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Neuer Streit zwischen Brüssel und Warschau: Droht jetzt der „Polexit“?

28. März 2021
Neuer Streit zwischen Brüssel und Warschau: Droht jetzt der „Polexit“?
INTERNATIONAL

Warschau/Brüssel. In Brüssel ist man alarmiert, und in den etablierten Medien macht ein neues Wort die Runde: der Polexit – der EU-Austritt Polens. Beobachter sehen ihn jetzt wahrscheinlicher werden, denn die EU will nun auch gegen Warschau ein sogenanntes „Rechtsstaatlichkeitsverfahren“ wie gegen Ungarn einleiten.

Der gerade frisch vereidigte polnische Regierungschef Mazowiecki hat dafür kein Verständnis. Er ließ Medienvertreter dieser Tage wissen: „Die Polen sind ein stolzes, wichtiges, großes Volk. Wir lassen nicht zu, daß man uns erpreßt.“

Außer dem „Rechtsstaatlichkeitsverfahren“ sehen Beobachter Streit ums Geld, der die Kluft zwischen Warschau und der EU vertiefen könnte. Denn ab kommendem Jahr muß wegen des Wegfalls der Briten die Mittelverteilung in der EU neu verhandelt werden. Warschau hat damit weniger Geld aus Brüssel zu erwarten als bisher. Und: die EU will die Auszahlung von Geld aus EU-Fonds ab 2020 an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien knüpfen. Dagegen läuft Warschau Sturm, moniert einen Verstoß gegen den EU-Vertrag.

Die Warschauer Politikwissenschaftlerin Renata Mienkowska urteilt deshalb: „Womöglich hat die Regierung kein Interesse, nach 2020, also nach der nächsten Parlamentswahl und am Anfang der neuen Periode des EU-Budgets, noch in der EU zu bleiben.“ Und: „Wenn es sich dann finanziell nicht mehr auszahlt, könnte sich Polen verabschieden. Es tut mir weh, das zu sagen, aber: Ein Austritt Polens ist absolut möglich.“

Auch Agnieszka Łada, Direktorin der Europaabteilung im Institut für Öffentliche Angelegenheiten in Warschau, sieht die Gefahr eines Austritts: „Polen will in der EU bleiben, aber das, was die Regierenden machen, stellt es in Frage.“

„Niemand sagt und macht direkt etwas, um Polen aus der EU raus zu bringen, aber die Atmosphäre, die man schafft, ist ein Schritt in diese Richtung“, sagt die Politikwissenschaftlerin. Man zeige die EU „als Feind mit anderen Werten als bei uns“. Wie beim Brexit könnte es eine Spirale geben. „So kann es auch in Polen mal passieren. Ich denke nicht, daß es innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre stattfindet. Aber wenn die Tendenzen von heute nicht gestoppt werden, ist es langfristig eine Gefahr.“

Immerhin: es gibt bereits eine rechtsnationale Petition, die polnische EU-Kritiker für ein Referendum über den EU-Austritt Polens unterschreiben können. Brüssel wäre gut beraten, den Bogen nicht zu überspannen. (mü)

Quelle: zuerst.de vom 28.03.2021

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