SYRIEN – Frankreich und Großbritannien fordern UN-Sanktionen gegen Syrien

Frankreich und Großbritannien verschärfen den Druck auf die Regierung von Syrien und fordern UN-Sanktionen wegen des angeblichen Einsatzes von Giftgas. Russland zweifelt an der Validität des Berichts. Tatsächlich könnten einige Islamisten-Söldner Giftgas eingesetzt haben. Auch der saudische Geheimdienst soll verwickelt sein.

Die UN-Botschafter Mark Lyall Grant (Großbritannien) und Samantha Power (USA). (Foto: dpa)

Die UN-Botschafter Mark Lyall Grant (Großbritannien) und Samantha Power (USA). (Foto: dpa)

Großbritannien und Frankreich haben wegen des Einsatzes von Chemiewaffen im Syrien-Krieg UN-Sanktionen gegen die Regierung in Damaskus gefordert. Die Botschafter Matthew Rycroft und François Delattre warfen der syrischen Führung unter Präsident Baschar al-Assad am Dienstag „Kriegsverbrechen“ vor. Die Botschafter bezogen sich auf den in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht einer UN-Untersuchungskommission, in dem neun Fälle des Einsatzes chemischer Waffen untersucht und drei eindeutig der syrischen Armee zugeordnet wurden. Der Bericht war von den UN und der Organisation zur Zerstörung von Chemiewaffen (OPCW) erstellt worden. Seine Ergebnisse sind streng vertraulich. Die OPCW erklärte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten auf Anfrage, dass die Ergebnisse des Berichts nicht veröffentlicht werden und daher auch keine Stellungnahme zu den Details des Berichts – etwa, wer von die Kriegsparteien Giftgas verwendet habe – abgegeben werden könne.

London und Paris verlangten eine „schnelle und entschiedene“ Antwort des UN-Sicherheitsrats. Auch die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, forderte eine rasche Reaktion, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Allerdings dürften Sanktionen gegen Syrien wie bereits in der Vergangenheit am Veto des Assad-Verbündeten Russland scheitern.

Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin zweifelt an der Validität des UN-Berichts. Es gebe „eine Menge offener Fragen“, daher sei Moskau derzeit nicht bereit, die Ergebnisse der Untersuchung anzuerkennen, sagte er nach einer Sitzung des Sicherheitsrats. Syriens UN-Botschafter Baschar Dschaafari erklärte, es gebe keine „materiellen Beweise“ für die Vorwürfe gegen die Regierungstruppen. Die Erkenntnisse beruhten ausschließlich auf Zeugenaussagen.

Die UN-Experten sehen es laut dem am 24. August veröffentlichten Bericht als erwiesen an, dass Assads Truppen am 21. April 2014 und am 16. März 2015 in zwei Dörfern in der nordwestlichen Provinz Idlib Giftgas einsetzten. In einem Fall deute alles auf Chlorgas hin. Die giftigen Substanzen seien aus Hubschraubern der syrischen Luftwaffe auf die Dörfer abgeworfen worden.


Syrien war auf Druck Russlands 2013 der Chemiewaffenkonvention beigetreten, Assad hatte sich verpflichtet, sämtliche Chemiewaffen zu zerstören. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) benutzte nach Erkenntnissen der UN-Experten am 21. August 2015 im Ort Marea nahe Aleppo das hochgiftige Senfgas. In sechs untersuchten Fällen von Chemiewaffeneinsatz konnten die UN-Experten die Urheberschaft nicht eindeutig klären.

Das Magazin Foreign Policy berichtet, dass der ISIS bereits im Jahr 2012 chemische Waffen erlangt habe. Ende 2012 erobertet ISIS in Darat Izza, wo sich eine Stellung des 111. Regiments befand. Dabei kamen sie in Besitz von Chlor- Sarin- und Senfgas. Die chemischen Waffen befanden sich in einem Depot. Mehrere Monate später kam es in Khan al-Assal zu einem C-Waffen-Angriff . Dabei starben 16 Soldaten der syrischen Armee und zehn Zivilisten. Die islamistischen Söldner warfen der Regierung in Damaskus vor, die C-Waffen eingesetzt zu haben. Die Regierung in Damaskus wies den Vorwurf zurück und machte die Islamisten als die Urheber des Angriffs aus. Nach Informationen sollen die C-Waffen von ISIS vor allem aus den Beständen der syrischen Armee stammen. Die birgt die Gefahr, dass die Terror-Miliz die C-Waffen benutzen kann und bei Untersuchungen herauskommt, dass es sich um jene C-Waffen der Armee handelt, wodurch wiederum der Regierung in Damaskus die Schuld zugeschoben wird.

N24 berichtet, dass der Giftgasangriff vom 21. August 2013 ohne die Genehmigung der syrischen Regierung von syrischen Soldaten durchgeführt wurde.

Ein UN-Sprecher machte Saudi-Arabien für den Einsatz von Giftgas in Syrien verantwortlich. „Der saudische Nachrichtendienst steckt hinter dem Angriff, doch niemand wird sich trauen, dass öffentlich auszusprechen“, zitiert die Zeitung Al-Alam den Sprecher, der namentlich nicht genannt werden wollte. Dale Gavlak, Journalistin von Times of Israel, veröffentlichte dazu einen Artikel, in dem auch sie die Saudis als Urheber ausmachte. Der saudische Geheimdienstchef Prinz Bandar soll eine Schlüsselrolle bei den Giftgasangriffen in Syrien spielen. Insbesondere die USA, Großbritannien und Frankreich sollen sich unter Vorwand des Giftgasangriffs offensiv für eine Militärintervention in Syrien eingesetzt haben. Gavlak soll sich wenig später von ihrem Artikel aufgrund massiver Bedrohungen distanziert haben. Ihr Artikel erschien auf MintPress News, eine Online-Zeitung aus Minnesota.

Die syrische Regierung hingegen beschuldigt neben Saudi-Arabien auch den französischen Geheimdienst. Die Franzosen sollen den Giftgasangriff mitorganisiert haben, um eine Intervention gegen Syrien zu provozieren, berichtet der Independent.

Im Mai 2013 hatte die UN-Beobachterin Carla Del Ponte berichtet, dass die UN-Untersuchungskommission eine hohe Wahrscheinlichkeit ausgemacht habe, dass die Rebellen bei einem früheren Einsatz Sarin verwendet hätten. Sie sagte im italienisch-sprachigen Fernsehen der Schweiz, dass das Sarin „auf der Seite der Opposition und nicht von der Regierung eingesetzt worden war“, wie der Independent damals berichtete.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 31.08.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Erst muss mal erwiesen sein wer das Giftgas verwendet hat. Aber die blinden Europäer rennen jeder Meldung hinterher die gegen Assad und Russland geht.

Birgit
7 Jahre zuvor

Das Giftgas wurde von Saudiarabien geliefert und vom IS eingesetzt. Die ganze Sache hat man Assad in die Schuhe geschoben.