Der Historiker Heinrich August Winkler hat den Zustand der Europäischen Union als „traurig und alarmierend“ beschrieben.
Die EU könne zurzeit nicht mal mehr für sich beanspruchen, eine Wertegemeinschaft zu sein, sagte er im Deutschlandfunk. Polen und Ungarn würden sich damit brüsten, illiberale Demokratien zu sein. In Polen sei das unabhängige Verfassungsgericht abgeschafft worden. „Und die EU erweist sich dagegen als machtlos“, führte Winkler aus, Sanktionen seien nur theoretisch möglich.
Er stelle in der EU einen Rückfall in die Vergangenheit fest. Die Meinung verstärke sich, dass Staaten alleine mächtiger und kompetenter wären. „Doch die EU hat die Staaten geradezu gerettet, in dem sie da einsprang, wo die Staaten überfordert waren. Das wird in den neuen östlichen EU-Staaten nicht gesehen.“
Winkler forderte mehr demokratische Kontrolle durch die Parlamente, um dem Bild der EU eines Elitenprojekts entgegenzuwirken. Er sehe es als Schaden an, dass viele der demokratischen Parteien es nicht mehr wagten, die repräsentative Demokratie zu verteidigen. „Wenn viele meinen, die plebiszitäre Demokratie sei eine bessere, dann helfen sie denen, die diese Vorurteile bedienen. Da hilft nur Aufklärung.“
Quelle: Deutschlandfunk vom 12.03.2017