Nach Meinung des Analysten und früheren leitenden Mitarbeiters des Tschechischen Geheimdienstes (BIS), Jan Schneider, gibt es in Ost- wie Westeuropa ein „Zerrbild des bösen Russen“, welches jedoch nichts mit der Realität zu tun habe. Zudem betont er in einem Interview mit dem Portal „Parlamentní Listy“, dass zwar überall von der russischen Propaganda die Rede ist, er allerdings bisher ausschließlich auf die Aggressivität der anti-russischer Propaganda gestoßen sei.
In einem Interview für das Portal „Parlamentní Listy“ bemerkte Schneider, dass die mythenhafte russische Propaganda – vorausgesetzt, dass es sie überhaupt gibt – wohl äußerst schwach sein dürfte: Er habe noch keine lauten Demarchen gehört, die Erfolge der Kreml-Politik preisen würden:
„Ganz im Gegenteil: Ich höre stets Klagen und Litaneien über den bösen Putin, über das böse Russland und über ihre Aggressivität. Bisher stoße ich jedoch ausschließlich auf die Aggressivität der antirussischen Propaganda.“
Westliche Medien würden behaupten, dass die aggressive russische Propaganda tatsächlich existiere. Doch die Bürger Tschechiens und andere Europäer seien davor völlig geschützt, ob sie das wollten oder nicht. Dabei sollte der beste Schutz vor jeder Propaganda nicht die Gegenpropaganda, sondern die Wahrheit sein, betonte der Analyst. Man dürfe nicht vergessen, dass die wahre Sachlage nur dann zu verstehen sei, wenn es mehrere Gesichtspunkte gebe, aus denen die Bürger den frei auswählen könnten, der ihren Vorstellungen über die Wahrheit entspreche. Heutzutage würden allerdings Versuche unternommen, Kinder von der Schulbank an ideologisch zu bearbeiten, so Schneider und betont:
„Ich plädiere für ein Gesetz ähnlich des US-amerikanischen FARA, über die obligatorische Eintragung von Einflussagenten, die aus dem Ausland finanziert werden. Sie sollen zuerst offenlegen, wer sie finanziert, dann dürfen sie das Wort ergreifen: schwatzen, verleumden, verklagen, in Verruf bringen. Kurzum, alles Mögliche tun. Nur so! Verzeihen Sie mir meine Emotionalität, aber es fällt mir wirklich schwer, mich zu beherrschen und politisch korrekt zu sprechen, wenn ich von solchen Mythen wie der russischen Propaganda höre!“
Die Krise in der Ukraine, deren Führung auseinander drifte, hält noch an. Dabei habe Ministerpräsident Jazenjuk die Unterstützung von Präsident Poroschenko und die Mehrheit im Parlament eingebüßt. Die Frage nach dem Waffenstillstand und der territorialen Integrität des Staates bleibe immer noch offen. Diese Situation sei durchaus vorhersagbar gewesen, so der Analyst. Schneider zufolge würden die westlichen Propagandisten die Situation nach wie vor in den rosigsten Farben schildern, obwohl sich die reale Sachlage in der Ukraine alles andere als verbessere. Unter diesen schwierigen Umständen könne man von den Ukrainern keine ewige Duldsamkeit erwarten:
„Es reicht nur, die Leute von der ersten Stufe oberhalb der Armutsgrenze, die sie vor kurzem mit großer Mühe erklettert haben, zurück herabzustoßen, um ein riesiges Revolutionspotenzial zu bekommen. Und jetzt, wo die Ukrainer begreifen werden, dass ihnen vieles in ihrem eigenen Land schon nicht mehr gehört, werden sie die Krim, die ihnen ohnehin nie gehört hat, vergessen. Sie haben zu Hause, in der Ukraine alle Hände voll zu tun.“
Die Ukrainer sollten sich endlich besinnen und sich nicht durch Beteuerungen berieseln lassen, dass die „allgegenwärtigen“ Russen an allem schuld seien. Jan Schneider erinnerte daran, dass die Tschechen im Jahr 1989 solche Versuche, die öffentliche Meinung zu manipulieren, am eigenen Leibe erfahren hatten. Es sei höchste Zeit zu begreifen, dass nach einer objektiven Untersuchung des Absturzes der malaysischen Boeing und der tragischen Ereignisse auf dem Maidan und in Odessa die Ukraine womöglich ihre Schuld werde eingestehen müssen. Man dürfe nicht den Erklärungen trauen, wo die Ukrainer reingewaschen würden, und die ganze Schuld auf andere abgewälzt werde.
Der Geheimdienst-Experte rief die Bevölkerung der Ukraine auf, sich zu konsolidieren und sich mit ernsthafteren Problemen zu Hause auseinanderzusetzen. Nach seinen Informationen könnte es bald zu zusätzlichen Schwierigkeiten kommen: Meteorologen prognostizierten eine Dürre, die nicht nur Zentralasien, sondern auch der Ukraine zusetzen würde. Vor dem Hintergrund der schon ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Lage, könnte dies traurige Folgen haben.
Die Öffentlichkeit in Tschechien sollte nach der Meinung des Analysten auch auf jenes entstellte Bild von Russland verzichten, das ihr gewisse, aus unbekannten Quellen finanzierte und absolut verantwortungslose antirussische Propagandisten aufzwängen, die selbst nicht wüssten, was sie täten. Schneider betonte in diesem Zusammenhang:
„Die Folgen ihrer Tätigkeit sind abscheulich. In erster Linie weil sie einen vernünftigen Dialog mit Russland unmöglich machen.“
Unter diesen Umständen habe Russland es auch nicht leicht. Man sollte sich aber darüber klar werden, dass sich der wirtschaftliche Druck auf Russland auch auf Europa negativ auswirke, während das russisch-amerikanische Handelsvolumen unter den Sanktionen im Gegenteil zunehme. Außerdem hätten die feindseligen des Westens Russland veranlasst, seine Verteidigungskapazitäten qualitativ aufzustocken. Und dies entspreche wiederum den Interessen der US-Rüstungsindustrie. Mit diesem Vorwand habe das Pentagon sich selbst aus einer Stagnation geholfen, die die Gespräche über ein friedliches Nebeneinander, eine Abrüstung, eine Kürzung des Militäretats und andere Dinge ausgelöst hätten, die den berüchtigten „wirtschaftlichen Erwartungen“ so schaden, stellte der Experte fest. Die Situation werde sich nur dann zum Besseren hin wenden, wenn bei der US-Präsidentschaftswahl ein Kandidat siegen werde, der sich in die innere Politik Russlands nicht einmischen werde, betonte Schneider.
„Man muss endlich lernen, die Welt aus unterschiedlichen Gesichtswinkeln und nicht binär zu betrachten. Dogmatismus und Voreingenommenheit, geschweige denn Propaganda, tragen dazu nicht bei!“
So der tschechische Analyst abschließend in seinem Gespräch mit dem Portal „Parlamentní Listy“
Quelle: Russia Today (RT) vom 02.03.2016