Erst begeistert, jetzt betreten: BDI-Präsident wird von Flüchtlingsrealität eingeholt

19.07.2016
Birgit Stöger

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, hielt letzte Woche in Wien ein Referat vor Spitzenmanagern. Grillo stellte in seinem Vortrag den Beschäftigungsausblick der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vor. Die Organisation prophezeit nicht weniger als das Ende des deutschen Jobwunders durch den Flüchtlingsstrom.

Der Hochgesang auf die »Chancen der Zuwanderung«

Dabei hatte Ulrich Grillo vor genau einem Jahr noch gänzlich andere Töne von sich gegeben und sich als einer der größten Fans von Angela Merkels (CDU) Willkommenskultur in erster Reihe positioniert: »Wie entschlossen die Kanzlerin in der Krise aufgetreten ist, hat mich wirklich beeindruckt«, so der BDI-Chef in der ehemals konservativen Wirtschaftswoche.

Gegenüber der WAZ sprach der BDI-Chef von der »Verpflichtung Deutschlands«, als Wohlstandsstaat und aus christlicher Nächstenliebe heraus noch mehr Immigranten aufnehmen zu müssen. Wirtschaft und Politik müssten in viel stärkerem Maße den Bürgern die »Chancen der Zuwanderung« erklären.

Zudem sei Deutschland längst ein Einwanderungsland und müsse dies auch bleiben, so Grillo im damaligen Brustton der Überzeugung, um dann endlich mit der tatsächlichen Motivation für sein Werben um eine massive, kulturfremde Zuwanderung in das bevölkerungsreichste Land Europas herauszurücken: Der BDI repräsentiert die politischen Interessen von mehr als 100 000 Unternehmen. Nach Schätzungen dieses Verbandes würden Deutschland wegen der Bevölkerungsentwicklung bis 2020 sieben Millionen – natürlich billige – Arbeitskräfte fehlen.

Noch im November 2015 verkündete Grillo, dass er dementsprechend in fünf bis sieben Jahren eine »Welle gut ausgebildeter Flüchtlinge auf die deutsche Wirtschaft zurollen« sehe. Die Deutsche Bank klatschte Beifall und bejubelte, dass Deutschland »die USA als traditionell größtes Einwanderungsland ablösen« könne.

Aber nicht nur wirtschaftlich werde Deutschland vom Merkelschen Genius profitieren. Die Zeit schrieb: »Je mehr Muslime nach Deutschland kommen, desto deutscher kann der hier gelebte Islam werden.« Eine Win-win-Situation erster Güte.

»Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?«

Ein Jahr und rund 2,1 Millionen mehrheitlich junger, männlicher, schlecht bis gar nicht ausgebildeter muslimischer Immigranten später scheint sich der berufsmäßige Optimismus des Industriekapitäns verflüchtigt zu haben. Ganz dem Konrad-Adenauerschen Credo folgend »Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?« teilte der ehemalige Bilderberg-Teilnehmer im Gespräch mit Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) letzte Woche in Wien mit, dass seiner Ansicht nach eine »schnelle Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt illusorisch« sei.

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Der Chef des mächtigen BDI stellt laut dem Kurier klar: »Eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt ist illusorisch. Wenn wir in fünf Jahren 20 Prozent der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert haben, dann sind wir verdammt erfolgreich. Wir brauchen noch immer qualifizierte Zuwanderung – das ist aber ein separates Thema.«

EU will den Zuzug von Fachleuten erzwingen

Ganz im Thema bei Grillo: die Europäische Kommission. Diese plant laut Welt Online aktuell, eine stärkere Öffnung der Europäischen Union für hochqualifizierte Immigranten aus Drittstaaten, auch gegen den Widerstand einiger EU-Mitgliedsstaaten, voran zu treiben.

Die 2012 eingeführte Blue Card erwies sich, wie so vieles aus Brüssel, als Totgeburt und grandiose Fehleinschätzung überheblicher und aufgeblasener EU-Politiker. Die in Massen erwarteten und prophezeiten gut ausgebildeten Inder blieben fast zur Gänze aus und wandten sich weitaus attraktiveren Angeboten in nichteuropäischen Ländern wie den USA, Japan, Australien oder Singapur zu.

Dies soll nun nach dem Willen der EU geändert und der gut ausgebildete Drittstaatler zum Zweck der Erwerbstätigkeit mit einem vereinfachten Daueraufenthaltsrecht geködert werden. Den Unternehmen werden abgesenkte Gehaltsgrenzen in Aussicht gestellt. Zudem hat die EU-Kommission in ihrem Allmachtgehabe klargestellt, dass sie es nicht länger hinnehmen wolle, dass die Mitgliedsstaaten parallel zur Blue Card weiter ihre nationalen Regeln für die Zuwanderung von Hochqualifizierten anwenden.

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EU-weiter Widerstand ist zu erwarten

Wie Welt Online berichtet, kündigte Deutschland seinen Widerstand gegen die EU-Reform der Blue-Card-Regelung an. Auch die durch die heillose Euro-Politik in der Krise tief gestürzten südlichen EU-Länder wie Portugal, Spanien oder Griechenland mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent werden nicht gewillt sein, die Neuregelung der EU anzuwenden.

Auch weniger gebeutelte Mitgliedsstaaten wie Schweden, die Niederlande, Irland oder Dänemark, von den osteuropäischen Mitgliedern gar nicht zu sprechen, machten in der Vergangenheit in einem nur geringen Maße Gebrauch von der Blue Card. Bislang spielt bei der Arbeitsmigration nach Deutschland das zentralistisch geplante Blue-Card-Projekt zahlenmäßig ebenfalls nur eine sehr geringe Rolle. Derzeit gibt es hierzulande rund 28 000 Blue-Card-Besitzer. Mehr nicht.

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Der Vizepräsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) rät der Kommission, die derzeitige Situation zu akzeptieren und die weitere Entwicklung in Ruhe abzuwarten. Jetzt mit der Brechstange die Mitgliedsstaaten zwingen zu wollen, ihre teils durchaus erfolgreichen nationalen Regeln zugunsten einer einheitlichen EU-Regelung aufzugeben, sei kein »erfolgversprechender Ansatz«.

Die immer wiedergekaute Mär vom Fachkräftemangel

Seit Jahren bereits schlagen maßgebliche Arbeitgeberverbände Alarm und beschwören, gerade in Zeiten der nicht abschwellenden Massenimmigration, den angeblichen Fachkräftemangel. Und immer wieder wurde und wird dargestellt, dass es sich hierbei um einen gewollt inszenierten Alarmismus handelt, dass es einen allgemeinen Fachkräftemangel in den MINT-Berufen eher nicht gebe. Mitte des letzten Jahres sprach Arbeitsmarktexperte Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gar von einer »Fata Morgana« des Fachkräftemangels.

Die Berechnungen des Verbands Deutscher Ingenieure (VDI) würden auf mehr oder weniger willkürlichen Faktoren beruhen. Sein Hauptargument gegen den prognostizierten Fachkräftemangel: Gäbe es einen wirklichen Engpass, würden die Löhne viel deutlicher steigen, als sie das bislang tun. Denn wenn ein Gut knapp sei, dann erhöhe das auch die Preise. Eine marktwirtschaftliche Weisheit, die auch dem Wirtschaftsfunktionär Ulrich Grillo bekannt sein dürfte. Doch er will höhere Löhne durch die massive Unterstützung der Merkelschen Politik für seine Klientel verhindern.

Quelle: Kopp-online vom 19.07.2016

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