, strengere Regeln, die Regeln für Berufspolitiker. Bleibt abzuwarten, ob der grobe Patzer schon den Anfang vom Ende des Cruz’schen Höhenflugs bedeutet.

Quelle: Der Standard (Frank Herrmann aus Washington) vom 29.1.2016

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