Brandensteins Schlossherr verschreckt Besucher mit Thesen der Reichsbürger

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Bei der Schlossführung scheint Schlossherr Holger Kahl etwas den Faden zu verlieren. Plötzlich geht es nicht mehr um die wechselvolle Geschichte von Brandenstein, sondern um die BRD, die als Staat nie existiert habe und auch heute nicht existiere.

Die Fassade von Schloss Brandenstein leuchtet in vorherbstlicher Sonne. Für die aufwändige Sanierung erntet der Schlossherr viel Lob. Seine Reichsbürger-Thesen zu Staat und Gesellschaft jedoch sind irritierend. Foto: Martin Schutt/dpa

Die Fassade von Schloss Brandenstein leuchtet in vorherbstlicher Sonne. Für die aufwändige Sanierung erntet der Schlossherr viel Lob. Seine Reichsbürger-Thesen zu Staat und Gesellschaft jedoch sind irritierend. Foto: Martin Schutt/dpa

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Ranis. Schloss Brandenstein, das zur Stadt Ranis im schönen Saale-Orla-Kreis gehört, ist einen Besuch wert. „Ich war beeindruckt“ schrieb ein Leser unserer Zeitung aus Jena an die Redaktion.

Um dann zu schildern, warum er das Haus „fluchtartig“ wieder verließ. Grund dafür sei Schlossherr Holger Kahl gewesen. Der Antiquitätenhändler hatte das Schloss im Jahr 2000 als denkmalgeschützte Ruine erworben und durch fachmännische Sanierung gerettet.

Bei der Schlossführung für seine Besucher schien er jedoch etwas den Faden zu verlieren. Plötzlich sei es nicht mehr um die wechselvolle Geschichte von Branden- stein gegangen, sondern um die BRD, die als Staat nie existiert habe und auch heute nicht existiere. Kanzlerin Merkel würde 81 Prozent der Steuereinnahmen heimlich „weiterleiten“ und so weiter. Oben zitierter Besucher hatte wenig Mühe, Parallelen zu den Thesen der sogenannten Reichsbürger festzustellen.

„Leute mit solchen Ansichten sind gefährlich“

Kahl findet, der Begriff „Reichsbürger“ werde verwendet, um kritische Menschen wie ihn zu diffamieren. Leider hat er keine Zeit, das gegenüber der Presse zu erläutern. Im Internet findet sich aber ein Portal des von Kahl mitgegründeten Vereins „Kulturberg Brandenstein“. Hier ist nicht nur von Spiritualität, natürlichem Leben und alternativen Heilmethoden die Rede. Sondern ebenso vom „nationalen Notstand“, von „Völkermord in ‚unserem‘ Land“ und Erfahrungen mit „Willküraktionen der Firma ‚Finanzamt‘“. Wie zur Abrundung taucht auch die „Darwinsche Evolutionslüge“ auf.

Die Reichsbürgerszene, sagt das Landesamt für Verfassungsschutz, sei in sich sehr heterogen und lasse in Thüringen kaum feste Strukturen erkennen. Hier tummelten sich Geschichtsrevisionisten mit Verschwörungstheoretikern, aber auch handfesten Rechtsextremen. Die gemeinsame Klammer: Das Deutsche Reich existiere fort, womit klar sei, dass BRD-Institutionen und Behörden den (Reichs-)Bürgern nichts zu sagen hätten.

„Leute mit solchen Ansichten sind gefährlich“, ist sich die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König sicher. Warum? „Weil die verrückt sind“, lautet ihre knappe Antwort.

Das ist nicht speziell auf Kahl gemünzt, den König gar nicht kennt. Aber ein Teil der Raniser Einwohnerschaft scheint sich dem Urteil anzuschließen. „Ein Spinner“, finden nicht wenige. Andere sehen seine Sanierungsleistung auf Schloss Branden­stein im Vordergrund. Als Holger Kahl zur Wahl des ehrenamtlichen Bürgermeisters von Ranis am 6. Juni gegen Amtsinhaber Andreas Gliesing (parteilos) antrat, holte er 30,9 Prozent der abgegebenen Stimmen.Vielleicht wären es noch mehr geworden, wenn der Kandidat nicht Schulden bei der Stadt gehabt hätte.

