„Coronademo“ auf den Punkt gebracht: Die Systemfrage

Die Deutschlandfahne weht in der Nähe von Riol Landkreis Trier Saarburg Rheinland-Pfalz vor bewölktem Himmel. – Foto: Imago
 

Im Nachgang zur Berliner Großdemonstration vom vergangenen Wochenende werden eine Menge überflüssiger Fragen gestellt. Dabei gibt es im Grunde nur eine. Ist eine friedliche Umkehr überhaupt möglich?

von Max Erdinger

War die „Erstürmung des Reichstags“, dieser merkwürdig harmlose „Angriff auf das Herz unserer Demokratie“ (Bundespräsident Steinmeier) eine von V-Leuten des Verfassungsschutzes inszenierte „False-Flag-Aktion“? Handelt es sich bei „Querdenken“ um kontrollierte, gesteuerte Opposition? Warum waren auf der Querdenkenbühne nur „Linke“ als Redner zugelassen? Wieviele Demonstranten gab es tatsächlich? Ist der Berliner Innensenator Geisel überhaupt noch tragbar?

Das ist nur ein Ausschnitt einer Vielzahl von Fragen, die im Nachgang gestellt werden. Nicht, daß sie im Detail nicht berechtigt wären, das schon. Aber sind das wirklich die wichtigen Fragen?

Die einzige Frage

Die einzige, wirklich wichtige Frage ist die, ob Regierung und Medienmainstream die Möglichkeit noch offensteht, Irrtümer einzuräumen für den Fall, daß es sich um welche handeln sollte. Es wären Irrtümer mit katastrophalen Folgen. Und das ist noch die günstigste Fragenstellung. Deutlich verschärfen ließe die sich durch die Unterstellung, daß es sich nicht um Irrtümer handelt, sondern um entdeckte Inkonsistenzen bei der planvollen Umsetzung einer Agenda, zu deren Umsetzung das Virus und die „Pandemie“ nur als Vehikel dienen sollten. Die zentrale Frage ist also, ob diese Regierung die Möglichkeit hätte, sich der Realität überhaupt noch zu stellen, oder ob sie eine „Scheinrealität“ konstruiert hat, bei der sie nun unbedingt bleiben muß, weil alles andere nicht nur ihr eigener Untergang wäre, sondern zugleich auch der sämtlicher Gewißheiten, die über die „demokratische, freiheitliche und rechtsstaatliche Bundesrepublik Deutschland“ noch immer gültig sind – und deren eventueller Zusammenbruch im absoluten Chaos enden würde. Stecken wir in einer Sackgasse fest?

Realitätsverlust

Wir leben in einem Land, in dem die politische Utopie schon lange die Oberhand über die Realität erlangt hat. Die Landschaften werden im Namen der Ökologie mit Windrädern verschandelt, zu deren Errichtung Megatonnen von Beton als Fundamente in den Boden eingebracht werden, große Waldflächen gerodet werden und Waldwege zu schwerlastfähigen Trassen ausgebaut werden. Die sogenannte „graue Energie“ wird ihrer Bedeutung nach völlig ausgeblendet. Wir leben in einem Land, in dem die „die Menschen“ sich aus mehreren Dutzend Geschlechtern eines aussuchen, obwohl es tatsächlich nur zwei Geschlechter gibt.

Hierzulande gilt dogmatisch, daß der Mensch im Grunde gut sei, daß Verständnis, Weltoffenheit und Toleranz die wichtigsten Werte überhaupt seien, daß man einseitig Frieden ohne Waffen schaffen könne, daß der Verzicht auf die eigene Fortpflanzung wegen der lieben Umwelt verantwortungsvoll sei – und daß Ausländer aus aller Herren Länder auf nichts schärfer seien, als sich in eine Gesellschaft zu integrieren, die sich erstens selbst nicht leiden kann und die sich darüber hinaus evident auf dem absteigenden Ast befindet.

Wir leben in einem Land, das sich der Illusion ergeben hat, ein Abiturientenanteil von 50 Prozent+ unter den Schulabgängern sei ein „gesellschaftlicher Fortschritt“ gegenüber den 10 Prozent, die vor wenigen Jahrzehnten noch üblich gewesen sind. Nein, es sind nicht die Schulabgänger klüger geworden, sondern mehr Deppen als je zuvor haben die „Hochschulreife“, die freilich keine mehr ist, wie zahlreiche Professoren beklagen.

Analoges gilt für Handwerksmeister, die an einer grundsätzlichen Ausbildungsunfähigkeit bei den Hauptschulabgängern verzweifeln. Soziologen und Politologen haben Universitäten in ideologische Kaderschmieden verwandelt, der Biologie als der Lehre vom Leben wird mangelnde politische Korrektheit vorgeworfen, kurz: Ideologen haben das ganze Land gekapert und sind tatsächlich dem Wahn verfallen, sie müssten wahlweise als Missionar oder als Ankläger jeden verfolgen, der ihnen widerspricht, ganz egal, wie diskutabel seine Gegenargumente auch sind.

