Ermittlungen gegen Financial Intelligence Unit – Nach Cum-Ex und Wirecard: Kurz vor der Wahl droht Scholz der nächste Finanzskandal

 
Untersuchungsausschuss zum Wirecard Bilanzskandal - Scholz
Kay Nietfeld/dpa-POOL/dpa Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kommt im April zur Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Bilanzskandal Wirecard im Deutschen Bundestag
  • FOCUS-Online-Reporter Axel Spilcker
Freitag, 10.09.2021, 10:18

Die Durchsuchungen im Bundesfinanz- und Justizministerium im Zuge der Ermittlungen gegen die Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU), die offenbar Tausende Verdachtsanzeigen der Banken auf die Finanzierung von Terrorismus und Drogenhandel liegen ließ, gehen offenbar auf mangelnde Kontrollen durch die Aufsichtsbehörde des obersten Schatzmeisters der Republik zurück.

Die Nachricht wirkte wie ein politischer Paukenschlag. Mitten im Endspurt zur Bundestagswahl durchsuchten Staatsanwälte aus Osnabrück Räume im Hause des SPD-Spitzenkandidaten Olaf Scholz. Am Donnerstagmorgen erschienen die Strafverfolger im Bundesfinanzministerium und im Bundesjustizministerium von Parteifreundin und Justizministerin Christine Lambrecht. Laut Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer soll geklärt werden, wer daran mitwirkte, dass zahlreiche Geldwäscheanzeigen der Geldinstitute nie oder zur spät an die Ermittlungsbehörden gelangten.

Die Osnabrücker Justiz ermittelt wegen der Strafvereitelung im Amt. Der Fall nahm in Köln-Dellbrück seinen Anfang. Dort in der ehemaligen Kaserne sitzt die Spezialeinheit der Zollbehörden, die sich bundesweit mit Geldwäsche, Terrorfinanzierung sowie anderen Delikten beschäftigt. Seit 2020 gehen die niedersächsischen Strafverfolger dem Verdacht nach, dass die sogenannte Financial Intelligence Unit (FIU) schlampig gearbeitet hat, so dass Tausende Anzeigen einfach unter den Tisch fielen. Die Hinweise müssen, laut Retemeyer, binnen 72 Stunden an Justiz und Polizei weitergegeben werden, „ansonsten können wir manche dubiose Finanzflüsse nicht mehr aufhalten“.

Auslöser der Ermittlungen war ein Fall aus dem Jahr 2018. Seinerzeit hatte die Direkt-Bank N26 die FIU über dubiose Geldströme informiert. Etwa 1,7 Millionen Euro sollen in dunkle Kanäle nach Afrika geflossen sein. Der Hinweisgeber vermutete, dass der Betrag mit Waffen- und Drogenhandel sowie der Terrorfinanzierung in Zusammenhang stand. Da die FIU die Information nicht weiterleitete, ist bis heute unklar, in welchen Taschen das Geld tatsächlich landete.

 

Scholz-Ministerium unter Druck: Ermittler durchsuchen Ministerbüros in Berlin

Vor gut einem Jahr durchsuchten die Osnabrücker Ermittler die Räume der FIU in Köln. Seinerzeit ermittelte man noch gegen Unbekannt. Bei der Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen und Dateien fand sich ein intensiver Austausch zu dem Thema mit den zuständigen Stellen im Bundesfinanz- als auch im Justizministerium.

Um die Namen der Tatverdächtigen herauszufiltern, durchstöberten die Osnabrücker Finanzfahnder nun die Büros der Ministerialen in Berlin. Die Staatsanwaltschaft nimmt nach eigenen Angaben die Ministerien bis in die Spitze in den Blick. Untersucht werde, „ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“.

Untersuchungsausschuss zum Wirecard Bilanzskandal - Scholz
dpa Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im Untersuchungsausschuss zum Wirecard Bilanzskandal

Das Finanzministerium erläuterte dazu, der Verdacht richte sich nicht gegen Beschäftigte des Ministeriums, sondern gegen unbekannte Mitarbeiter der FIU an deren Sitz in Köln. Bei der „erweiterten Sachverhaltsaufklärung“ gehe es um das Fachreferat im Ministerium, das für die FIU zuständig ist. „Das Bundesministerium der Finanzen unterstützt die Behörden selbstverständlich voll und ganz“, so die Stellungnahme.

Bundesregierung hatte schon länger einen Verfahrensstau gemeldet

Eine nette Umschreibung für einen handfesten Skandal. Seitdem die FIU 2017 vom Bundeskriminalamt (BKA) zum Zoll wechselte, wächst die Kritik. Immer wieder klagen Vertreter der Sicherheitsbehörden darüber, dass die Zoll-Beamten die Verdachtsfälle zu langsam bearbeiten. Das BKA monierte bereits Ende 2018, dass die Mitteilungen der FIU oft fehlerhaft seien.

Überdies musste die Bundesregierung auf Nachfrage der Opposition einen gehörigen Verfahrensstau bei der FIU einräumen. Noch im Mai 2019 lagen 3600 Meldungen auf Halde. Ein Zoll-Sprecher hob im vergangenen Jahr gegenüber FOCUS Online die Fortschritte der Geldwäsche-Sektion hervor. So sei das Personal bei der FIU erhöht worden und seit Jahresbeginn hätten die Finanzfahnder erweiterte Zugriffe auf Polizeidatenbanken erhalten, um schneller Informationen zu gewinnen. „Dies wird dazu beitragen, die Arbeit der FIU weiter zu verbessern“, so der Sprecher.

