Mit Neonicotinoiden behandelter GVO-Mais tötet 37 Millionen Honigbienen

03.07.2016
David Gutierrez

Wer immer noch skeptisch ist, welche Rolle Neonicotinoid-Insektizide in der weltweiten Ausrottung der Honigbiene spielen, muss sich nur anschauen, was sich im Frühling 2013 in der kanadischen Provinz Ontario zugetragen hat: Wenige Tage nach der Ausbringung von gentechnisch verändertem Mais (GVO-Mais) in der Nähe, mussten Imker mitansehen, wie ihre Honigbienen scharenweise starben.


»Schon als mit der Anpflanzung des Maisfelds begonnen wurde, starben unsere Bienen millionenfach«, sagt der Bienenzüchter Dave Schuit. Er allein verlor rund 600 Bienenvölker, insgesamt kamen etwa 37 Millionen Bienen ums Leben.

94 Prozent der GVO-Samen sind mit Neonicotinoid-Insektiziden vorbehandelt. Diese Chemikalien, die als »systemische« Pestizide bezeichnet werden, nimmt die wachsende Pflanze dann in allen Geweben auf. Dadurch werden die Blätter für landwirtschaftliche Schädlinge giftig. Aber Blütenstaub, Nektar, Blüten – und ja, selbst die Samen – sind auch für alle anderen Tiere (von Honigbienen über Vögel bis zum menschlichen Endverbraucher) giftig, die damit in Kontakt kommen.



Eindeutige Beweise

Die Imker machten natürlich sofort die Neonicotinoide für die toten Bienen verantwortlich, da sie so schnell nach der Anpflanzung gestorben waren, dass es unwahrscheinlich war, dass die GVO-Saat selbst die Insekten getötet haben könnte. Die Bienenzüchter verwiesen auf eine Methode namens »Air Seeding« (Einzelkornausbringung), bei der Neonicotinoid-Staub beim Ausbringen der Saat hochfliegen und sich über die Luft in großen Gebieten verbreiten kann.

Diese Erklärung konnte durch zwei unabhängige Untersuchungen bestätigt werden. In einer davon fanden Wissenschaftler der Purdue University heraus, dass tote und sterbende Bienen aus der Umgebung neurotoxische Symptome aufwiesen, die zu einer Neonicotinoid-Vergiftung passten. Zudem fanden sie an allen Bienen Spuren dieser Chemikalien. Sie identifizierten die Saat auf landwirtschaftlichen Feldern in der Umgebung als »einzige große Quelle dieser chemischen Komponenten«.


Eine andere Studie der örtlichen Pest Management Regulatory Agency (Ordnungsbehörde für Schädlingsbekämpfung) kam zu noch deutlicheren Ergebnissen: Sie stellte direkt fest, dass die mit Neonicotinoiden behandelte Maissaat »zum Tod der meisten Bienen beigetragen hat«.

Die Chemikalien zerstören auch das Immunsystem der Bienen

Noch laufen weitere Studien über die Rolle der Neonicotinoide bei dem derzeitigen Schrumpfen der Honigbienenpopulationen, das Pestizidhersteller gern auf Krankheiten oder Schädlinge zurückführen möchten. Doch laut einer neuen, in Proceedings of the National Academy of Sciencesveröffentlichten Studie sind Neonicotinoide nicht nur Neurotoxine, sondern beschädigen auch das Immunsystem der Bienen. Dadurch werden sie freilich anfälliger für die Krankheitserreger, denen die Pestizidindustrie zur Entlastung ihrer eigenen Produkte die Schuld zuschieben möchte.


Die Studie wurde von Wissenschaftlern der Universität im italienischen Udine durchgeführt. Sie fanden heraus, dass diese Krankheit bei Bienen, die in Kontakt mit Neonicotinoiden kamen und sich später mit dem normalerweise harmlosen Flügeldeformationsvirus ansteckten, häufig tödlich verlief. Das beschädigte Immunsystem war augenscheinlich eine Folge der von den Neonicotinoiden verursachten Nervenschäden.

»Unsere Daten weisen darauf hin, dass es bei Insekten – wie auch bei Wirbeltieren – zu einer neuralen Veränderung der Immunantwort kommen kann«, sagt Francesco Nazzi, der an der Studie beteiligt war. »Dies schafft die Voraussetzungen für weitere Studien auf diesem Gebiet und wirft die Frage auf, wie neurotoxische Substanzen die Immunreaktion beeinflussen können.«

Der Verlust natürlicher Lebensräume, in denen Bienen und andere Bestäuber nach Futter suchen können, trägt vermutlich ebenfalls zum Rückgang der Bestände bei. Und auch Mangelernährung erhöht die Anfälligkeit der Bienen für Krankheiten und toxische Chemikalien.

2015 wurden zwei Artikel veröffentlicht, die ebenfalls davor warnten, dass die Auswirkungen von Neonicotinoiden weit über die Honigbienen oder sogar alle Bestäuber hinausgingen. Der eine Artikel, der in der Zeitschrift Nature erschien, wies nach, dass Neonicotinoide Vogelpopulationen vernichten – sowohl durch direkte Vergiftung als auch durch die Zerstörung von Futterquellen.


Der andere wissenschaftliche Bericht untersuchte 800 Studien der internationalen Task Force on Systemic Pesticides. Er kam zu dem Schluss, dass Neonicotinoide die Bestände von »Nicht-Zielarten« wie harmlosen und nützlichen Insekten, Regenwürmern, wirbellosen Wassertieren, Eidechsen und sogar Fischen vernichten können.

Der Schaden durch Neonicotinoide ist mit den weitreichenden ökologischen Folgen zu vergleichen, die einst von Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) verursacht wurden.

Quelle: Kopp-online vom 03.07.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Wer solche Gifte ausbringt sollte am eigenen Gift verrecken.
Lernt denn die Menschheit nichts dazu?

Wenn die Bienen alle sterben stirbt auch der Mensch weil keiner mehr da ist für eine Befruchtung.
Und unsere unverantwortlichen Politiker lassen weiterhin zu, dass unsere Felder systematisch vergiftet werden.

Birgit
7 Jahre zuvor

Die Regierigen mögen zur Besprühung antreten. Es wird ihnen gut tun, diese Erfrischung.