Gleichgewicht des Schreckens oder ungleiche Angstmache?

 

 

Um es vorauszuschicken: Ich war ein Pazifist. Ich tat mich schwer mit dem Kriegs- bzw. Wehrdienst, weil ich schon in jungen Jahren wusste, dass nie so viel gelogen wird wie im Vorfeld von Kriegen. Und auch während diesen, und danach wird auch nicht weniger gelogen. So war es auch in den 80er Jahren, als erneut die russischen Raketen schlimmer am Pranger standen als das eigene Atomwaffenarsenal der NATO. Deshalb war ich in der Friedensbewegung engagiert, weil ich das numerische Gleichgewicht des Schreckens sehr aufmerksam verfolgte. Das Wort „Schrecken“ nehme ich nicht leichtfertig in den Mund, denn wir hatten mehrmals Glück, dass der Dritte Weltkrieg nicht aus Versehen seinen Lauf nahm.

Aber die jetzige Generation der Meinungsmacher ist nicht ungefährlicher als die Scharfmacher damals. Ein Beispiel ist Claus Kleber, der zum Jahresende – Gott sei Dank – sein letztes „Heute Journal” moderierte. Wer es vergessen haben sollte: Am 4. April 2019 verkündete der ZDF-Anchorman zu Beginn seiner Nachrichtensendung den Beginn des dritten Weltkrieges, als er mit ernster Miene den folgenden Satz sprach: „Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort wie vor einigen Jahren auf der Krim festgesetzt haben.” Im nächsten Satz gibt Kleber dann Entwarnung: Es habe sich um einen „Scherz” gehandelt, der nur dem 70. Jahrestag der NATO-Gründung gegolten habe.

Dass im Lande seinerzeit keine Panik ausbrach, dürfte „…dem glücklichen Umstand zu verdanken gewesen sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung – allen voran die Jüngeren – die Informationsangebote der öffentlich-rechtlichen Sender nur noch am Rande oder überhaupt nicht mehr wahrnimmt sowie der Tatsache, dass immer mehr Menschen dem Mainstream, der aus den Apparaten schallt, von den Bildschirmen schreit und vom Zeitungspapier raunt, schlicht kein Vertrauen mehr schenkt”, kommentierte „Achgut“ vergangene Woche anlässlich Klebers Wechsel aufs Altenteil. Ein Einzelfall war Klebers journalistische Frontstellung indes nicht. Denn leider mahlen auch viele andere Medien unisono nun wieder eine verstärkte russische Bedrohung an die Wand, weil Putin Militärmanöver durchführen lässt – und zwar nicht in anderen Ländern, wie es die NATO-Staaten tun, sondern auf eigenem Territorium. 100.000 Soldaten ihrer 3,345 Millionen starken Streitkräfte standen an der russischen Grenze zur Ukraine. Gemutmaßt wurde und wird daher: Wenn wir ein solches Vorgehen ignorieren, werden die Russen übermütig und stehen ein paar Tag später am Rhein!

Wer muss sich hier vor wem fürchten?

Die Frage ist gleichwohl, wer muss sich hier eigentlich vor wem fürchten muss. Auch wenn man die Truppenstärke ins Verhältnis der jeweiligen Bevölkerung stellt, sind die Russen sind nicht unter den Top Ten. Die NATO hat über 200.000 Soldaten mehr als Russland. „Aber die Russen haben mehr Panzer”, wird gekontert. Nein, sie haben 3.000 weniger: Das Verhältnis beträgt 18.741 zu 15.500 Panzern. „Aber weil Russland so groß ist, haben sie bestimmt eine größere Luftwaffe!”? Nein, hier beträgt das Verhältnis sogar 7 zu 1, die NATO verfügt über mehr als 21.000 Flugzeuge, Russland nur über gut 3.000 – die allerdings, anders etwa als die deutschen Kampfjets, tatsächlich alle fliegen können. Nur bei den Raketensystemen ist Russland um 10 Prozent überlegen. Diese amtlichen Zahlen können bei Statista nachgeschlagen werden.