Sebastian Fiedler, Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), kann darüber nur lachen. „Die Leute bei der FIU lügen, dass sich die Balken biegen.“ Bereits bei Anhörungen im Bundestag und im Finanzausschuss in NRW hätten die Vertreter „ihr Versagen schöngeredet“. Nach Fiedlers Erkenntnissen sind im Laufe der Jahre Tausende Fälle nie oder viel zu spät zur Justiz und Polizei gelangt, „weil die FIU personell schlichtweg abgesoffen ist.“ Siehe etwa beim Milliarden-Crash des Finanzdienstleisters Wirecard oder bei Betrügereien mit der Corona-Soforthilfe. In der Kommunikation mit den Ministeriumsstellen in Berlin habe man die prekäre Lage vermutlich in leuchtenden Farben dargestellt. „Jede Woche wurden hier Stilblüten kreiert“, moniert der BDK-Vorsitzende.

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück goss in einer Mitteilung zu den Durchsuchungen am Donnerstag weiteres Öl ins Feuer. So gehen die Ermittler auch der Frage nach, „weshalb seit der Übernahme der Geldwäschekontrollen durch die FIU die Zahl der Verdachtsmeldungen auf einen Bruchteil zurück gegangen ist“. Geldwäsche sei ein großes Problem, erklärte Oberstaatsanwalt Retemeyer.

„Love-Scamming“ als neue Masche bei der Geldwäsche

Eine Masche, die inzwischen besonders gerne genutzt werde, sei das sogenannte „Love Scamming“. Über soziale Netzwerke locken Kriminelle aus Afrika und anderen Kontinenten Frauen in Deutschland an. Die Täter machen ihren Opfern Avancen.

Zugleich klagen die Gauner über tragische Zwischenfälle, bei denen sie viel Geld verloren haben und nun in eine Notlage geraten sind. Man schickt Fotos, kommt sich näher, bis die Frauen alle Vorsicht fahren lassen und ihre Konten plündern, um ihren neuen Lover in spe zu alimentieren. „Wenn dann das ganze Geld weg ist, benutzen die Betrüger diese Frauen als Geldwäscherinnen“, weiß Retemeyer. Große Beträge werden über deren Konten geschleust, um sie zu waschen. „Das Geld landet dann etwa in Ghana und Guinea, von dort verliert sich seine Spur“, berichtet der Oberstaatsanwalt.

Zumal die deutschen Geldwäsche-Bekämpfer hierzulande offenbar häufig schlafen. Während bundesweit die Zahl der Meldungen 2020 verglichen mit dem Vorjahr von 115.000 auf 140.000 anstieg, sanken zugleich die Fallzahlen im selben Zeitraum um knapp 10.000 auf 24.700. Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza kritisiert seit geraumer Zeit die Praxis der FIU: „Aus meiner Sicht werden dort Verdachtsfälle zu langwierig bearbeitet, sodass der weit überwiegende Teil überhaupt gar nicht oder viel zu spät an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wird. Es muss dort genauer und umfassender hingeschaut werden“, sagte die CDU-Politikerin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Ähnlich sieht es in NRW aus. Bereits im April 2020 hatte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) nach FOCUS-Online-Informationen bei seiner Amtskollegin Lambrecht in Berlin einen schnelleren Informationsfluss durch die FIU angemahnt. Demnach horte die Spezialeinheit zahlreiche Verdachtsfälle in einem Infopool, ohne diese direkt weiterzugeben. Diese Praxis, „könnte auch geeignet sein, die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden mit der FIU zu beeinträchtigen“, hieß es. Biesenbach regte an, den Missstand den zuständigen Stellen im Finanzministerium vorzutragen. Die Antwort aus Berlin erfolgte erst im Juli 2021, also ein Jahr später, mit einer lapidaren Antwort: Man werde das Thema besprechen.

Der Geldwäsche-Skandal wirft nach dem Wirecard-Desaster und der Cum-Ex-Affäre erneut ein schlechtes Licht auf das Bundesfinanzministerium und ihren Hausherrn Olaf Scholz. Zumal der oberste Kassenwart der Republik für Zoll und FIU zuständig ist. Die Schlagzeilen von heute werden dem Kanzlerkandidaten nicht gefallen.

Quelle: Focus-online vom 10.09.2021

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Ulrike
Ulrike
2 Jahre zuvor

Jetzt wird der kleine Gernegross demontiert noch vor der Wahl………Nachtigal ich hör dich tapsen.

Der hat doch genug Dreck am Stecken was der in Hamburg alles gemacht hat.
Schulden wie die Sau hinterlassen.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
2 Jahre zuvor

Keine Angst! Da passiert nichts! Alles Mupped Show!

Annette
Annette
2 Jahre zuvor

Grüne, Senkrechtstarter kommen auch so runter.
Dann hatten die Grünen ein Beliebtheitsproblem.

SPD Scholz, er stürmte den Himmel, doch da lagen die Verfehlungen und er rutschte in den Keller.

Die CDU freut sich…

birgit
birgit
2 Jahre zuvor

Alles Schauspiel und Verwirrung ! Hauptsache mäh, mäh, wird in Unsicherheit getrieben. Also keine Stimmabgabe, alle Darsteller sind eines Kanzlers nicht würdig.

Ulrike
Ulrike
2 Jahre zuvor

Hat Deutschland wirklich nur diese Nieten als Kanzlerkandidaten ?
Mir graut.