EU-Kommissionspräsident: Merkels neuester Verrat an der Demokratie

 

MAX ERDINGER
Foto: Collage
 

In einem Gastbeitrag für den „Focus“ rechnet Gabor Steingart mit dem unfähigsten Bundeskanzler ab, den Deutschland je hatte, mit Angela Merkel. Alle Symptome dieser Unfähigkeit arbeitet Steingart heraus. Die Frage bleibt dennoch: Ist es wirklich Unfähigkeit, oder ist es doch eher Kalkül? – Und wenn ja, welches?

Steingart schreibt, Angela Merkel glaube offenbar, deutschem Interesse diene sie am besten dadurch, daß sie auf seine Durchsetzung verzichtet. Beim europäischen Postenpoker sei es ihr wieder nicht gelungen, einen deutschen Politiker an der Spitze der europäischen Exekutive zu platzieren. Seit 14 Jahren gehe das nun so. Der letzte Deutsche in einer internationalen Spitzenposition sei Horst Köhler gewesen, den Kanzler Gerhard Schröder seinerzeit als Chef des Weltwährungsfonds in Washington durchgesetzt hatte. Merkel wisse offenbar nicht, wie man Beute macht, mutmaßt Steingart.

 

Das stimmt zwar alles, wenn man unterstellt, daß Angela Merkel deutschen Interessen überhaupt dienen will. Das aber darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Sollte nämlich Frans Timmermans als der eigentlich unterlegene Kandidat der europäischen Sozialisten neuer EU-Komissionspräsident werden, und nur, weil Merkel (vorgeschoben?) das „Spitzenkandidatenprinzip“ bewahren will, dann würde nur wahr werden, was bestens zu Merkel paßt: Timmermans ist ein glühender Verfechter der Idee von der Abschaffung der Nationalstaaten. Da träfe er sich wahrscheinlich mit Merkel.

Unvergessen ist Merkels angewiderte Miene, als sie am Wahlabend 2013 nach dem Sieg für die Union Hermann Gröhe das Deutschlandfähnchen aus der Hand riß, mit dem er strahlend gewedelt hatte, um es coram publico zu „entsorgen“. Daß Merkel den Nationalstaat haßt, den deutschen zumal, kann sie natürlich nicht explizit und ein- für allemal öffentlich erklären. Schließlich ist sie nicht europäische, sondern deutsche Bundeskanzlerin. Daß Angela Merkel denoch nicht im Traum daran denkt, den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden, hat sie besonders in den vergangenen fünf Jahren eindrücklich unter Beweis gestellt. Die einzige andere Erklärung für ihr Handeln wäre tatsächlich die, von der Steingart ausgeht: Komplette Unfähigkeit.

Ausgerechnet die größten Wahlverlierer des europäischen Urnengangs, die Sozialdemokraten, die in Deutschland mit einem Minus von 11,5 Prozentpunkten und europaweit mit einem Verlust von 4,9 Prozentpunkten aus dem Rennen gingen, habe Merkel mit dem Top-Posten des Europäischen Kommissionspräsidenten belohnen wollen, schreibt Gabor Steingart. Den eigenen Mann, den CSU-Kandidaten Manfred Weber, habe sie beim ersten Gegenwind aus Frankreich fallen lassen. Und das paßt schon wieder. Schließlich wird aus einem Sozialisten Macron nicht dadurch schon ein Wirtschaftsliberaler, daß er per Gründung einer „Bewegung“ mit dem Namen „En marche!“ glauben machen will, es handele sich um etwas anderes, als um alten Wein in neuen Schläuchen. Macron ist der Zentralist par excellence, wie jeder Sozialist.

Würde in der Innenpolitik dieselbe Logik wie auf EU-Ebene gelten, schreibt Steingart, wäre Martin Schulz heute Bundeskanzler und Hillary Clinton US-Präsidentin im Weißen Haus. Es gibt also hinreichend Verdachtsgründe dafür, daß die Bewahrung des „Spitzenkandidatenprinzips“ nur eine vorgeschobene Begründung Merkels gewesen ist, ebenfalls nur zum Schein „nolens volens“ den Spitzenkandidaten der Sozialisten, Frans Timmermans, „hinzunehmen“. Viel wahrscheinlicher ist es, daß Timmermans der Mann ist, den Merkel persönlich schon immer Weber vorgezogen hat, freilich ohne daß sie das hätte öffentlich zugeben können. Da scheint es sich eben nicht um Unfähigkeit zu handeln, sondern um eiskaltes, antidemokratisches Kalkül seitens unserer hypermoralisierenden Kanzlerin, die noch jedes Gesetz im Zweifelsfall ihren persönlichen Überzeugungen unterordnet.

