Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Uli Hoeneß‘ Schatten im Gericht: Reichsbürger aus Triptis verurteilt

Aus dem Gerichtssaal Sogenannter Reichsbürger aus Triptis wird zu einer Gesamtgeldstrafe von 8000 Euro verurteilt

Diesen einen amtlichen Anschein erweckenden Milliarden-Pfandbrief Marke Eigenbau schickte ein 41-jähriger Triptiser dem Pößnecker Gerichtsdirektor. Foto: Marius Koity

Pößneck. Ein 41-jähriger Triptiser ist am Amtsgericht Pößneck wegen Verleumdung in vier und versuchter Nötigung in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 8000 Euro (200 Tagessätze) verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, was am Ende des Prozesses kein Wunder war. Denn schon in seinem Plädoyer hatte Rechtsanwalt Steffen Böttcher als Verteidiger des Angeklagten erklärt: „Wir werden uns bis ganz Oben durchentscheiden müssen.“ Für seinen Mandanten, der als sogenannter Reichsbürger eingeschätzt wird, hatte Böttcher Freispruch beantragt.

Dabei war Strafrichter Thilo Kurz beim Strafmaß noch unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft Gera geblieben. Die wurde von keinem Geringeren als dem Behördenleiter, vom Leitenden Oberstaatsanwalt Thomas Villwock, vertreten, welcher eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ausgesetzt zur zweijährigen Bewährung als Tat und Schuld angemessen betrachtet hatte.

Ein Haftbefehl gegen den 41-Jährigen wurde aufgehoben. Dieser war ergangen, um den Mann zu bewegen, sich dem Verfahren zu stellen.

Angefangen hat alles mit 1000 Euro

Der 41-Jährige hat vor einigen Jahren wohl sein Haus durch eine Zwangsvollstreckung verloren und war der Meinung, dass Vertreter der Justiz dafür ver­antwortlich seien. So forderte er vor zwei Jahren einen Rechts­anwalt aus Gera, der als gerichtlich bestellter Zwangsverwalter tätig ist, auf, angebliche Schulden binnen einer Frist in ein öffentliches Schuldnerregister einzutragen, ansonsten würde er das selbst veranlassen. Zuerst wollte der Triptiser 1000 Euro von dem Rechtsanwalt, dann 16 800, weiter 24 000 Euro, dann mal nur 12 200 US-Dollar, schließlich 24 600 Euro. Der Geraer ließ sich davon nicht beeindrucken, worauf der Triptiser die angeblich fälligen Beträge in das amerikanische Schulden­register UCC eintragen ließ. Da kann jedermann online ungeprüft Forderungen registrieren lassen, führte Villwock aus.

Als sich im vergangenen Jahr das Amtsgericht Pößneck mit dem Treiben zu beschäftigen begann, schickte der 41-Jährige dem Gerichtsdirektor Georg Götz eine Rechnung über – kein Scherz! – 51 Millionen US-Dollar. Das Papier war wiederum mit der Aufforderung an den Empfänger verbunden, sich binnen einer Frist bei der Schufa oder so einzutragen, sonst würde das der Triptiser selbst ver­anlassen. Dem setzte der Angeklagte noch gewaltig einen drauf – und ließ dem Gerichtsdirektor einen Pfandbrief mit amtlichem Anschein über 2,261 Milliarden US-Dollar zukommen.

Zwischendurch belegte der Triptiser auch Peter Granderath, den Präsidenten des Landgerichtes Gera, eine Richterin am Landgericht und Volker Kurze, Direktor des Amtsgerichtes Rudolstadt, mit Pfandbriefen Marke Eigenbau über 50 Millionen, zehn Millionen und 10 477 090 US-Dollar, jeweils mit den schon erwähnten Aufforderungen und Drohungen. Die zwei zuletzt genannten Richter trug der Triptiser ebenfalls ins UCC ein. Auch andere Leute wollte der Angeklagte für sein Schicksal haftbar machen.

