Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Rätsel zum Jahreswechsel: Wieviel Prozent Spaltung sichern unsere Demokratie?

Demokratie und Grundgesetz: Anspruch und Wirklichkeit klaffen immer weiter auseinander (Symbolbild:privat)

Im Internet findet sich eine Pressemitteilung des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) vom 25. September 2023 über eine Studie mit dem Titel „Gespaltene Gesellschaft – ‚Medien zwischen Achtung & Ächtung‘“ des Kölner Marktforschungsinstituts “Rheingold Salon”. Dort heißt es gleich auf der ersten Seite: „Die Einstellungen gegenüber Medien spiegeln danach eine gesellschaftliche Spaltung wider: Während das eine Lager – zu dem die große Mehrheit von 75 Prozent der Deutschen zählt – grundsätzlich Vertrauen in die Medien und ihre Arbeit hat, begegnet ihnen ein Viertel der Deutschen ausgesprochen kritisch.

Zwischenfrage: Ein Mehrheitsverhältnis von 75 Prozent zu 25 Prozent rechtfertigt es heutzutage also schon, von einer “gesellschaftlichen Spaltung” zu sprechen? Das ist doch recht eigenartig… denn damals, vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, hatte man bei einem Einheitsverhältnis im Osten von 99,9 Prozent zu  0,1 Prozent noch von “Diktatur” gesprochen (wobei die 0,1 Prozent üblicherweise schon gar nicht mehr zu Hause gewohnt hatten). Liegt das gesunde Mehrheitsverhältnis für eine Demokratie also vielleicht irgendwo zwischen 75 Prozent zu 25 Prozent und 99,9 Prozent zu 0,1 Prozent? Doch schau‘n wir erstmal neugierig weiter, was “Rheingold Salon” noch ermittelt hat: „Von diesen Medienkritikern nehmen nur 9 Prozent Medien als vertrauensvolle Instanz wahr und ebenso wenige finden, dass Medien eine sehr gute Arbeit leisten. Zugleich ist immerhin ein Drittel dieser Medienkritiker dennoch froh, dass es Zeitungen und Nachrichten gibt; bei den Medienakzeptierenden liegt die Zustimmung zu dieser Aussage jedoch fast doppelt so hoch (64 Prozent).

Unverständliche Prozentarithmetik

Demnach sind also ein Viertel der Deutschen, also 25 Prozent, sogenannte „Medienkritiker“. Unklar bleibt, ob es sich bei den nachgeschobenen Zahlen dann um volle Prozentpunkte (9 Prozent plus 9 Prozent plus circa ein Drittel von diesen ergeben in Summe etwa 25 Prozent) oder um relative Anteile handelt (rund 2,5 Prozent plus 2,5 Prozent plus 9 Prozent ergeben in Summe etwa 14 Prozent). Keine von beiden Berechnungen ergibt jedenfalls etwas mehr als 32 Prozent, was die “fast doppelt so hoch (64 Prozent)” erklären könnte. Die Überprüfung der Kernaussagen dieser Studie fängt mit derart unverständlicher Prozentarithmetik also schon mal gar nicht so gut an.

Und so geht es weiter: Unter der Zwischenüberschrift „Medienkritik als Ausdruck von Systemkritik“ heißt es dort später in einem Absatz: „Signifikant ist die Parteipräferenz der Medienkritikerinnen und -kritiker für die AfD: Während ein knappes Drittel der Medienkritiker (32 Prozent) bekennende AfD-Wählerinnen und -Wähler sind, sind es unter den Medienakzeptierenden nur 9 Prozent. Zu den typischen Narrativen der Kritiker zählen die Themen:
‘Corona’, ‘Klima“, ‘Einwanderung & Geflüchtete’, ‘Ukraine & Russland’, aber auch ‘Inflation’, ‘Bildung’ und die ‘EU’.“ Hier stehen also zunächst einmal 32 Prozent bekennende AfD-Wählern unter den Medienkritikern (deren Anteil, siehe oben, ja 25 Prozent beträgt ) lediglich 9 Prozent der die Medien Akzeptierenden (deren Anteil ja dann 75 Prozent betragen muss) gegenüber.

Um Kopf und Kragen geredet

Ein knappes Drittel der Medienkritiker zur Basis von 100 Prozent sind 32 Prozent, respektive etwa 9 Prozentpunkte bezogen auf die tatsächliche Basis von einem Viertel (25 Prozent). Also entweder enthalten beide Gruppen, Medienkritiker- und –akzeptanten, jeweils absolut 9 Prozent “bekennende AfD-Wähler”… oder wir müssen hier noch tiefer graben und höher rechnen. Dann jedoch ergeben 9 Prozent von drei Vierteln (entsprechend 75 Prozent) sogar einen prozentualen Anteil von 12 Prozent “bekennenden AfD-Wählern” unter der Gesamtheit der Medienakzeptanten.

