Die Türkei und Israel erwägen den Bau einer Gas-Pipeline, womit israelisches Gas über die Türkei nach Europa transportiert werden soll. Erdogan will die Türkei zum Energie-Zentrum ausbauen. Auch die russische Pipeline Turkish Stream soll durch die Türkei nach Europa laufen.
Nach der Normalisierung ihrer jahrelang angespannten Beziehungen wollen Israel und die Türkei die Machbarkeit einer Gas-Pipeline prüfen, die israelisches Erdgas in die Türkei und weiter nach Europa leiten soll. Beide Länder wollten darüber „sofort einen Dialog“ starten, sagte der israelische Energieminister Yuval Steinitz am Donnerstag nach einem Gespräch mit seinem türkischen Kollegen Berat Albayrak in Istanbul.
Steinitz hob hervor, auch wenn sein Land im Energiebereich auch mit Jordanien, Ägypten, Zypern und Griechenland zusammenarbeite, sei „die türkische Option sehr wichtig“. Es sei erfreulich, wenn türkische Unternehmen sich im israelischen Energiesektor engagierten, etwa bei der Gasförderung.
Israel sucht derzeit nach internationalen Partnern für die Ausbeutung seines vor der Küste gelegenen Gasfelds Leviathan. Die dortigen Vorkommen sind so groß, dass das bis dahin rohstoffarme Land zu einem bedeutenden Exporteur aufsteigen dürfte. Die regierungsnahe Zeitung Sabah berichtet, dass die israelisch-türkische Kooperation wichtig sei, um die Türkei zu einem Energie-Hub zu machen. Das Gasfeld verfügt über ein Gasvorkommen von 540 Milliarden Kubikmeter. Die Türkei möchte, dass 250 bis 270 Milliarden Kubikmeter über das Mittelmeer in die Türkei und von da aus nach Europa transferiert wird.
Am Montag hatte die Türkei mit Russland ein Abkommen über den Bau der Pipeline TurkStream geschlossen, die russisches Erdgas nach Europa leiten soll. Es war das erste israelisch-türkische Ministertreffen seit der Normalisierung der bilateralen Beziehungen im Juni. Steinitz lobte es als „Zeichen für den Normalisierungsprozess, der gerade zwischen unseren beiden Staaten begonnen hat“.
Die Beziehungen zwischen den einst engen Verbündeten Israel und der Türkei waren im Mai 2010 in eine tiefe Krise geraten. Israelische Sicherheitskräfte hatten damals das türkische Schiff Mavi Marmara gestürmt, das trotz der israelischen Blockade des Gazastreifens Hilfsgüter zu der notleidenden Bevölkerung in dem palästinensischen Küstenstreifen bringen wollte. Bei dem Einsatz wurden zehn Türken getötet. Beide Länder zogen in der Folge ihre Botschafter aus dem jeweils anderen Land ab. Erst nach sechs Jahren einigten sich beide Seiten Ende Juni auf die Normalisierung ihrer Beziehungen. Die Vereinbarung wurde durch eine israelische Entschuldigung für die Erstürmung sowie eine Entschädigungszahlung von 20 Millionen Dollar (18,8 Millionen Euro) für die Opfer ermöglicht. Der Forderung Ankaras nach der Aufhebung der Blockade des Gazastreifens stimmte Israel nicht zu, doch erlaubte es der Türkei, über israelische Häfen Hilfsgüter in das Gebiet zu bringen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zu Beginn des 23. Weltenergiegipfels in Istanbul gesagt, dass die Türkei wichtige Schritte unternehme, um zu einem Energie-Hub zu werden. Die Hürriyet zitiert Erdogan: „Wir schauen sehr positiv auf Turkish Stream und unsere diesbezügliche Arbeit läuft weiter. Die zweite Etappe zu Turkish Stream werden die Entwicklungen in Europa bestimmen. Das östliche Mittelmeer hingegen ist wichtig für die Diversifizierung der Gasressourcen. Der kostengünstigste und praktischste Transport des Gases aus dem gesamten östlichen Mittelmeer kann nur über die Türkei laufen. Das haben uns diverse Berichte und Untersuchungen gezeigt. Bis Ende 2016 werden wichtige Entscheidungen getroffen werden. In der gesamten Region ist es nicht möglich, einen wirtschaftlichen Wohlstand herbeizuführen, ohne die Energiefrage gelöst zu haben.“
Erdogan machte damit deutlich, dass er nicht nur ein Interesse daran habe, dass die Gasvorkommen bei Zypern über die Türkei nach Europa transportiert werden, sondern auch die Gasvorkommen vor Israel.
Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 31.10.2016