Gespaltene Erinnerungskultur – Leningrader Blockadeopfer nicht als Holocaust-Geschädigte anerkannt

St. Petersburg, 8. September 2016 (ADN). Vor genau 75 Jahren schloss die Deutsche Wehrmacht den Ring um die sowjetische Millionen-Metropole. Die Folge der totalen Isolation durch die tödliche Umklammerung waren mehr als eine Million Tote. Weitere -zig Tausend nicht registrierte Flüchtlinge, die sich vor der vorrückenden Kriegsfront in die Großstadt retteten wollten, starben dort dann an Hunger, Durst und Krankheiten. Mit voller Absicht wollten die Besatzungstruppen die Stadt aushungern. Eine Kapitulation sollte nicht angenommen werden.

Immer weniger deutsche Bevölkerungsteile erinnern sich an die Verbrechen der deutschen Armeen in der Sowjetunion, die mit insgesamt 27 Millionen zivilen und militärischen Todesopfern den höchsten Preis im Zweiten Weltkrieg bezahlten. Dahinter steckt eine gewisse teuflische Systematik bei Vermittlung oder Verschweigen dieser historischen Tatsachen. Einen traurigen Höhepunkt erreichte die allgemeine Unkenntnis über das mörderische Treiben der Deutschen im Vielvölkerstaat UdSSR nach der Rede des russischen Schriftstellers Daniil Granin am 27. Januar 2014 – dem internationalen Holocaust-Gedenktag – im Deutschen Bundestag, als die Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ verbreitete, das mit dem Auftritt Granins das Gedenken an den Holocaust verwässert worden sei.

Die Erinnerungskultur spaltet sich zusehends. Gedenken wird mit zweierlei Maß gemessen. Das führt zu seltsam erschreckenden Phänomenen. Während die Opfer von Leningrad in Russland als Helden wahrgenommen werden, sind sie in Deutschland als Holocaust-Opfer nicht anerkannt. Die Zeitung „neues deutschland“ (nd) erläutert Beispiele. In Berlin leben noch etwa 60 und bundesweit etwa 300 „Blokadniki“ – so nennen sich die Kinder der Leningrader Blockade. „Die Bezüge, die sie vom russischen Staat wegen des durch Deutsche erlittenen Grauens beziehen, rechnet der deutsche Staat ihnen wieder aus den Renten raus“, so nd. ++ (mi/mgn/08.09.16 – 244)

Quelle: Nachrichtenagentur ADN (SMAD-Lizenz-Nr. 101 v. 10.10.46) vom 09.09.2016 

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