Doch ärgern wir uns an dieser Stelle einmal nicht weiter mit kreativ getanzter Prozentrechnung herum. Das “Handelsblatt” berichtete am Montag dieser Woche unter dem Titel „Medien-Ablehnung: ‘Jeder vierte Deutsche glaubt im Grunde nicht mehr an dieses System‘“ über ein Interview mit Jens Lönneker, dem Leiter der “Rheingold Salon“-Studie . Immerhin dauerte dieses Interview lange genug, dass sich Lönneker darin um Kopf und Kragen reden konnte. Nachfolgend seien zunächst einmal Lönnekers Kernaussagen im Interview – ohne Anspruch auf Vollständigkeit in ihrer tatsächlichen Abfolge – aufgelistet:

  • Im Pressefreiheitsranking von “Reporter ohne Grenzen” ist Deutschland inzwischen aus den Top 20 geflogen – auch, weil es Angriffe auf Journalisten gab (Anmerkung des Autors: Laut Wikipedia bedeutet Pressefreiheit, genauer die äußere Pressefreiheit, das “Recht von Einrichtungen des Rundfunks, der Presse und anderer Medien auf ungehinderte Ausübung ihrer Tätigkeit, vor allem auf die staatlich unzensierte Veröffentlichung von Nachrichten und Meinungen. Die Presse- oder Medienfreiheit soll die Informationsfreiheit, die freie Meinungsbildung und -äußerung, die pluralistische Meinungsvielfalt und damit die demokratische Willensbildung sowie die Transparenz und Kontrolle der Politik durch die Öffentliche Meinung gewährleisten.”)
  • Diese Studie ist ein Alarmsignal und zeigt, dass wir ein Viertel der Bevölkerung verloren haben. Jeder vierte Deutsche ist medienavers, und dann ist der logische nächste Schritt der, die Demokratie in Frage zu stellen.

“Vorgefertigte Einstellungen”

  • Rationalisierung hat eigentlich den Effekt, dass man eine vernünftige Begründung für sein Verhalten entwickelt. Frei nach Freud sind wir aber in der Lage, Beweggründe rational zu covern, die uns vielleicht gar nicht so zugänglich sind. Zumindest für die Mehrheit der Bevölkerung erscheinen solche Rationalisierungen erst einmal gar nicht so vernünftig.
  • Faktencheck war eine Reaktion vieler seriöser Medien, als Verschwörungstheorien aufkamen. (Anmerkung des Autors: Laut Wikipedia bedeutet eine Verschwörung “…eine geheime Zusammenarbeit mehrerer Personen zum Nachteil Dritter. Der Begriff ist negativ besetzt. Er wird im Allgemeinen nicht zur Selbstbeschreibung einer Gruppe gebraucht.“ Ebenfalls laut Wikipedia ist eine Theorie im allgemeinen Sprachgebrauch “…eine durch weitgehend spekulatives Denken gewonnene Erkenntnis oder ein System von Lehrsätzen, aus denen sich eine Erkenntnis ableiten lässt.” Ergo bedeutet eine Verschwörungstheorie folglich die durch weitgehend spekulatives Denken gewonnenen Erkenntnisse über eine geheime Zusammenarbeit mehrerer Personen zum Nachteil Dritter!)
  • Das ist es ja, was die Leute den Medien vorwerfen: dass Journalisten mit vorgefertigten Einteilungen auf die Leute zugehen und nur noch bestimmte O-Töne suchen, um ihr eigenes Weltbild zu belegen. Da wäre es schon hilfreich, wenn Sie selbst sich da manchmal ermahnen und sagen: Ich stufe Menschen nicht zu schnell ein.
  • Man hat schon den Eindruck, dass es manchmal in dieser Medienlandschaft auch an wirklich profilierten konservativen Stimmen fehlt. Das, glaube ich, täte manchmal doch ganz gut.
  • Durch all diese neuen Medientendenzen, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen durch Suchmaschinenoptimierung und prägnante Überschriften, gibt es umso mehr Beiträge, die tendenziell negativ ausfallen, die alarmieren, die dadurch die Aufmerksamkeit catchen, dass sie etwas skandalisieren, etwas Negatives nach vorne stellen. Auf lange Sicht aber verliert der Journalismus dadurch die Leute insgesamt wieder stärker.
  • Medien müssen den Einzelnen vermitteln, dass sie repräsentiert werden, dass das, was sie machen, interessiert. Erst dann haben sie ihre wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllt.