Im November stellte er seine Ratenzahlungen für den Schlosskauf ein mit der Begründung, das Grundbuch (eines angeblich nicht existierenden Staates) sei kein hinreichender Beweis, dass die Stadt bei Verkauf des Schlosses Eigentümer war. Kurz vor der Bürgermeisterwahl legte Kahl im Rathaus Geld auf den Tisch. 15.000 Euro, in bar.

Kommentiert: Volkhard Paczulla über eine wieder erstarkende Randszene

Volkhard Paczulla. Foto: Tino Zippel

Volkhard Paczulla. Foto: Tino Zippel Volkhard Paczulla. Foto: Tino Zippel
Es gibt durchaus verschiedene Möglichkeiten, der Realität zu entfliehen. Auswandern nach Kanada gehört zu den harmloseren.

Die sogenannten Reichsbürger, die sich übrigens in Abgrenzung zum gewöhnlichen BRDling selbst so titulieren, wählen eine andere Methode. Völkerrecht, kein Friedensvertrag mit dem Kriegsverlierer Deutsches Reich, kein rechtsnachfolgender Staat hüben wie drüben. Mit dieser Argumentation lässt sich jedes Problem mit einer Behörde spielend aus der Welt schaffen.

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Theoretisch. In der Praxis belassen es die Reichsbürger aber nicht bei ihrer fixen Idee. In Brandenburg etwa rücken sie bevorzugt Gerichtsvollziehern und Finanzbeamten auf den Leib. Die körperliche Präsenz von plötzlich fünf, sechs Kerlen im Büro empfinden vor allem Mitarbeiterinnen als Bedrohung. So ist es auch gemeint.

In Sachsen-Anhalt wurde sogar geschossen, als Polizei in den selbst gegründeten Staat eines Reichsbürgers vordrang. Der „Staat“ reichte gerade bis zur Grundstücksgrenze.

Spätestens hier ist aber der an sich weite Grenzverlauf der Meinungsfreiheit überschritten. Bürger dürfen zwar den Rechtsstaat ablehnen, in dem sie leben. Aber seine Gesetze und die Sicherheit anderer missachten, das dürfen sie nicht.

Quelle: Thüringer Allgemeine vom 17.10.2016

 

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Stephan
Stephan
7 Jahre zuvor

Zwei Dinge, mit denen man die so genannten ‚REICHSBÜRGER‘ sehr schnell zum verstummen bringen kann.
1. Man zeige ihnen die Gründungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland und 2. Man erkläre ihnen, dass der Internationale Gerichtshof in Den Haag ebenfalls zu Ihrer „Bewegung“ gehört (der hat nämlich in einem Urteil bestätigt, dass die BRD kein Staat, sondern eine GmbH ist).
Dann dürften sie ganz schnell ruhig sein, diese Spinner.

Hans Walther
Hans Walther
6 Jahre zuvor
Reply to  Stephan

Die BRD ist kein Staat, sondern eine GmbH ?

Habe herzlich gelacht, angesichts solcher irren Aussagen.

Dass das irrwitzig ist und nicht richtig sein kann geht schon daraus hervor, dass zum Eintrag einer GmbH erst ein Register eines Staates (z.B. Handesregister) vorhanden sein muß. Wer stellt denn dieses Register ? Die BRD kanns ja nicht sein …

Vielleicht hilft ja ein Nachweis zu den Behauptungen weiter… „Internationaler Gerichtshof Den Haag sagt“ …. jaja, WO STEHT DAS ???

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Das ist doch das Schloss auf dem Fabian Kahl von Bares für rares zu Hause ist.
Das passt zu der Familie. Nur dass das sie Leute nicht hören wollen und erschreckt davonlaufen.

Stephan
Stephan
7 Jahre zuvor

Übrigens bei dem Fall in Sachsen Anhalt wurde – wie mehrere Zeugen berichteten – ausschließlich seitens der Polizei geschossen, Der sog. „Reichsbürger“ wurde von hinten mit einem (sehr heldenhaften!) Schuss in den Rücken nieder gestreckt. Er hatte zwar eine Waffe in der Hand, diese jedoch weder genutzt, noch angelegt. Der Schuss hinterrücks war – so wie die US-Angriffskriege – rein prophylaktischer Natur. Das Opfer dieses feigen Mordanschlages wäre beinahe daran gestorben! Wer weiß – vielleicht wurde es ja darauf angelegt….

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Wer in den Rücken schiesst ist ein Feigling.