Im Libanon hat es bei einer gewaltigen Explosion im Hafen der Hauptstadt Beirut nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 100 Tote sowie über 4.000 Verletzte gegeben. Dem Auswärtigem Amt in Berlin zufolge ist auch Personal der deutschen Botschaft unter den Verletzten. Fernsehbilder zeigten Verwüstungen und Rauch im Stadtzentrum.
Durch die Wucht wurden auch in Hunderten Metern Entfernung Fensterscheiben, Türen und Balkone zerstört, Menschen liefen unter anderem mit Schnittwunden durch die Straßen. Ursache waren möglicherweise große Mengen Ammoniumnitrat, die laut Ministerpräsident Diab seit Jahren ungesichert in einem Lagerhaus aufbewahrt wurden. Ammoniumnitrat wird in der Düngemittelproduktion verwendet und findet sich auch in Sprengsätzen. Geheimdienstchef Ibrahim erklärte, möglicherweise sei hochexplosives Material detoniert, das auf einem Schiff konfisziert und im Hafen gelagert worden sei. Wie es zu der Explosion kam, ist noch unklar. Hinweise auf einen Anschlag gibt es derzeit nicht.
Aufgrund der vielen Verletzten ruft das libanesische Rote Kreuz im Land zu Blutspenden auf. Lokale Medien berichten von teils zerstörten sowie überfüllten Krankenhäusern. Der Leiter des Beiruter Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung, Gaier, sagte im Deutschlandfunk, nach den Explosionen hätten sich in Beirut chaotische Szenen abgespielt. Unter anderem habe es einen Ansturm auf die Krankenhäuser gegeben. Laut Gaier wurde das staatliche Elektrizitätswerk zerstört.
Auch Israel bietet Hilfe an
Diab sprach in einer TV-Ansprache von einer Katastrophe. Er kündigte an, dass die für die Explosion Verantwortlichen „den Preis zahlen“ müssten. Die Regierung kündigte eine dreitägige Staatstrauer an.
Neben Deutschland sicherten zahlreiche Staaten und Organisationen dem Libanon Unterstützung zu, darunter Zypern, Iran, die USA und die EU. Auch Israel, das sich offiziell mit dem Libanon im Krieg befindet, erklärte sich bereit, Unterstützung zu leisten. Die Bunderegierung sei erschüttert über die Berichte und Bilder, hieß es von Bundeskanzlerin Merkel. Frankreichs Präsident Macron erklärte, sein Land werde medizinisches Hilfsmaterial nach Beirut schicken.
Wirtschafts- und Schuldenkrise
Der Libanon befindet sich in einer Wirtschafts- und Schuldenkrise. Das libanesische Pfund verlor in den vergangenen Monaten rund 80 Prozent seines Wertes im Vergleich zum US-Dollar. Zuletzt war der Strom im Libanon bis zu 20 Stunden am Tag ausgefallen, weshalb es zu Protesten kam. Die Stromausfälle erschwerten laut Gesundheitsminister Hassan auch die Suche nach Vermissten in der Nacht.
Quelle: Deutschlandfunk vom 05.08.2020