Diese angeklagten Taten ließ der 41-Jährige über seinen Verteidiger unumwunden bestätigen. Der Angeklagte habe aus Frust gehandelt, sagte der Rechtsanwalt. Um den Betroffenen dann vorzuhalten, keinen Widerspruch gegen die unberechtigten Forderungen eingelegt zu haben. So sehr er die verquere Gedankenwelt des Angeklagten zu erklären und rechtfertigen versuchte – zwischendurch lachte Rechtsanwalt Böttcher selbst darüber. Zeitweise schien es, dass es Strategie der Verteidigung ist, den Triptiser als wirr hinzustellen. Der Rechtsanwalt brachte auch vor, dass in Sachsen ähnliche Verfahren eingestellt werden.

„Wir sind noch nicht Sachsen“, beschied da Strafrichter Kurz. Oberstaatsanwalt Villwock arbeitete indes heraus, dass sich der 41-Jährige auch von der Schuldnerberatung oder über eine Privatinsolvenz hätte helfen lassen können. Schließlich wurde festgestellt, dass der Triptiser einschlägig vorbestraft ist – wegen versuchter Nötigung war im vergangenen Jahr ein Strafbefehl über 5400 Euro (180 Tagessätze) gegen ihn ergangen.

Für den einen Täter und den anderen Opfer

In seinem längeren Schlussvortrag stellte Oberstaatsanwalt Villwock fest, dass es kein Jux sei, Justizbeamte mit fingierten Forderungen zu belegen und sie in ein Schuldenregister einzutragen, sondern eine Straftat. Was der Triptiser getan habe, seien Angriffe auf Amtsträger gewesen, die geeignet seien, diese Personen durch die Gefährdung ihrer Kreditwürdigkeit unmittelbar privat zu schaden. Amtsträger müssten nicht „unergiebigen Schriftverkehr“ lesen, um etwa kleingedruckte Widerspruchsmodalitäten falscher Rechnungen zu entdecken, weil: „Die Ressourcen des Staates sind endlich.“ Dem Triptiser wurde beschieden, ein Individualist zu sein, der jegliche staatliche Autorität ablehne. Um seine Probleme zu lösen, hätten ihm nachvollziehbarere Wege offen gestanden als jenen, sich ein eigenes Rechtssystem zu basteln.

In seinem Plädoyer stellte Rechtsanwalt Böttcher seinen Mandanten als Opfer dar. Der 41-Jährige sei „zur Zwangsvollstreckung seines Hauses getrieben“ worden. Der Triptiser habe keine Gesetze gebrochen, sondern nur das gemacht, was zulässig sei, nämlich Rechnungen verschickt. Diese habe doch niemand ernst nehmen können, demnach sei keinem ein Schaden entstanden. Der Staat möge lieber Gesetzes­lücken schließen, statt „den kleinen Bürger“ zu verfolgen, der sie mal nutzt, während verurteilte Millionen-Steuerhinterzieher Präsident des FC Bayern werden können. In einem Exkurs zum Justiz­wesen stellte der Rechtsanwalt schließlich den „Untergang der Rechtspflege“ fest.

„Uli Hoeneß darf natürlich nicht fehlen“, stellte Strafrichter Kurz in seiner mündlichen Begründung des Urteiles fest. Die zentrale Frage lautete für ihn: „Kann, darf und muss der Staat ein Verhalten wie jenes des Angeklagten dulden?“ Seine Antwort: „Nein, muss er nicht.“ Der Triptiser habe keine Gesetzeslücke genutzt, vielmehr sei es sein Ziel gewesen, Justizbeamte einzuschüchtern. „Deutschland ist eine Gesellschaft, die auf Kredit aufbaut“, so Strafrichter Kurz. Daher würden Menschen, deren Kreditwürdigkeit etwa durch die Eintragung in das UCC in Frage gestellt werde, einen empfindlichen Schaden erfahren.

Der Triptiser war noch wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. Als er verhaftet wurde, wurde in einer Schublade ein verbotenes Butterfly-Messer gefunden. Rechtsanwalt Böttcher hielt polizeiliches Öffnen von Schubladen ohne Durchsuchungsbeschluss für unrechtmäßig. Oberstaatsanwalt Villwock verzichtete ohne großen Kommentar auf diesen Punkt. Der Triptiser verzichtete im Gegenzug auf das Messer.

Marius Koity / 19.05.17

Quelle: Ostthüringer Zeitung vom 19.05.2017

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