Und nun die Bilanz der Rüstungsausgaben im Vergleich: Im Jahr 2020 wurden weltweit rund 2.000 Milliarden US-Dollar für Rüstung ausgegeben – für Raketen, Panzer, Munition und Soldaten. Entfielen davon 3,7 Prozent auf die NATO und 39 Prozent auf Russland – so wie man denken könnte angesichts des von hiesigen Medien geschürten Eindrucks? Nein! Das Verhältnis ist genau umgekehrt. Und zum Waffenarsenal der USA kommen die Rüstungsausgaben der übrigen NATO-Länder noch hinzu. Alleine Deutschland und Frankreich haben mit 5,4 Prozent einen größeren Anteil an den weltweiten Rüstungsausgaben als Russland mit seinen besagten 3,7 Prozent. Die NATO-Staaten stecken zusammen 15 mal mehr Geld in die Rüstung als Russland. Alles zur Verteidigung? Das behauptet jede Seite. Es gibt ja auch überall nur noch Verteidigungs-, aber keine Kriegsminister mehr.

Absolute Zahlen muss man jedoch stets ins Verhältnis zur Wirtschaftskraft der Länder setzen, so wie es das „Handelsblatt“ unter Verweis auf das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI tat. Russland gibt demnach beachtliche 4,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für sein Militär aus. Auf der NATO-Seite geben die USA 3,5 Prozent aus – alleine mehr als ein Drittel der weltweiten Rüstungsausgeben. In Großbritannien sind es 2,5 Prozent; in Frankreich 2,1 Prozent; in Deutschland 1,3 Prozent; in Italien 1,6 Prozent. Hinzu kommen noch die Rüstungsausgaben der übrigen 25 NATO-Länder. So kommt am Ende die 15-fache Überlegenheit der NATO gegenüber Russland zustande. Russland müsste die Hälfte aller erwirtschafteten Rubel ins Militär stecken, um mit dem Westen mithalten zu können.

Ablösung der weltweiten US-Hegemonialstellung

Die Sowjetunion totzurüsten war einst die Strategie der westlichen Siegermächte – und diese wird nun gegenüber Russland anscheinend weiterverfolgt. Vor 20 Jahren wurde das vor 50 Jahren erstmals gebremste Wettrüsten durch die USA neu entfacht – drei Monate nach der Zerstörung der Zwillingstürme in New York. Nicht etwa die Russen allerdings zerstörten das WTC, sondern Dschihadisten aus arabischen Staaten, die zuvor von den USA und anderen NATO-Staaten hochgerüstet werden. Kein Wunder, dass da mancheiner unkt, die Welt sei ein Irrenhaus und die USA der Hausherr. So wenigstens scheint es die längste Zeit gewesen zu sein – bis jetzt, da allmählich die weltweite US-Hegemonialstellung abgelöst wird von der „chinesischen Weltherrschaft“! Peking wird die USA dabei nicht militärisch besiegen, sondern wirtschaftlich. Schon jetzt hängt Amerika am Tropf der Chinesen.

Was Russland will, ist die Garantie, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird, und die NATO somit kein Militär direkt an der russischen Grenze stationieren kann. Nach den gebrochenen Versprechungen des Westens in den 1990er-Jahren, dass sich die NATO „keinen Zoll” nach Osten erweitern würde, will Putin sich „nicht nochmal reinlegen lassen. Seine Position: Nach der DDR verlor der Ostblock seit 1999 neun weitere Länder an die NATO. Dies bedeutet für Putin eine rote Linie, und er verlangt einen Stopp der NATO-Osterweiterung. In Putins Haut möchte ich ebenso wenig stecken wie in der seines Volkes. Das hält aber meine Nachfolgegeneration anscheinend nicht davon ab, den Aggressor alleine im Russen Putin zu sehen.

Doch auch im europäischen Ausland gibt es Ideologen – im Sinne von Zeitgenossen, die sich auch durch gegenteilige Fakten nicht in ihrem Denken beirren lassen – und neue Kalte Krieger, wie dieses Beispiel aus der ansonsten sehr renommierten „Neuen Zürcher Zeitung” zeigt: „Der Kreml kann nur im Konfliktmodus existieren, er braucht immer neue Feinde, und sein einziges Argument ist Androhung von Gewalt.” Der NZZ-Kommentator meint also, die Russen bräuchten den kalten Krieg wie ihren Wodka. Und auch unsere Medien verkünden fast täglich zwischen den Zeilen Ähnliches. Verlässliche Quellen überliefern, dass in etwa so die Kriegslüsternheit in den Tagen vor Beginn des Ersten Weltkrieges ausgesehen habe.

