Berlin. Die Bundesrepublik wird mit Riesenschritten zum Orwell-Überwachungsstaat. Jetzt möchte das Bundesjustizministerium von den Online-Providern die Herausgabe wichtiger Nutzerdaten einschließlich der Paßwörter verlangen. Das sieht der Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Haßkriminalität“ vor.
Mit dem Rechtsstaat ist dieses Ansinnen aber kaum vereinbar. Denn die Telemediendienste wie Mailprovider, Medien, Forenbetreiber oder soziale Netzwerke sind dazu verpflichtet, Paßwörter ihrer Nutzer verschlüsselt zu speichern. Der Chatanbieter „Knuddels“ etwa mußte vor etwas mehr als einem Jahr sogar ein Bußgeld in Höhe von 20.000 Euro zahlen, da er Paßwörter und andere Nutzerdaten unverschlüsselt speicherte.
Außerdem sollen Dienste mit mehr als 100.000 Kunden eine Schnittstelle einrichten: über diese Schnittstelle sollen Auskunftsverlangen von Behörden entgegengenommen und Auskünfte erteilt werden. Bei Gefahr im Verzug sollen Behörden die Möglichkeit bekommen, ihr Auskunftsersuchen per Telefon durchzuführen. Gleichzeitig sollen die Ausgeforschten davon aber nichts mitbekommen. „Über das Auskunftsersuchen und die Auskunftserteilung haben die Verpflichteten gegenüber den Betroffenen sowie Dritten Stillschweigen zu wahren“, heißt es im Gesetzentwurf. Auch ein richterlicher Beschluß soll für die Auskunft nicht notwendig sein.
Die Opposition im Bundestag bezeichnet die Pläne als einen „Albtraum für die IT-Sicherheit“. Renate Künast von den Grünen sieht in der Wahl des Mittels im Kampf gegen Haß und Extremismus einen „bedenklich tiefen“ Eingriff in die Bürgerrechte. Auch FDP-Politiker Konstantin Kuhle sieht das ähnlich: „Der Schutz der Persönlichkeitsrechte im Internet darf nicht zur Abschaffung vertraulicher Kommunikation führen.“ (se)
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