„Ihr habt vier Wochen Zeit“ – IG-Metall springt YouTubern zur Seite und droht Plattformbetreibern

 

"Ihr habt vier Wochen Zeit" – IG-Metall springt YouTubern zur Seite und droht Plattformbetreibern

„Die größte unabhängige Gewerkschaft der Welt“ – die IG Metall – schlägt sich auf die Seite der bedrohten YouTuber und sagt der Plattform wegen Intransparenz, Willkür und Zensur den Kampf an. Sie und die YouTubers Union haben sich zusammengetan und das Joint Venture FairTube gegründet. Sie geben YouTube vier Wochen Zeit, mit ihnen ins Gespräch über ihre Forderungen zu kommen. Ansonsten könnte es nicht nur eng für den Internetriesen, sondern auch teuer werden. In 16 Tagen verstreicht die Frist.

Die Aktion kündigen der YouTuber Jörg Sprave und die Vize-Vorsitzende der IG-Metall Christiane Benner gemeinsam in einer Videobotschaft an.

Sprave beklagt: „Viele Kanäle sind komplett von der Bildfläche verschwunden, und andere sind so zurückgefahren worden, dass sie eigentlich gar nicht mehr existieren. Seinen Lebensunterhalt mit YouTube zu verdienen, ist heute eigentlich gar nicht mehr möglich. Jobsicherheit gleich null. Man hat das Gefühl, dass YouTube unabhängige YouTuber eigentlich gar nicht mehr will.“

Zusammen mit den Juristen der zwei Millionen Mitglieder schweren IG-Metall und den massenhaften unzufriedenen YouTubern wollen sie nun Druck auf die Plattform ausüben und ihre Forderungen durchkriegen.

Diese Forderungen lauten:

1. Volle Transparenz aller Kategorien und Entscheidungskriterien, die Auswirkungen auf die Monetarisierung und die Empfehlung von Videos haben

Sprave sagt dazu: „Es wird alles geheim gehalten: die Regelwerke, wie die Bots entscheiden, wie die Zensoren entscheiden, in welche Kategorien unsere Videos eingestuft werden, welche Videos gefördert werden und welche unterdrückt werden.“

2. Nachvollziehbarkeit von Einzelentscheidungen — zum Beispiel: Welche Stellen in einem Video verstoßen gegen welche Kriterien?

3. Menschliche, qualifizierte und entscheidungsbefugte Ansprechpartner für die YouTuber

Benner erklärt dazu: „Schluss mit immer gleichlautenden Standard-Emails, die Hiobsbotschaft nach Hiobsbotschaft überbringen. Ein Partner hat verdient, einen entscheidungskompetenten Ansprechpartner zu bekommen, mit dem man jede Angelegenheit diskutieren kann.“

4. Einspruchsmöglichkeiten bei Einzelentscheidungen

5. Eine unabhängige Schlichtungsstelle

Zur Zeit liege die ganze Macht bei YouTube und das kann so nicht weitergehen.

6. Mitbestimmung für YouTuber, z. B. in Form eines Beirats

„Ohne die YouTuber wäre YouTube gar nichts. Der ganze Erfolg beruht eigentlich nur auf der harten Arbeit der Creators. Und deswegen ist es auch nur fair, wenn die YouTuber an den Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Was wir brauchen, ist ein Beirat, ganz klar, der auch mit YouTubern besetzt ist, so dass wir an der Zukunft der Plattform teilhaben und mitreden können“, so Sprave.

Sollte YouTube sich innerhalb der nächsten vier Wochen nicht auf Gespräche einlassen, werde man weitere Maßnahmen ergreifen.

Sprave warnt in die Kamera:

„Und jetzt aufgepasst, ihr Manager bei YouTube! Ihr habt jetzt ganz genau vier Wochen Zeit, Gespräche mit uns aufzunehmen. Tick tack, tick tack, die Uhr läuft. Ihr wisst ja, wie ihr uns erreichen könnt.“

Sollte Youtube sich wehren, habe die IG Metall drei Strategien in petto.

Zwei davon wären juristischer Natur, nämlich eine, in der gerichtlich geklärt werden muss, ob man als YouTuber tatsächlich selbstständig ist.

Es spreche einiges dafür, dass es sich bei YouTubern eigentlich um Scheinselbstständige handelt, erklärt Arbeitsrechtler Dr. Thomas Klebe.

„Zum Beispiel arbeiten sie als Partner nach genauen Regeln und Weisungen von YouTube. Sie werden ständig gerated und in ihrer Arbeit kontrolliert. Und schließlich erfolgt die gesamte Akquise, die Kundenverwaltung, die Werbung über YouTube und nicht über den YouTuber. Und wenn ich das alles mal zusammenfassen, dann kommt man kaum auf die Idee, dass das unabhängige Videoproduzenten sind. Es spricht viel dafür, dass es Scheinselbstständige sind.“

Sollte dies gerichtlich festgestellt werden, würde es für YouTube sehr teuer werden. Dann wären YouTuber Arbeitnehmer und keine Selbstständigen. YouTube müsste dann Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nachzahlen und, wie es im Video heißt, rund 40 Prozent der ausgezahlten Gelder der letzten fünf Jahre zurückzahlen.

Wenn YouTube sich weigert, auf die Initiative einzugehen, werde man das „Thema Scheinselbstständigkeit gerichtlich auf den Prüfstand stellen“, erklärt die Vize-Vorsitzende der IG-Metall.

Der zweite Aspekt wäre der Datenschutz. Es sei zu prüfen, ob geheime Vorgänge von YouTube illegal sind.

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„Nach der Datenschutzgrundverordnung müssen auch Plattformen wie YouTube auf Anfrage alle personenbezogenen Daten mitteilen.“

Auch das würde man dann vor Gericht bringen.

Die dritte Maßnahme wäre, einen massiven Shitstorm gegen die Plattform zu starten, der durch IG-Metallmitglieder und YouTuber gestartet werden soll, um so Druck auf YouTube auszuüben.

Sprave zeigt sich kampfbereit und tönt:

„Sollte YouTube jetzt nicht mit uns sprechen, dann müssen sie sich auf einen richtigen Shitstorm gefasst machen. So, YouTube, jetzt liegt es an euch.“

Die Frist verstreicht übrigens in 16 Tagen.

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Alexander Berg
4 Jahre zuvor

Nicht nur scheinbar steht die Zukunft der Gewerkschaften auf dem Spiel.