Auch in einem solchen System hängen die Protagonisten an ihren Futtertrögen, vielleicht sogar noch mehr, als in den patriotischen Zeiten von früher. Man müßte sich nicht wundern, wenn einige von ihnen selbst dann noch das System verteidigen würden, von dem sie leben, wenn ihnen insgeheim längst klargeworden wäre, daß Deutschland eine veritable Bullshit-Nation geworden ist, auf deren Flagge eigentlich ein defäkierendes Rindvieh in schwarz-rot-gold abgebildet sein müsste.

Um Einigkeit und Recht und Freiheit geht es nämlich längst nicht mehr – und nur ein völlig Naiver könnte noch unterstellen, daß die gewählten Volksvertreter tatsächlich Volkes Interessen vertreten. Daß eine Kaste von selbsternannten, hypermoralisierenden Volkspädagogen das Land im Würgegriff hat, wurde schon oft beklagt, weswegen man sich fragen muß, warum ausgerechnet bei der Regierung noch so getan wird, als fühle man sich dort einem Grundgesetz verpflichtet, welches das Volk als den eigentlichen Souverän vorsieht. Weil wir noch Wahlen haben? Was dem Volk zur Wahl angeboten wird, ist längst nur noch das, was nach einer Vor-Auswahl übrig geblieben ist. Und diese Vor-Auswahl trifft der eigentliche Souverän ganz eindeutig nicht. Daß das Staatgebilde namens Bundesrepublik Deutschland eines sei, das aus dem Willen des Volkes hervorgegangen ist, dürfte die größte aller krampfhaft aufrechterhaltenen Scheingewißheiten sein.

Querdenken

Die alte parlamentarische Gesäßgeographie scheint obsolet geworden zu sein. Liebgewordene Gewißheiten müssen dringend überprüft werden. Das stelle ich auch an mir selbst fest. Im Verlauf der vergangenen beiden Jahrzehnte hatte ich mich zum wahren „Linkenfresser“ entwickelt, was ich vermutlich in den grundsätzlichen Dingen auch bleiben werde, aber ich kann mich dieser Tage der Erkenntnis nicht verschließen, daß es auch bei den Linken solche und solche gibt. Es überrascht mich ehrlich gesagt, daß sich beispielsweise ein Jakob Augstein heute öffentlich genau die Frage stellt, die ich eingangs selbst gestellt hatte, nämlich, ob der Regierung die Möglichkeit überhaupt noch offensteht, sich zu ihren Irrtümern zu bekennen, sollten es tatsächlich nur Irrtümer sein. Mir gibt es zu denken, wenn ausgerechnet einer wie Augstein sich über so etwas den Kopf zerbricht. Auch Wagenknecht, Gysi und Lafontaine haben Statements zur Berliner Großdemo abgegeben, die nicht ganz dumm gewesen sind.

Tatsächlich sehen wir eine historische Neuigkeit. Man muß kein Kapitalistenfresser sein, um am Beispiel Chinas zu erkennen, daß kommunistische Unterdrückung von Freiheit und Individualität durchaus mit Konsumfreiheit unter einen Hut zu bringen sind, mithin also, daß sich die früher als wahr unterstellte Aufgabenverteilung zwischen Staat und Kirche („Halte du sie dumm, ich halte sie arm“) weiterentwickelt hat zu einem „Halte du sie gefügig, ich tröste sie mit meinen Gütern“. Es gibt durchaus Linke, die zur Zeit allmählich begreifen, daß die wichtigste aller Emanzipationen die von jener staatlichen Allmacht wäre, die bei der Schaffung von „sozialer Gerechtigkeit“ insofern grandios versagt hat, als daß sie selbige auf ihre rein materiellen Aspekte beschränkte. „Sozial gerecht“ wäre es – um diese in sich schwachsinnige Phrase dennoch zu verwenden – die sozialen Unterschiede hinsichtlich individueller Kompetenzen auch in geistiger Hinsicht zu berücksichtigen. Verordnete Gleichheit ist nämlich die größte Ungerechtigkeit überhaupt. Sie erleichtert lediglich das Regieren, negiert aber evolutionsbiologische Unabänderlichkeiten. Der Staat hat damit aufzuhören, sich als der große Nivellierer zu gerieren.

Wenn man fast reflexhaft bemängelt, daß auf der Querdenken-Bühne an der Siegessäule nur „Linke“ geredet haben (ist Robert F. Kennedy ein „Linker“?), so kommt man doch nicht umhin, zuzugeben, daß es genau diese Bühne gewesen ist, von der nicht nur die Forderung nach einem sofortigen Rücktritt der Bundesregierung kam, sondern auch die nach der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung. Gerade Letzteres hat viel Argwohn hervorgerufen. Ich weiß nicht, warum, weil es zu dieser sehr pauschalen Forderungen gar keine näheren Erläuterungen gegeben hat. Bei einer verfassungsgebenden Versammlung käme es natürlich darauf an, wer sich dort mit welchen Absichten genau versammelt. Grundsätzlich sehe ich aber Licht bei dem Gedanken an eine Verfassung, die ihrem Geiste nach dem Grundgesetz ähnelt, aber an denjenigen Stellen Verbesserungen enthält, die als ursächlich für den degenerierten Gegenwartszustand zu identifizieren wären. Nach über 70 Jahren Grundgesetz liegen seine Anfälligkeiten offen.