Profilierte konservative Stimmen fehlen in der Medienlandschaft

So, und nun vollziehen wir einmal – aus analytischen Gründen und zwecks De-Bunking von Nudging-nahem Mediengeschwafel – die gefürchtete Matrjoschka-Transformation von innen nach außen und stellen damit die vorgenannten Aussagen Lönnekers in eine umgekehrte Reihenfolge:

  • Medien erfüllen ihre gesellschaftliche Aufgabe nicht: Medien müssen den Einzelnen vermitteln, dass sie repräsentiert werden, dass das, was sie machen, interessiert. Erst dann haben sie ihre wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllt.
  • Medien spalten durch Skandalisierungen und verlieren damit Reichweite: Durch all diese neuen Medientendenzen, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen durch Suchmaschinen¬optimierung und prägnante Überschriften, gibt es umso mehr Beiträge, die tendenziell negativ ausfallen, die alarmieren, die dadurch die Aufmerksamkeit catchen, dass sie etwas skandalisieren, etwas Negatives nach vorne stellen. Auf lange Sicht aber verliert der Journalismus dadurch die Leute insgesamt wieder stärker.
  • Medien spiegeln den konservativen Bevölkerungsteil nicht: Man hat schon den Eindruck, dass es manchmal in dieser Medienlandschaft auch an wirklich profilierten konservativen Stimmen fehlt. Das, glaube ich, täte manchmal doch ganz gut.
  • Medien belegen ihr eigenes Weltbild: Das ist es ja, was die Leute den Medien vorwerfen: dass Journalisten mit vorgefertigten Einteilungen auf die Leute zugehen und nur noch bestimmte O-Töne suchen, um ihr eigenes Weltbild zu belegen. Da wäre es schon hilfreich, wenn Sie selbst sich da manchmal ermahnen und sagen: Ich stufe Menschen nicht zu schnell ein.
  • Medien behaupten, über die alleinige Wahrheit zu verfügen: Faktencheck war eine Reaktion vieler seriöser Medien, als Verschwörungstheorien** aufkamen.
  • Medien verbreiten einseitige Meinungen über Themen wie beispielsweise „Corona“, „Klima“, „Einwanderung & Geflüchtete“, „Ukraine & Russland“, „Inflation“, „Bildung“ und die „EU“ (Zitat aus dem AfD-Absatz „Medienkritik als Ausdruck von Systemkritik“) – und eine rationale Minderheit steht diesen „Informationen“ kritisch gegenüber: Rationalisierung hat eigentlich den Effekt, dass man eine vernünftige Begründung für sein Verhalten entwickelt. Frei nach Freud sind wir aber in der Lage, Beweggründe rational zu “covern”, die uns vielleicht gar nicht so zugänglich sind. Zumindest für die Mehrheit der Bevölkerung erscheinen solche Rationalisierungen erst einmal gar nicht so vernünftig.

Das Grundgesetz als Not-to-do-List für Regierende

  • Medien sind größenwahnsinnig und setzen ihre überhebliche Mediokratie mit Demokratie (“Volksherrschaft”) gleich: Diese Studie ist ein Alarmsignal und zeigt, dass wir ein Viertel der Bevölkerung verloren haben. Jeder vierte Deutsche ist medienavers, und dann ist der logische nächste Schritt der, die Demokratie in Frage zu stellen.
  • Medien machen ihren Job nicht und heulen herum, obwohl die Informationsfreiheit in unserem Lande gewährleistet ist – und zwar offenbar nur deshalb, weil sie nicht von allen geliebt werden: Im Pressefreiheitsranking von “Reporter ohne Grenzen” ist Deutschland inzwischen aus den Top 20 geflogen – auch, weil es Angriffe auf Journalisten gab.

Am Ende dieser Betrachtung drängt sich die Frage auf, wieviel Prozent Zustimmung unsere Demokratie überhaupt vertragen kann: 99,9 Prozent ist offenbar nicht so gut, jedenfalls nicht für die oben erwähnten 0,1 Prozent. Wenn wir mal eine Minderheitsregierung außen vor lassen, dann braucht eine Partei/Koalition mehr als 50 Prozent aller Stimmen zum Regieren. Mit zwei Dritteln der Mandate kann man dann schon wieder das Grundgesetz ändern. Dieses Grundgesetz wurde von weisen Männern und Frauen kurz nach dem Ende des Dritten Reichs geschrieben. Es ist also am ehesten vergleichbar mit einer Not-To-Do-Liste für die Regierenden, damit nicht noch einmal passieren kann, was gerade passiert war.

Inzwischen – schon seit längerer Zeit und vor allem seit Corona – ist unser Grundgesetz jedoch zum Spielball und zur beliebigen Verhandlungsmasse der Parteien geworden. Aktuell steht beispielsweise die Schuldenbremse des Grundgesetzes in der Diskussion, die heute noch jeden Politiker ausbremst, der auf Pump einfach mal einen richtigen “Doppelwumms”‘ raushauen möchte. Demokratisch gesehen ist weniger also eher mehr: Logischerweise sollte deshalb die Spaltung unserer Gesellschaft den größeren Teil immer schön deutlich unter der Zweidrittelmehrheit belassen, damit ungelernte Selbstdarsteller durch ein kurzweiliges Engagement in einem Berliner Amateurkabarett nicht auf unsere Kosten die Welt retten können. Eine gesellschaftliche Spaltung irgendwo bei 60 Prozent zu  40 Prozent würde unserer Demokratie also ganz gut zu Gesicht stehen; es könnte aber auch gerne ein Mehrheitsverhältnis von 51 Prozent zu 49 Prozent sein…

Quelle: journalistenwatch.com vom 30.12.2023

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