Steingart schreibt, Merkel habe vergangene Nacht das demokratische Prinzip verraten. Man muß hinzufügen: Nicht zum ersten Mal. Es kümmerte Angela Merkel vergangene Nacht nicht, daß die „Konservativen“ mit 24,2 Prozent der Sitze vorn gelegen haben, die europäische Sozialdemokratie hingegen rund 20 Prozent ihrer Sitze verloren hatte. Für Steingart ist es ein Rätsel, wie eine „konservativ-bürgerliche Regierungschefin“ den Wahlverlierer zum Sieger erklären wollen kann. Für manch´Anderen hingegen ist es keines: Angela Merkel ist eben keine konservativ-bürgerliche Regierungschefin, sondern sie hat eine als bürgerlich-konservativ geltende Partei namens CDU gekapert, um aus ihr die „bessere SPD“ zu machen. Schließlich wollte sie nach der Wende 89/90 zuerst in die SPD eintreten, und zwar ein bißchen weiter oben. Erst, als ihr der „gehobene Einstieg“ von der SPD verweigert worden war, zog sie sich in den Demokratischen Aufbruch der untergehenden DDR zurück und wurde in der Folge quasiautomatisch von der West-CDU integriert, ohne selbst  je einen Mitgliedsantrag bei der CDU gestellt zu haben. Was man retrospektiv übrigens als ein exzellentes Beispiel für „mißlungene Integration“ begreifen darf.

Gabor Steingart im „Focus“: „Man muss kein Demokratieforscher sein, sondern nur die Chatrooms der großen Medienportale durchstreifen, um die abstoßende Wirkung solcher Art Hinterzimmer-Geschäfte auf das Publikum zu erfassen. Die ARD – daran erkennt man den treuen Johann des Parteienstaates – schloss kurzerhand auf ihrem Webportal die Kommentarfunktion, weil sich dort partout keine für Merkel günstige Sicht einstellen wollte. Also hieß es:“‚Sehr geehrte User, alle wesentlichen Argumente sind genannt. Deshalb haben wir beschlossen, die Kommentarfunktion zu schließen.‘ – Die Moderation“ – Und das paßt schon wieder zum generellen Erscheinungsbild der Demokratie in Zeiten des Merkelregimes. Es gibt schlicht keine Demokratie mehr, die etwas anderes als eine mühsam aufrechterhaltene Fassade zur Wahrung des Scheins wäre. Eine Scheindemokratie.

Jedenfalls ist wahr, daß es in Merkels Amtszeit seit 2005 zu höchst merkwürdigen Erscheinungen gekommen ist. Deutschland stellte keinen Kommissionspräsidenten, keinen Ratspräsidenten, keinen EZB-Präsidenten, keinen geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds, keinen Präsidenten der Weltbank und  keinen Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs. Steingart schreibt, das zahlenmäßig größte und ökonomisch bedeutendste Land Europas stehe nach diesem Wochenende einmal mehr mit leeren Händen da. Deutschland sei in der Amtszeit von Angela Merkel zu einer unsichtbaren Nation degeneriert. Und er schiebt gleich eine vorauseilende Distanzierung hinterher. Es gehe ihm mit seinem völlig berechtigten Gemäkel nicht um Patriotismus, sondern um Demokratie und Repräsentanz. Nun denn … – um Patriotismus ging es Merkel erkennbar ebenfalls nicht.

Dann aber, holla Steingart: Alle Volksgruppen – unpatriotische „Volksgruppen“ wahrscheinlich – also: alle Volksgruppen auf der Welt, die Basken, die Katalanen, die Schotten, die Uiguren, die Sioux, alle strebten sie nach Respekt und Wahrnehmung, schreibt der Autor in seinem Gastbeitrag – und wieder erscheint ihm mysteriös, „warum ein großes Volk, das im Kontext der anderen Europäer wiederum nur eine Minderheit darstellt, geradezu vorsätzlich in die Verstummung streben soll“ ein Rätsel „unserer“ Regierungschefin bleibt. Es ist eben höchtwahrscheinlich kein Rätsel. Steingarts Gefühl trügt ihn nicht, wenn er schreibt, man habe fast das Gefühl, die Kanzlerin geniere sich nicht nur ob der ökonomischen Kraft des Landes, sondern zum Beweis deutscher Harmlosigkeit sei sie sogar bereit, diese ökonomische Kraft zu beschädigen. Man hat dieses Gefühl nicht nur fast, sondern mit letzter Sicherheit hat man dieses Gefühl. Jedenfalls listet Gabor Steingart dann sehr detailliert die Gefühlsgründe auf.

1. Die Europäische Zentralbank sei mittlerweile nicht nur personell, sondern auch kulturell in die Hände der Schuldenstaaten geraten. Ihnen zuliebe sei die Zinswende unterblieben. Und ebenfalls für die Schuldenstaaten seien die außergewöhnlichen Maßnahmen nach der Finanzkrise zur neuen Normalität erklärt worden. Um ihren Staatsanleihen weitere Risikoaufschläge zu ersparen, habe man außerdem eine neue Geldflut angekündigt. Sehenden Auges lasse sich Europa auf das Risiko ein, sich in der kommenden Krise an einer Überdosis Kredit zu vergiften.