Bedrängte Hunde beißen

Können wir der Ukraine verwehren, sich der NATO anzuschließen? Ja, das könnten wir, wenn wir wollen. So wie wir – Gott sei Dank – auch beschließen können, manche Staaten nicht in die EU aufzunehmen; etwa die Türkei: es war schon ein Fehler, dieses unberechenbare Land in die NATO aufzunehmen. Und genauso wäre es ein Fehler, die Ukraine aus den vorgenannten Gründen in die NATO aufzunehmen. Uns sollte eher daran gelegen sein, deutsche Soldaten – trotz aller Vorbehalte – in unseren Gesundheitsämtern aushelfen zu lassen, als sie in der Ukraine einzusetzen. Und was wäre ein „Lauterbauch“, ohne einen General an seiner Seite zu haben?

Wenn man einen Hund in eine ausweglose Situation bringt, beißt er. Das gilt auch für einen Machthaber und/oder sein Volk; und wenn es sein letzter Biss wäre. Die viermonatige Schlacht um Moskau und die ebenso lange um Stalingrad ein Jahr später haben den Russen gezeigt, dass sich ein Volk mit ähnlicher Kultur und Willenskraft wie unseres selbst aus einer ausweglosen Situation befreien kann – zum Überraschung und zum späteren Leidwesen unserer Väter und Vorväter. Die Erfahrungen des „Ostfeldzugs“ sollten uns Mahnung sein, uns nicht vom Glaube an eine vermeintliche militärische Unterlegenheit des russischen „Feindes” irreführen oder zu Dummheiten verleiten zu lassen.

Oder geht es den Scharfmachern darum, die Feindbilder von gestern zu konservieren und vom riesigen Fortschritt der vergangenen 20 Jahre in Russland abzulenken? Das BIP liegt heute 7-fach höher als zur Jahrtausendwende, der Rubel 21-fach (trotz des Abschwungs der letzten Jahre!); die Säuglingssterblichkeit hat sich auf um drei Viertel verringert; es gibt viermal weniger Abtreibungen, die Geburtenrate hat sich auf 1,75 pro Frau erhöht. Die Getreideernte wurde verdoppelt, die durchschnittliche Lebenserwartung um fünf Jahre erhöht. Die Arbeitslosigkeit sank um zwei Drittel, und die Armut hat sich um die Hälfte reduziert. Es gibt heute sechsmal mehr Touristen – und viele Russen würden sich wahrscheinlich freuen, wenn wir weiterhin als Touristen kommen, und nicht als NATO-Soldaten vor ihrer Grenze patrouillieren.

Zu guter Letzt: Auf der anderen Seite der politisch betriebenen Konfrontation steht ein Volk mit einer viele Jahrhunderte alten, christlich geprägten Kultur, dessen Geschichte eng mit der europäischen (insbesondere der deutschen) verwoben ist. Zum Vergleich: Die Russisch-Orthodoxe Kirche zählt 150 Millionen Mitglieder, die Katholische Kirche in Deutschland gerade noch 22 Millionen. Seien wir also gespannt auf die Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zu ihrem Weltfriedenstag 2022!

Dieser Artikel erscheint auch auf der Webseite des Autors.

Quelle: journalistenwatch.com vom 02.01.2022

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Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
2 Jahre zuvor

Der zweit wichtigste erzählt hier etwas was Ihm der erste als Lüge vorgeben hat. Dann kommt die -23-der Freimaurer, dann die 18=3 mal 6 = Satan, dann die Lüge vom ersten-dem Papst-die -55-!
Dann; ganz wichtig; drehte es mir den Magen um-so eine Groß ScheiXXXe
zerlegen zu sollen! Neeee! Es gibt nur noch das Nahles: xxx xxx xxx Fresse!
Der letzte Satz! Mir ist schlecht!!!

Alexander Berg
2 Jahre zuvor
Reply to  Kleiner Grauer

Wie sieht dazu eine friedliche Lösung aus?

Ulrike
Ulrike
2 Jahre zuvor

Bei dem Namen Kleber kommt mir das grosse Kotzen. Dann noch Slomka grauslich. Solche Typen dürfen im Fernsehen ihr geistigen Ergüsse von sich geben. Im Tatsachen verdrehen war der klebrige Klaus ja ganz gross. Oft wurde er erwischt, aber eine Richtigstellung gab es nie von dem Kerl.
Wenn man dann noch liest was der dafür für ein Riesengehalt bekommen hat wird es jedem normalen Arbeitenden schlecht.