Eine Verfassung statt eines Grundgesetzes

1. Die Macht der Parteien müsste dringend begrenzt werden. Es ist bspw. ein Unding, daß Parteien Einfluß auf die Besetzung von Intendantenstellen bei den Öffentlich-Rechtlichen haben, genauso, wie es ein Unding ist, daß die Justiz von Parteimitgliedern bevölkert ist. Der Staat hat aus den Klauen der Parteien befreit zu werden. Er kann nicht länger ihre Beute bleiben.

2. Medienbeteiligungen von Parteien sind ebenfalls ein Unding. Es geht nicht, daß bspw. die SPD im Grunde eine riesige Medienholding mit einem angeschlossenen „Parteichen“ ist.

3. Die Regierung sollte aus pragmatischen, unideologischen Parteilosen bestehen. Nur die Besten kommen überhaupt in Frage. Die Parteien im Bundestag sollten lediglich noch die Debattenbeiträge zum Gesamtbild liefern.

4. Bundestagsabgeordnete werden fürstlich bezahlt und haben sich jeder erwerbsmäßigen Nebentätigkeit zu enthalten.

5. Wo es einen Führerschein als Nachweis der Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs braucht, bräuchte es logischerweise einen Wahlbefähigungsnachweis.

6. Es hat eine zulässige Obergrenze bei der Steuerquote eingeführt zu werden, ebenso eine für staatsabhängig Beschäftigte im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung.

7. Es hat sichergestellt zu werden, daß die Gesetzesflut niemals zunimmt. Für jedes neue Gesetz hat ein altes abgeschafft zu werden.

8. Verfassungsänderungen haben an extrem hohe Hürden geknüpft zu werden.

9. Das Subsidiaritätsprinzip hat Verfassungsrang zu erhalten.

10. Deutschland ist das Land der Deutschen, weswegen es eine verfassungsrechtliche Unterscheidung geben muß zwischen Deutschen und deutschen Staatsbürgern.

11. Die Bundesrepublik muß jederzeit in der Lage sein, sich auch ohne Bündnispartner selbst zu verteidigen.

12. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Parteilosen, übernimmt eine permanente Wächterfunktion und kann von sich aus einschreiten, ohne zuvor angerufen werden zu müssen.

Das wären, schnell aus der Hüfte geschossen, erst einmal zwölf Punkte, mit denen jenen Verfallserscheinungen begegnet werden könnte, die das Grundgesetz offensichtlich ermöglicht hat. Grundsätzlich hätte es um die Zurückdrängung des Einflußes von Ideologen auf das Leben des Bürgers zu gehen. Eine gute Verfassung wäre nicht von Ideologen zu unterlaufen.

Höchste Vorsicht wäre allerdings bei der Zusammenstellung einer verfassungsgebenden Versammlung angezeigt. Eine der Befürchtungen, die wegen der Querdenken-Forderung nach der Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung laut geworden sind, ist völlig zu Recht die, daß das Grundgesetz durch eine Verfassung ersetzt werden könnte, die genau jene Überführung des souveränen Nationalstaats in eine „neue Weltordnung“ ermöglichen soll, welche nach den Buchstaben des Grundgesetzes derzeit noch ausgeschlossen ist. Jedenfalls, so lange sich die Regierung überhaupt noch ans Grundgesetz hält. Die Bundeskanzlerin hat nämlich berechtigte Zweifel daran gesät, daß das Grundgesetz noch im Zentrum ihrer Überlegungen steht. Wenn eine neue Verfassung das verhindern könnte, wozu das Grundgesetz offenbar nicht mehr in der Lage ist, nämlich das Ausleben autokratischer Anwandlungen eines Bundeskanzlers, dann lohnt sich das Nachdenken über eine verfassungsgebende Versammlung allemal.Soviel steht fest: Mit dem System, für welches das Grundgesetz steht, hat das derzeitige nicht mehr viel zu tun. Das kann und muß nicht so bleiben. Unabhängig davon ist richtig, daß diese Bundesregierung schleunigst zurücktreten muß. Sie ist eine einzige Verstandesbeleidigung des ach-so-mündigen Bürgers und hat sich in unhaltbare Positionen verstiegen, von denen sie aus eigener Kraft unbeschädigt nicht wieder herunterkommt. Es gibt nicht den geringsten Grund, sich weiterhin von ihr für ihre eigenen „Irrtümer“ (im günstigeren Fall) in Geiselhaft nehmen zu lassen. Es ist wieder einmal Zeit für eine „Wende“.

Quelle: journalistenwatch.com vom 02.09.2020 


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