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Frankfurt (Oder) startet Verfahrenslawine – Brandenburg vermisst tausende Flüchtlinge

SYMBOLBILD: Viele Menschen drängen sich auf einem Bahnsteig (Quelle: rbb Fernsehen/Brandenburg aktuell)
17.02.2017 | Michael Lietz

Frankfurt (Oder) startet VerfahrenslawineBrandenburg vermisst tausende Flüchtlinge

Brandenburgs Behöden wissen nichts über den Verbleib tausender Flüchtlinge. Nicht auffindbar sind laut Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) bis zu einem Fünftel der 18.000 Flüchtlinge, die nur mangelhaft erfasst ins Land kamen. Zur Aufklärung startet die Behörde nun 18.000 einzelne Ermittlungsverfahren.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hat ein bisher beispielloses Verfahren zur Ermittlung verschwundener Flüchtlinge angestrengt. Sie will damit den Aufenthaltsort von Tausenden von Flüchtlinge überprüfen.

Von den 18.000 Menschen, die 2015 nur mangelhaft erfasst nach Brandenburg gekommen waren, hat die Staatsanwaltschaft den Angaben zufolge bislang 1.000 überprüft. Dabei sei festgestellt worden, dass 15 bis 20 Prozent dieser Menschen „überhaupt nicht bekannt, also offensichtlich abgetaucht sind“ – das sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Scherding am Freitag dem rbb-Nachrichtenmagagzin „Brandenburg aktuell“. Die Personen könnten in Deutschland untergetaucht oder in andere Staaten weitergereist sein, so Scherding. Es sei auch „denkbar, dass darunter auch Menschen sind, die andere Ziele verfolgen“, sagte Scherding auf die Frage, ob unter den Abgetauchten auch Terroristen sein könnten.

Ulrich Scherding, Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder)

BAMF verweigerte die Herausgabe von Flüchtlingsdaten

Insgesamt hatte das Land Brandenburg im Jahr 2015 rund 47.000 Flüchtlinge aufgenommen; darunter waren die 18.000, von denen bei der Ankunft in Bayern nur spärliche Daten notiert worden waren. Diese Daten wollte die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) im vergangenen Jahr beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgleichen lassen.

Das BAMF lehnte das Ersuchen allerdings ab und wurde darin auch vom Landgericht Frankfurt (Oder) bestätigt. Man könne Flüchtlinge nicht unter Generalverdacht stellen, entschied das Gericht im September 2016. Daher dürfe es auch keine Rasterfahndung geben. Die Staatsanwaltschaft in der Oderstadt ist anderer Meinung. In allen Fällen bestehe „grundsätzlich zumindest der Anfangsverdacht der illegalen Einreise nach Deutschland“, sagte Oberstaatsanwalt Scherding dem rbb.

Bis zu 3.600 Flüchtlinge könnten verschwunden sein

Daher entschied sich die Staatsanwaltschaft zu einem Schritt, der nach rbb-Informationen bislang einmalig in Deutschland ist: Wegen des Verdachts der illegalen Einreise wurden 18.000 einzelne Ermittlungsverfahren eröffnet. Auf dieser Grundlage erhält die Staatsanwaltschaft Akten aus dem Ausländerzentralregister. Diese Daten sollen mit den Angaben verglichen werden, die die Flüchtlinge bei ihrer Einreise 2015 gemacht hatten. Rechnet man die Quote hoch, die sich bei bislang 1.000 untersuchten Datensätzen ergeben hat, würde das bedeuten, dass von rund 18.000 Flüchtlingen bis zu 3.600 verschwunden sind.

Karl-Heinz Schröter (SPD), Innenminister von Brandenburg

Dass viele der Menschen, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland kamen, später wieder vom Radar der Behörden verschwanden, ist bekannt. Allerdings haben die Behörden noch nie ein so aufwändiges Ermittlungsverfahren eingeleitet. Allein das Anlegen einer Akte dauere rund 20 Minuten, berichtet rbb-Reporter Michael Lietz. Bei so vielen Fällen summiere sich das auf 6.000 Arbeitsstunden. Die eigentliche Ermittlungsarbeit würde einen ungleich höheren Aufwand bedeuten. Nach rbb-Informationen verlangt die Staatsanwaltschaft daher auch zusätzliches Personal.

Innenminister sieht keinen Grund zur Beunruhigung

Die brandenburgische Landesregierung indessen betrachtet die Ermittlungsarbeit der Frankfurter Ermittler mit Gelassenheit. Es sei offensichtlich, dass in den Monaten Oktober bis Dezember 2015 viele der Flüchtlinge „Brandenburg als Transitland benutzt haben“, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Freitag dem rbb. Viele der Menschen seien nach Skandinavien oder zu ihren Familienangehörigen in andere Bundesländer weitergereist, so der SPD-Politiker. Er gehe davon aus, „dass viele auch wieder den Weg in die Heimat genommen haben“.

Mit Informationen von Michael Lietz

Quelle: rbb vom 17.02.2017

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