Sachsens Grundbücher garantieren seit 1843 Immobilieneigentum der Universität – Freistaat als Vollstrecker der DDR-Enteignungspolitik

Leipzig  (ADN). Als nach 1843 in Sachsen Grundbücher im heutigen Sinne angelegt wurden, bekamen viele Grundstücke in Leipzig als Rechtsgrund für die Eintragung den Vermerk „Seit rechtsverwährter Zeit Eigentum der Universität.“ Auf dieses eherne Rechtsprinzip wies Peter Gutjahr-Löser am Montag bei einer Feier zum Gedenken an die Sprengung der Leipziger Universitätskirche am 30. Mai 1968 hin. Den eigentlichen Hintergrund eines eventuellen Neubaus oder eines Wiederaufbaus der im Jahr 1545 von Martin Luther geweihten „Paulinerkirche“ habe von 1997 an die Auseinandersetzung um das Immobilieneigentum der Universität gebildet. Der Einigungsvertrag habe festgelegt, dass in Volkseigentum umgewandelte Immobilien den Alteigentümern zurückzugeben sind. Das aber wollte Sachsens Finanzministerium nicht akzeptieren und es kam zum Streit. „Der Einigungsvertrag hatte nach seiner Ratifizierung durch Volkskammer und Bundestag Gesetzeskraft, galt also auch für unser früheres Eigentum. Wir gingen davon aus, dass wir es zurückerhalten würden“, sagte der ehemalige, in den Jahren 1991 bis 2005 amtierende Kanzler der Leipziger Universität. Das Finanzministerium jedoch habe den Verzicht auf die Rückgabeansprüche gefordert. Dazu sei das Universitätsrektorat nicht bereit gewesen und habe sich auf die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes berufen. Eine Enteignung hätte in diesem Fall gegen das von Juristen als „Übermaßverbot“ bezeichnete Kriterium verstoßen.

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„Dieses Argument wischte das Finanzministerium vom Tisch. Als dessen Staatssekretär Karl-Heinz Carl mich eines Tages anherrschte, die ganze Welt habe sich geändert, das Körperschaftseigentum sei anachronistisch, das müsse endlich auch die Universität einsehen, habe ich ihm geantwortet, der Freistaat Sachsen mache sich damit zum Vollstrecker der Enteignungspolitik der DDR. Westliche Universitäten müssten solche Opfer nicht bringen. Andere neue Länder gingen einen anderen Weg. So habe die Universität Greifswald inzwischen ihre umfangreichen Ländereien zurückerhalten. Die Universität Leipzig erstrebe mit den Bemühungen um die Rückgabe ihres Eigentums nichts Gemeinschaftswidriges, sie bestehe aber auf ihrem Recht auf Selbstverwaltung. Sie sei nun einmal – aus guten Gründen – keine nachgeordnete Behörde der Regierung. Statt einer Antwort ließ mich der Staatssekretär einfach stehen“, schilderte Gutjahr-Löser eindrucksvoll seine Erlebnisse im leidenschaftlichen Streit um Leipzigs universitäres Immobilieneigentum. Erst sehr viel später akzeptierte die sächsische Landesregierung prinzipiell die Existenz des Körperschaftsvermögens der Universität. ++ (pa/mgn/30.05.16 – 144)

Quelle: Nachrichtenagentur ADN (SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46) vom 30.05.2016

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