2. Merkel schaue teilnahmslos dabei zu, wie Mario Draghi ihren einstigen Wirtschaftsberater attackiert, den Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann, und wie ihn Emmanuel Macron mit Spott überzieht. Vergangene Nacht habe sie ihn nicht als neuen EZB-Präsidenten durchsetzen können, die Entscheidung sei auf September vertagt worden. Mit genau einer solchen Illoyalität habe Merkel einst erst den damaligen Chef der Bundesbank, Axel Weber, in den Rücktritt getrieben und anschließend noch den EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Die CDU habe so die strategische Hoheit beim Thema Geldwertstabilität verloren. Im Bürgertum rumore es, schreibt Steingart.

3. Der Stabilitätspakt, welcher die Maastricht-Kriterien für die Untergrenze der Seriosität und die Obergrenze der Verschuldung beinhalte, sei faktisch gekündigt worden. Das ifo Institut zähle in seinen Statistiken mehr als 165 Verstöße gegen den Pakt, auch solche der deutschen Regierung. Im Durchschnitt liege der Verschuldungsgrad in der Eurozone bei 85 Prozent des jährlichen gemeinsamen Bruttoinlandsprodukts und damit deutlich über dem, was der Stabilitätspakt erlaubt. Merkel erscheine einem wie jemand, der nach der Devise lebt: Legal, illegal, scheißegal.

4. Die regelbasierte Weltordnung, inzwischen wohlfeil von jede Hinterbänkler im Munde geführt, solange es gegen Trump geht, sei für Europa suspendiert worden. Steingart fragt sich, wie angesichts einer solchen Gleichgültigkeit eigentlich ein Defizitverfahren gegen Italien (Verschuldungsgrad: 132 Prozent) angestrengt werden soll, das unter juristischen und politischen Aspekten nicht weniger als mindestens fragwürdig ausfallen müsste.

Das alles sei eben eine Konstante der Merkelschen Kanzlerschaft: Daß sie zwar den Zerfall nicht betreibt, ihn aber geschehen läßt. Zwar nominiere sie ihre Gefolgsleute, aber beim lauesten Gegenlüftchen lasse Merkel sie wieder fallen. Deutschland, schreibt Gabor Steingart, sei bei der Besetzung internationaler Spitzenämter die erfolgloseste Nation unter der Sonne. Allein schon Merkels Positionierung beim G-20-Gruppenfoto in Osaka sei als der weithin sichtbare Ausdruck einer politischen Verklemmung zu interpretieren. Die Kanzlerin stand auf diesem Foto ganz außen, fast so, als ob sie noch nicht einmal dazugehöre.

Krass seien jedenfalls die zu beobachtenden Unterschiede zwischen Putin, Trump und Macron einerseits – und Merkel andererseits. Während bei Ersteren der Eindruck das Bild bestimme, das Streben nach politischem Glück durchziehe wagemutig alle ihrer Handlungen, gehe es Merkel nie um das Siegen, sondern immer nur um die Verhinderungen von Niederlagen. Schon Luther wußte, daß einem verzagten Arsch kein fröhlicher Furz entweicht. Alles in allem sei es jedenfalls so, schreibt Gabor Steingart, daß einem die Anderen immer tollkühn vorkommen – und Merkel immer bloß als besorgt.

Nach dem neuerlichen Versagen der Kanzlerin beim Postengeschacher um den EU-Kommissionspräsidenten sei es an der Zeit, daß die großen Fraktionen die Bundeskanzlerin endlich einmal vorladen, sollten sie mehr als eine bloße Abnickgemeinschaft der Regierungschefin sein. Merkels seit 14 Jahren andauernde Verzichtspolitik sei unaufschiebbar erklärungspflichtig geworden. Zwar wünsche sich kein Mensch von Verstand ein Deutschland, das große Töne spuckt und dröhnt und droht …. – hallo, Gabor Steingart?

Deutschland ist ein Land, das große Töne spuckt – und zwar dann, wenn es um die WELTMORAL geht. Und das alles, ohne irgendwelche Machtmittel in der Hand zu halten. Das ist ein weltmoralisches Vabanquespiel, das die Kanzlerin ganz unbesorgt treibt. Genau genommen ist die Bundeskanzlerin sogar Weltmeisterin in diesem Vabanquespiel. Da kann man sich wünschen, was man will, es ändert nichts. Und sie hat die Grünen als Leibgarde hinter sich stehen dabei. Merkel ist nämlich eine Grünkern-Kanzlerin, keine „kernkonservativ-bürgerliche“. Ich wollte es ja nur am Schluß noch mit eingeworfen haben. Ansonsten wären wir ja d´accord.

Quelle: journalistenwatch.com vom 01.07.2019 


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Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Und kein aufrechter Mann in Sicht der dieses Weib endlich stoppt. Es ist ein Trauerspiel.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
4 Jahre zuvor

Den Text kann man auch als Anklage nehmen. Wird nur nicht in diesem Filz angenommen. Kann aber aufbewahrt werden und wird erweitert. Die Natur ist Ihr auch auf den Fersen, das Urteil ist dort schon gesprochen.

gerhard
gerhard
4 Jahre zuvor

…..sollten sie mehr als eine bloße Abnickgemeinschaft der Regierungschefin sein….
Aber JA doch…dafür werden die Volkszertreter bezahlt !!!